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Ein Mann fährt mit dem Rad am Ufer der Spree durch den Plänterwald.

© Paul Zinken/dpa

Schatten schlägt Helligkeit: Warum Berlins Straßenbäume so wichtig sind

Mit welchen Bäumen will Berlin sich für Klimawandel und zunehmende Hitzewellen wappnen? Das geht aus einer Auskunft der Umweltverwaltung hervor.

Schatten auf der Straße ist wichtiger als Sonne in der Wohnung. Das lässt sich sinngemäß der Antwort der Umweltverwaltung auf eine Anfrage von Andreas Otto entnehmen. Der Grüne wollte wissen, mit welchen Straßenbäumen sich Berlin für den Klimawandel mit absehbar zunehmenden Hitzewellen wappnet.

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Laubbäume mit großen Kronen seien „besonders geeignet, um viel Verdunstungskälte und Schattenwurf zu erzeugen“, heißt es in der Auskunft. Beides sei vor allem bei hohen Temperaturen wichtig. „Ein ,Minimum an Belichtung der Fenster’ zählt nicht zu den üblichen und wesentlichen Kriterien der Pflege und Unterhaltung von Bäumen“, heißt es weiter. Allerdings müssten Straßenbäume „bei erheblichen Beeinträchtigungen durch Verschattung und zu nahem Stand an der Fassade“ zurückgeschnitten werden .

Eine Vorgabe, im Interesse möglichst geringer Pflegekosten nur schmalkronige Bäume zu pflanzen, gibt es laut Senat nicht. Solche Bäume seien allerdings für Straßen mit knappem Platz geeignet. Und wo es nicht allzu schattig werden solle, eignen sich beispielsweise Gleditschien, Robinien und Schnurbäume mit ihren lichtdurchlässigen Kronen.

Bei Um- und Neubauten von Straßen gilt laut Senat eine verbindliche Richtlinie, die die Unterbrechung von Parkstreifen am Fahrbahnrand durch Bäume „als eine wichtige gestalterische Funktion des Straßengrüns“ nennt.

Der Abgeordnete Andreas Otto, der die Anfrage gestellt hatte, hält die bisherige Umsetzung dieser Richtlinie für mangelhaft. Er fordert, bei Straßenumbauten die Bäume möglichst weit weg von den Fassaden zu pflanzen – und dafür Baumscheiben ähnlich zu positionieren wie Gehwegvorstreckungen zwischen parkenden Autos.

Neuplanung und Pflege der Altbäume

Das Ziel, die Straßen der Stadt durch möglichst lückenlosen Schatten vor Sommerhitze zu schützen, verfolgt der Senat allerdings ausdrücklich nicht. Dabei ist es in Straßen mit Baumbestand im Sommer bis zu zehn Grad kühler als in kahlen.

Nach Auskunft von Christian Hoenig, Förster und Baumreferent beim Umweltverband BUND, sind Stadtstraßen denkbar schwierige Standorte: Die Wurzeln haben nur begrenzt Platz, der Boden ist großenteils versiegelt, Hunde machen ihr Geschäft, Tausalz wirkt als Gift, der Wind kann wie durch eine Düse pfeifen, giftige Autoabgase liegen in der Luft „und Bäume vor spiegelnden Glasfassaden können regelrecht gegrillt werden“.

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Nach Hoenigs Beobachtung „denken gerade alle Bezirke über das Thema Bäume nach“ und arbeiten an einer Planung für die nächsten Jahre. „Es wird nicht die eine Baumart geben, die uns im Klimawandel retten wird“, sagt er. „Deshalb brauchen wir genug ausgebildete Fachleute in den Grünflächenämtern, die die richtige Auswahl für die Standorte treffen“. Das sei auch wichtig für die Baumschulen, die mehrere Jahre Vorlauf brauchen, um das passende Angebot zu züchten.

Mindestens ebenso wichtig wie die Neuplanung sei die Pflege der mehr als 400.000 Altbäume: „Denn die sind es, die uns jetzt schon Erleichterung bei Hitze bringen.“ Der Bestand ist vor allem durch Tausalz belastet – mit deutlich sicht- und messbaren Schäden. Zwar ist Salzstreuen für Privatleute streng verboten und für die BSR klar reglementiert, aber die bisherigen Anstrengungen genügen nicht.

„Das Salz kann sich im Boden ablagern und so hoch konzentrieren, dass es bei Trockenheit die Pflanzen regelrecht aussaugt“, erklärt Derk Ehlert, Naturexperte in der Umweltverwaltung. „Beim Bergahorn sieht man die Schäden inzwischen flächendeckend an den braunen Blatträndern. Die Schädigung kann so weit führen, dass die Bäume absterben.“

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