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Schrottfahrrad auf dem Alexanderplatz in Berlin-Mitte.

© Thilo Rückeis

Schrott auf der Straße: Berliner CDU fordert, Fahrradleichen schneller zu entsorgen

Überall in der Stadt blockieren Schrotträder Abstellbügel. Die CDU wirft den Bezirken Desinteresse vor. Eine zentrale Sammelstelle könnte Abhilfe schaffen.

Sie verrosten an Brückengeländern, modern an Laternenpfählen vor sich hin oder versperren die Metallbügel vor Bahnhöfen: Jedes Jahr entsorgen die Berliner Bezirksämter tausende Schrottfahrräder. Besonders jetzt, wo die Temperaturen klettern und Menschen vermehrt wieder aufs Velo steigen, ärgern sich Radler über Stellplätze, die von Sperrmüll blockiert sind. Weil die Beseitigung der Fahrradleichen ihrer Meinung nach lahmt, kommt aus der CDU kommt nun die Forderung nach einem neuen Verfahren.

"Es braucht Fahrradparkhäuser und eine zentrale Entsorgungsstelle für Schrotträder", sagt Oliver Friederici, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion im Abgeordnetenhaus. "Bisher handhabt jeder Bezirk das Problem anders, meist sind die Ordnungsämter zuständig, manchmal aber auch das Grünflächenamt." Auch unterscheide sich stark, wie oft Bezirke ausgediente Räder einsammeln.

Friederici hat eine Anfrage an die Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr gestellt, um sich einen Überblick über das Ausmaß des Problems zu verschaffen. Aus der Antwort von Staatssekretär Ingmar Streese geht hervor, dass Charlottenburg-Wilmersdorf im vergangenen Jahr die meisten Fahrradleichen verschrottet hat, nämlich 507.

Neukölln rangiert bei den Altlasten auf mit 494 Rädern auf Platz zwei, gefolgt von Steglitz-Zehlendorf mit 335 Velos und Pankow mit 129 Leichen. Ein Trend ist über die vergangenen Jahre kaum auszumachen, die Zahlen für 2017 und 2016 liegen konstant bei mehreren hundert Wracks.

Nur wenige Bezirke beteiligen sich

Allerdings reichten von den zwölf Bezirken gerade einmal vier ihre Zahlen an die Senatsverwaltung weiter. Friedrichshain-Kreuzberg berichtet zudem auf Anfrage, dass der Bezirk im Jahr 2018 903 Wracks aus dem Verkehr zog. Die jüngsten berlinweiten Zahlen sind veraltet: 2015 zogen die Bezirke 1338 Radleichen aus dem Verkehr, 2014 waren es 2588. Zusammenaddiert ergeben allein die fünf 2018-Werte bereits 2368 illegal entsorgte Drahtesel. Der Vergleich weist auf einen berlinweiten Anstieg hin.

Friederici deutet die mangelnde Beteiligung der Bezirke als Desinteresse. "Ich verstehe nicht, wieso es etwa bei der Parkraumbewirtschaftung eine einheitliche Ausführungsvorschrift vom Senat gibt und bei den Schrottfahrrädern nicht", sagt er. So entfernt Neukölln Wracks monatlich, Steglitz-Zehlendorf nur zwei- bis dreimal mal pro Jahr.

Die Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr äußert sich auf Anfrage kurzfristig nicht zu dem Wunsch nach mehr Zentralisierung. Aus dem Schreiben von Ingmar Streese geht lediglich hevor, dass es von Seiten des Senats keine Bestrebungen gibt, "Schrottfahrräder funktionstüchtig zu machen und wieder zu veräußern". Auch das ist ein Vorschlag von Oliver Friederici.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) bemängelt wie der CDU-Abgeordnete, dass oft zu viel Zeit ins Land geht, ehe Wracks aus dem Straßenbild verschwinden. "Die Ämter kommen der Arbeit häufig nicht schnell genug nach", sagt Nikolas Linck, Sprecher des Berliner Landesverbands.

Gelber Kreis am Fahrradrahmen

Generell sieht das Verfahren vor, dass Passanten oder Anwohner Radleichen melden, etwa über die App des Ordnungsamts. Auch Mitarbeiter im Außendienst haben bei ihren Rundgängen ein Auge auf eventuelle Wracks. Was mutmaßlich in den den Sperrmüll gehört, kennzeichnen die Patrouillen. Viele Bezirke arbeiten dabei mittlerweile mit dem "Gelbpunkt-Verfahren": Sie bringen einen Infozettel mit einem großem gelben Kreis am Rahmen des Velos an. Er weist Besitzer darauf hin, dass ihr Gefährt entsorgt wird, wenn es in drei Wochen noch unbewegt am selben Ort steht. Nach Ablauf der Frist rückt meist die BSR an und entsorgt die Leichen fachgerecht als Metallschrott.

Andere Bezirke handhaben die Entsorgung anders: Etwa Steglitz-Zehlendorf hat einen eigenen Lagerplatz, angedockt an das Tiefbauamt. Friedrichshain-Kreuzberg arbeitet mit einer Reparaturwerkstatt zusammen, die Räder wenn möglich wieder fit macht und sie an gemeinnützige Einrichtungen verschenkt.

ADFC: Es mangelt an sicheren Abstellanlagen

Für ADFC-Sprecher Nikolaus Linck ist der Schrott in den Straßen auch deshalb ein großes Ärgernis, weil es in Berlin an sicheren Abstellanlagen für Fahrräder fehlt. Wie Friederici fordert er Fahrradparkhäuser, die gegen einen kleinen Obolus Räder bewachen. "Vor allem an Bahnhöfen, wo sich besonders viele Schrotträder sammeln, würde die Stadt Pendlern so einen Abstellplatz garantieren und mit der Gebühr dafür sorgen, dass zumindest hier keine Wracks mehr landen", sagt Linck.

Der Bezirk Neukölln sieht dafür keine Notwendigkeit. "Wir haben im vergangenen Jahr allein im Norden Neuköllns über 1000 neue Anlehnmöglichkeiten geschaffen", sagt Christian Berg, Sprecher von Bezirksbürgermeister Martin Hikel. Er wehrt sich gegen den Vorwurf, Fahrradwracks würden zu langsam entsorgt. "Bei uns rückt das Ordnungsamt oft innerhalb von ein paar Tagen an, wenn eine Meldung in der App eingeht."

Berg berichtet, dass die BSR kürzlich allein an zwei Tagen über 60 ausgediente Räder aus dem Verkehr zog. Für einen Lernprozess bei den Müllsündern, dass ausgediente Drahtesel auf den Recyclinghof statt auf die Straße gehören, spricht das nicht gerade.

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