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Abdelkader Daoud spricht als Imam der Islamischen Gemeinschaft Ibrahim-Al-Khalil-Moschee im Gebetsraum mit Journalisten.

© Paul Zinken/dpa

Dschihad-Verdacht gegen Imam in Berlin: Polizisten durchsuchen Al-Khalil-Moschee

Bei einer groß angelegten Razzia in Berlin wird auch die Al-Khalil-Moschee durchsucht. Der Imam soll Freiwillige für den Kampf in Syrien geworben haben.

Das Fabrikgebäude liegt in einem Hinterhof, es ist langgezogen und bemerkenswert hässlich. Graue Backsteine, Fenster mit verrosteten Gittern, ein Kabel, das an der Wand herunterhängt, das ist die Fassade. Davor: Bauschutt, Autos ohne Kennzeichen, blaue Plastiktonnen, die mit weißer Farbe verschmiert sind. Hier in der Colditzstraße in Tempelhof liegt die Ibrahim-Al-Khalil-Moschee. Aus dieser tragen am Dienstagvormittag Polizeibeamte mit Sturmhauben Computer und Unterlagen zu ihren Autos.

Die Aktion in Tempelhof ist Teil einer großangelegten Razzia. 400 Polizisten durchsuchen am Dienstag acht Objekte in Berlin. Eine Aktion gegen mutmaßlich islamistischen Terror. Ein 51-jähriger Marokkaner, Imam der Moschee, steht im Verdacht, Dritte dazu angestiftet zu haben, sich in Syrien auf Seiten militant-dschihadistischer Gruppen am Kampf gegen das Assad-Regime zu beteiligen. Ermittelt wird auch gegen einen 19-jährigen Mazedonier, der in Berlin lebte. Er soll jetzt in Syrien kämpfen und in der Moschee verkehrt haben.

Nach Tagesspiegel-Informationen handelt es sich bei dem Imam um denselben Mann, der sich im Sommer vor Gericht wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung im Zuge eines Reinigungsrituals verantworten musste. Er wurde vor knapp zwei Wochen freigesprochen.

"Al-Nur-Moschee gegen Al-Khalil-Moschee harmlos"

Die Ibrahim-Al-Khalil-Moschee ist seit längerem im Fokus der Staatsschützer. Im Jahresbericht 2014 des Verfassungsschutzes taucht sie als Ort auf, an dem salafistische Ideen propagiert würden. Die Moschee wurde im Dezember 2013 gegründet, sie ist ein Ableger der salafistisch geprägten Al-Nur-Moschee in Neukölln. Dort hatte vor Jahren der radikale Imam Salem Al-Rafai aus dem Libanon gepredigt, bevor ihm die Einreise nach Deutschland verwehrt wurde. Anhänger von Al-Rafai sind nach Tagesspiegel-Informationen von der Al-Nur-Moschee in der Colditzstraße gewechselt. Radikale Imame, die in der Al-Nur-Moschee gepredigt haben, sind auch in der Ibrahim-Al-Khalil-Moschee aufgetaucht. In dieser Moschee waren auch radikal-islamistische Jugendliche.

Polizisten auf Socken im Gebetsraum der Moschee. Die Berliner Polizei ging am Dienstag mit einer groß angelegten Razzia gegen mutmaßliche Unterstützer von Islamisten in Syrien vor.

© Paul Zinken/dpa

Die Beamten stellten Computer und Unterlagen sicher und trugen sie im Rahmen der Durchsuchungen vom Gelände der Moschee.

© Paul Zinken/dpa

Der Moscheeverein hat nach eigenen Angaben 2400 Mitglieder. „Verglichen mit der Al-Khalil-Moschee ist die Al-Nur-Moschee harmlos“, sagt ein Insider dem Tagesspiegel. „Allerdings sind viele Mitglieder der Al-Khalil-Moschee sicher ungefährlich. Es geht um die radikalen Mitglieder.“

Und es geht bei den Ermittlungen darum, „dass wir versuchen, Leute gar nicht erst in die Kriegsgebiete wie etwa Syrien ausreisen zu lassen“, sagt Polizei-Sprecher Stefan Redlich. „Die werden dort im Kampf ausgebildet, und ein Teil von ihnen kommt zurück. Diese Leute sind ein Sicherheitsrisiko.“ Redlich betonte aber, dass die Beschuldigten keine Anschläge in Deutschland geplant hätten.

Der 51-jährige Imam wird aber nicht verhaftet, lediglich seine Personalien werden geprüft. „Ziel des Einsatzes war es, mögliches Beweismaterial sicherzustellen“, sagt Redlich. „Wir haben keinen Haftbefehl.“

"Predigen den normalen Islam"

Die Moschee ist rund 2000 Quadratmeter groß. In einer großen Cafeteria stehen mehrere Plastiktische, in einer Verkaufsvitrine sind Getränkedosen gestapelt, an der Wand hängt ein Flachbildschirm. Hier steht am Dienstagvormittag ein hochgewachsener Mann mit pechschwarzem Kinnbart. Amthel Al-Anane ist Vorstandsmitglied des Moscheevereins und bestreitet alle Vorwürfe. „Wir predigen hier den normalen Islam“, sagt er, „wir predigen Freiheit, wir wollen kein Blut.“ Von Versuchen, Menschen für den Dschihad, den so genannten Heiligen Krieg, zu werben, habe er hier noch nie etwas mitbekommen. „Wer das machen würde, der bekäme Hausverbot.“

Schwer bewaffnete Polizisten auf dem Gelände der Islamischen Gemeinschaft Ibrahim-Al-Khalil-Moschee in Tempelhof.

© Paul Zinken/dpa

Ein Polizist neben einem Mitglied der Islamischen Gemeinschaft Ibrahim-Al-Khalil-Moschee. Sie stand im Zentrum der Durchsuchungen von mutmaßlichen Unterstützern von Islamisten in Syrien.

© Paul Zinken/dpa

Die Razzia bringt ihn aus der Fassung. „Die Kriminalpolizei ist hier jede Woche, wir reden miteinander, ich habe alles gezeigt, nichts blieb verborgen.“ Weshalb also die Razzia? Weil die Polizei nicht bloß in der Moschee an Plastiktischen saß, sondern im Stillen auch viele Monate ermittelt hat. Das Ergebnis dieser Ermittlungen ist beispielsweise diese Razzia am Dienstag.

Amthel Al–Anane beschwerte sich aber auch noch aufgebracht über ein ganz bestimmtes Detail. „Die Polizei ist mit Schuhen über den Gebetsteppich gelaufen.“ Das empfindet er als Respektlosigkeit. Mit Schuhen? Stimmt nicht, sagt ein Polizist. „Wir hatten Überzieher an.“ Genau gesagt seine Kollegen, er nicht. Der Polizist kommt gerade aus dem Gebetsraum – auf Socken. Seine Schuhe stehen am Ausgang.

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