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Urteil: Spandauer U-Bahn-Schläger zu Haftstrafen verurteilt

Aus Langeweile prügelten sie einen Familienvater fast zu Tode: Vier Jugendliche müssen bis zu fünf Jahre ins Gefängnis, weil sie in der Silvesternacht 2008 im U-Bahnhof Haselhorst brutal zuschlugen.

Bewährung wollten die Verteidiger. Um eine Chance hatten auch die 17- bis 19-jährigen Schüler gebeten. Als sie das Urteil hörten, zuckten sie zusammen: Das Landgericht verurteilte die vier Schläger, die einen 34-jährigen Familienvater auf dem U-Bahnhof Haselhorst brutal misshandelt hatten, gestern zu Haftstrafen zwischen dreieinhalb und fünf Jahren. „Öffentliche Verkehrsmittel sind keine Ersatz-Kriegsschauplätze, wo junge Männer ihre überschießenden Aggressionen ausleben können“, hieß es im Urteil.

Erschreckende Gewalt, einfach so, aus Spaß, Frust, Langeweile oder Steigerung des eigenen Selbstwertgefühls. „Vollgepumpt mit Alkohol, Hass und negativer Energie habe sie sich auf den Weg gemacht“, sagte Richter Kai Dieckmann. Sie wollten eigentlich nach Hause. Arthur T. (19), Darjusch M. (18) und Anthony K. (17), und Daniel S. (17) aber waren unausgesprochen bereit, völlig unbeteiligte Dritte anzugreifen und zu verletzen.

Es geschah am 31. Dezember 2008 gegen ein Uhr morgens. Ronny Z., der sonst fast immer Auto fuhr, saß nach einer Geburtstagsfeier auf einer Bank auf dem U-Bahnhof Haselhorst. Plötzlich standen die Jugendlichen vor ihm. Er bekam Schläge von vorn, von der Seite. Der Richter: „T. und M. fanden das so lustig, dass sie sich abklatschten.“ Ronny Z. wollte den Angreifern aus dem Weg gehen. „Lasst mich in Ruhe“, bat er und ging Richtung Treppe. Der Richter: „K. sprintete hinterher, stieß ihn hinab.“ Es hagelte noch Tritte, als ihr Opfer bereits am Boden lag. Der Richter: „M. warf eine Wodkaflasche aus kurzer Distanz und gezielt gegen den Kopf.“

Der 34-jährige Vater von zwei Töchtern kam mit zertrümmertem Schädel, Hirnblutungen und gebrochenem Arm ins Krankenhaus. Fast fünf Monate vergingen, ehe der Disponent bei einem Kurierdienst wieder arbeiten konnte. Als alle hofften, er sei über den Berg, erlitt er am Arbeitsplatz einen epileptischen Anfall. Seitdem muss er täglich Tabletten mit erheblichen Nebenwirkungen nehmen, darf derzeit nicht Auto fahren. Vermutlich muss er Zeit seines Lebens mit den Folgen des Überfalls kämpfen. Dennoch saß er ohne Verbitterung im Gerichtssaal. Er wollte den Tätern deutlich machen: „Das habt ihr mir angetan.“

Gesenkte Köpfe, weitgehende Geständnisse, Entschuldigungen. Sie bemühen sich auch ernsthaft, ihrem Opfer ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen. Es sind eigentlich intelligente junge Männer. Sie wurden nicht von null auf hundert kriminell. Zwei von ihnen sind bereits früher wegen Gewalt im öffentlichen Nahverkehr aufgefallen. Es gab milde Sanktionen. Nun gab es harte Jugendstrafen, unter anderem  wegen schwerer und gefährlicher Körperverletzung: fünf Jahre für Artur T., jeweils vier Jahre für Anthony K. und Darjusch M., für Daniel S. dreieinhalb.

Kerstin Gehrke

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