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Ein Verkehrsschild zur Vorgabe der maximalen Geschwindigkeit auf 30 km/h hängt über dem Schild Luftreinhaltung auf der Leipziger Straße in Berlin.

© Florian Gärtner/imago/photothek

R2G verzögert Berliner Verkehrswende: Mutlos vor den Wahlen

Monatelang verhandelte die Koalition, jetzt steht alles wieder auf Anfang. Das neue Mobilitätsgesetz kommt vor der Wahl wohl nicht mehr. Ein Ärgernis für ganz Berlin.

Von Sonja Wurtscheid

Die Bürger müssen hinten anstehen. Nach monatelangen Verhandlungen und etlichen Sitzungen sind die Gespräche zum neuen Berliner Mobilitätsgesetz geplatzt. SPD, Grüne und Linke zerstritten sich in der Nacht zu Mittwoch über die Frage, ob und wann die Zahl privater Autos in der Stadt reduziert wird. Sie zerstritten sich darüber, wie viele Parkplätze Ladezonen weichen sollen; und sie zerstritten sich über eine mögliche City-Maut für Privatwagen.

An dem Aus der Verhandlungen geben sich die Koalitionäre gegenseitig die Schuld. Auffällig: Es sind immer die anderen Schuld. Da ist die Rede von Blockadehaltung, von Wortklauberei und Taktiererei.

Doch an welcher Formulierung die Neuauflage des Gesetzes – ein wichtiger Baustein für die längst überfällige Verkehrswende – genau gescheitert ist, dürfte die wenigsten Berliner*innen interessieren. Bei Wählerinnen und Wählern dürfte vor allem dieser Eindruck entstanden sein: Statt das Gesetz wie vorgesehen vor der Wahl zu beschließen, gehen die Regierungsparteien auf Nummer sicher. Nach dem Motto: Einen Monat vor der Wahl bloß niemanden verschrecken!

Wie sonst ist es zu erklären, dass die SPD auf Teufel komm raus nicht die Formulierung "Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs" im Gesetz stehen haben wollte oder "Reduzierung von Parkflächen", wie ein Verhandlungsteilnehmer berichtete? Weil dann bei den motorisierten SPD-Sympathisanten die Parole ankommen könnte: Autos raus! Das könnte die Partei Stimmen kosten.

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Dasselbe Spiel bei den Grünen: Diese beharrten nach Angaben von Teilnehmern darauf, im Gesetz klarzumachen, dass Autos aus der Innenstadt verdrängt werden und Parkplätze wegfallen sollen. Kämen die Formulierungen nicht im Gesetz vor, könnte sich ein Lastenradfahrer aus Friedrichshain veräppelt vorkommen und denken, dass die Grünen es doch nicht so ernst meinen mit der CO2-Reduktion.

Egal, welche Motive die Parteien für ihren Krach letztendlich haben, eines bleibt: Die Bürger*innen müssen warten. Warten auf eine dringend benötigte Neuplanung des Hauptstadtverkehrs – und warten auf längst überfälligen Umweltschutz. Man darf sich wünschen, dass das Vorziehen parteiinterner Interessen vor einer Wahl die Parteien am Ende mehr Stimmen kostet, als es mutige Entscheidungen getan hätten.

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