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Keine Haft, sondern Arrest, Verwarnung und Freizeitarbeit für die Angeklagtem Im Fall Jonny K. als mögliche Strafen.

© picture alliance/ dpa

Prozess im Fall Jonny K.: Jugendgerichtshilfe spricht sich für milde Strafen aus

Bei zwei der sechs Angeklagten im Prozess um die Prügelattacke auf Jonny K. bescheinigt die Jugendgerichtshilfe, dass kein Gewaltpotenzial vorliege. Auch die Beweisaufnahme konnte nicht, wie geplant, abgeschlossen werden. Das Abschlussplädoyer der Staatsanwaltschaft bleibt deshalb aus.

Keine Haft, sondern Arrest, Verwarnung und Freizeitarbeit als mögliche Strafen. Es waren Vertreter der Jugendgerichtshilfe (JGH), die am zehnten Tag im Prozess um die tödliche Prügelattacke auf Jonny K. zu Wort kamen. Drei der sechs Angeklagten waren zur Tatzeit 19 Jahre alt. Für sie sei das mildere Jugendstrafrecht anzuwenden, sagten die Helfer. Bei Osman A., 19, Memet E., 20, und Onur U., 20, würden „Reifeverzögerungen“ vorliegen. „Schädliche Neigungen“ wurden von der JGH nur bei dem vorbestraften U. gesehen. Sie schlugen als Sanktion eine Strafe auf Bewährung, ein soziales Einzeltraining und Freizeitarbeit vor.

Beweisaufnahme nicht abgeschlossen

Die drei jüngsten Angeklagten wirkten am Donnerstag zufrieden. Zumindest zwei von ihnen bekamen von der Jugendgerichtshilfe bescheinigt, dass bei ihnen kein Gewaltpotential vorliege und sie sich um eine berufliche Entwicklung bemühen. Doch vielleicht wäre der Verhandlungstag nicht so entspannt verlaufen, wenn es – wie ursprünglich von den Richtern geplant – zum Plädoyer des Staatsanwalts gekommen wäre. Ein Antrag des Verteidigers von Hüseyin I. verhinderte ein Ende der Beweisaufnahme. Hintergrund ist die Frage, wie stark I. in der Tatnacht alkoholisiert war. Nach einem Gutachten waren der 21-Jährige und vier weitere Angeklagte nicht so angetrunken, dass verminderte Schuldfähigkeit vorliege.

Der 20-jährige Jonny K. war laut Anklage in der Nacht zum 14. Oktober 2012 am Alexanderplatz grundlos mit wuchtigen Schlägen und Tritten so heftig attackiert worden, dass er einen Tag später an Hirnblutungen starb. Die mutmaßlichen Angreifer, gebürtige Berliner mit türkischen und griechischen Pässen, hatten zwar eine Beteiligung an einer Prügelei zugegeben, aber jede Schuld am Tod von Jonny K. von sich gewiesen. Vier der Angeklagten wird Körperverletzung mit Todesfolge zur Last gelegt, zwei stehen wegen Körperverletzung vor Gericht. In Untersuchungshaft befinden sich seit Anfang Juni nur noch Onur U. und Bilal K., mit 25 Jahren der Älteste.

Onur U. gilt weiterhin als Haupttäter

Onur U. gilt als Haupttäter. Der frühere Amateurboxer aus Wedding hatte im Prozess zugegeben, dass er mit mehr als zehn Faustschlägen gegen einen der drei Begleiter von Jonny K. vorgegangen war. Doch Jonny K. will er nicht einmal gesehen haben. U. lebt wie die anderen Angeklagten noch zu Hause. In den letzten zwei Jahren sei beruflich bei ihm nichts passiert, sagte eine Vertreterin der Jugendgerichtshilfe. Seine Entwicklung sei nicht altersgerecht. Er habe eine „geringe Frustrationstoleranz“.

Doch die vier Monate Haft, die U. hinter sich hat, hätten ihn aus Sicht der JGH „sehr beeindruckt“. Man schlage eine Bewährungsstrafe vor. Im Falle von Memet E. sprachen sich die Helfer für eine Verwarnung und Arbeitsleistungen aus, gegen Osman A. wurde ein vierwöchiger Arrest und auch  Freizeitarbeit vorgeschlagen. Sollte das Gericht doch Jugendstrafen verhängen, dann auf Bewährung sein. Der Prozess geht Dienstag weiter.

Kerstin Gehrke

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