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Vertreter des Schaustellerverbandes Ostbayern e.V. nehmen mit ihrem Maskottchen an der Kundgebung des deutschen Schaustellerbundes am Brandenburger Tor teil.

© Paul Zinken/dpa

Update

„Das Karussell muss sich weiterdrehen“: Schausteller demonstrieren für Lockerungen

Die Veranstalter von Volksfesten werden von dem aktuellen Veranstaltungsverbot besonders hart getroffen. In Berlin machten sie auf ihre Lage aufmerksam.

Kein Rummel, kein Volksfest, keine Kirmes: Schausteller trifft das coronabedingte Verbot von Großveranstaltungen bis mindestens Ende Oktober hart – so hart, dass sie am Donnerstag in Berlin vor dem Brandenburger Tor mit einer Demonstration auf ihre Situation aufmerksam machten.

Aus ganz Deutschland reisten die Kleinunternehmer für den Protest an, Dutzende Lastwagen zogen vorher am Wirtschafts-, Gesundheits- und Finanzministerium vorbei. Unter Jubel und Applaus winkten Hunderte Demonstranten den vorbeiziehenden Lastwagen zu.

„Die Lage ist dramatisch“, sagte Thilo-Harry Wollenschlaeger, Schausteller aus dem Havelland in der fünften Generation, dem Tagesspiegel. „Meine 15 fest angestellten Mitarbeiter sind alle in Kurzarbeit. Das gesamte Unternehmen steht still, während die Kosten weiterlaufen.“

Der gebürtige Charlottenburger organisiert Volksfeste und Veranstaltungen wie die Neuköllner Maientage, die Britzer Baumblüte oder das Internationale Drehorgelfest in Berlin. „Alles abgesagt“, beklagte sich der Unternehmer und Vorstand der „Interessengemeinschaft Berlin-Brandenburgischer Schausteller“ am Rande der Demonstration.

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Das Verbot der Großveranstaltungen komme einem vorübergehenden Berufsausübungsverbot gleich, wie die Schausteller argumentierten. Dass Cafés, Restaurants und Biergärten öffnen dürfen, während das Kirmesgeschäft praktisch zum Erliegen gekommen ist, stößt bei den Schaustellern auf Unverständnis.

Familienunternehmen stehen vor dem Abgrund

„Wenn unsere Kinder im Freibad gemeinsam im Planschbecken sitzen dürfen, muss es auch möglich sein, dass sie gemeinsam Karussell fahren können“, teilte Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, mit. Nach Zahlen des Branchenverbandes sind mehr als 5.000 Familienunternehmen „massiv in ihrer Existenz bedroht“.

Im Sommer auf die Kirmes gehen? Ob und wie das Geschäft dieses Jahr zurückkehrt, ist für viele Besucher und Schausteller unklar.

© Ralf Hirschberger/dpa

Das letzte Mal erzielten die Schausteller Einnahmen auf den Herbstkirmessen und Weihnachtsmärkten im vergangenen Jahr, beklagt der Schaustellerbund. Allerdings wissen sich Schausteller in Nordrhein-Westfalen bereits zu helfen: In Düsseldorf und Dortmund gibt es statt Kirmes sogenannte „Pop-Up-Freizeitparks“, also vorübergehende Freizeitparks mit Hygienekonzept.

Pop-Up-Freizeitpark statt Kirmes

Der Unterschied: Besucher dürfen den „Freizeitpark“ nur mit einem Ticket betreten und nicht einfach auf das Gelände spazieren. Besucherzahlen sind so begrenzt, dass ein Mindestabstand von 1,5 Metern möglich ist, hinzu kommt ein Laufwege-Konzept und Maskenpflicht in geschlossenen Fahrgeschäften wie in den Kabinen von Riesenrädern. Auch im Münsterland ist ein Pop-Up-Freizeitpark geplant.

Eine echte Alternative für das Geschäft der Schausteller in Berlin? Schausteller Thilo-Harry Wollenschlaeger bemerkt, dass ein solcher Freizeitpark immer von der Stadt organisiert werden müsse: „Fragen Sie doch die Wirtschaftssenatorin Ramona Pop, was sie für die Branche tut. In Berlin werden wir überhaupt nicht wahrgenommen“, schimpft der Unternehmer. Auch deshalb würden mehrere seiner Wagen heute bei der Demonstration auffahren.

Eine entsprechende Anfrage des Tagesspiegels beantwortete ein Sprecher der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe mit den Worten: „Die Schausteller sind in besonderer Weise von den Corona-Beschränkungen betroffen. Selbstverständlich prüfen wir den Vorschlag.“

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