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Notstand. Ein Klimaaktivist plädiert für „friedliche Sabotage“.

© Paul Zinken/dpa

Anfällige Infrastruktur: Polizei bereitet sich auf Störungen von Klimaaktivisten am BER vor

Aktivisten der „Letzten Generation“ wollen ab Montag Flughäfen und Häfen blockieren. Die Szene debattiert noch radikalere Schritte. Erst mal gibt's Bußgelder.

Die Polizeibehörden von Bund und Ländern bereiten sich auf mögliche Blockaden von Flughäfen und Häfen durch die Gruppe „Letzte Generation“ vor. Für den BER in Schönefeld haben die Brandenburger Polizei und die Bundespolizei, die für den Sicherheitsbereich zuständig ist, Vorkehrungen getroffen.

„Wir haben die Lage im Blick und vorbereitet, um kurzfristig zu reagieren“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Dem Vernehmen nach soll verhindert werden, dass die Aktivisten auf das Rollfeld kommen oder in den internen Sicherheitsbereich gelangen.

Klimaaktivisten von Extinction Rebellion hatten 2020 versucht, am BER den Start einer Maschine zu verhindern. Sie hatten sich an die Tür eines Flugzeugs, an die Gangway und auf das Rollfeld geklebt. Am alten Flughafen Tegel hatten sie im August 2020 versucht, als Passagiere einen Flug zu verhindern.

Die „Letzte Generation“ will nun auch ihren Protest verschärfen und ausdehnen. Nach Blockaden auf Autobahnen hat sie es auf „anfällige Infrastruktur“ abgesehen, die ab Montag mit massiven Protestformen gestört werden soll. Die Aktivisten seien bereit, härtere Repressionen des Staates in Kauf zu nehmen, wenn die Bundesregierung bis Sonntagabend keine konkreten Zusagen zur Umsetzung eines Lebensmittelrettungsgesetzes mache, hieß es. Dann sehe man sich zu „zivilem Widerstand für das Überleben aller“ gezwungen.

„Klima-Notstandsrecht“ für das Zerstören von Industrieanlagen?

In der Szene wird über noch radikalere Aktionen debattiert. Ein Mitgründer der Anti-Braunkohle-Initiative „Ende Gelände“, Tadzio Müller, plädierte in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ für „friedliche Sabotage“. Gemeint sei etwa das Zerstören von Industrieanlagen. Müller sprach von einem „Klima-Notstandsrecht“. „Wir stehen vor einer Krise, die die Überlebensfähigkeit der Spezies auf dem Planeten infrage stellt. Das würde ein fast ins Absolute reichende Widerstandsrecht begründen“, sagte Müller.

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Die „Letzte Generation“ hat seit Ende Januar Autobahnen blockiert, vor allem in Berlin, aber auch in Hamburg, München und anderen Städten. Laut der Gruppe waren es bislang 60 Aktionen, 210 Mal seien Aktivisten in Gewahrsam genommen worden. Berliner Autofahrer waren zunehmend genervt, Sympathien büßte die Gruppe ein, als Autobahnzufahrten in der Nähe von Rettungsstellen oder bewusst trotz nahender Rettungswagen mit Blaulicht blockiert wurden. Der Gruppe wurde aus der Politik vorgeworfen, durch ihre Eingriffe in den Straßenverkehr Menschenleben zu gefährden.

Polizei stellt Einsätze bei Autobahn-Blockaden in Rechnung

Bei der Bußgeldstelle der Polizei sind bereits mehrere Kostenbescheide für Teilnehmer der Blockaden in Arbeit, wie der Tagesspiegel erfuhr. Je Einsatz, bei dem die auf die Straße geklebten Hände gelöst werden mussten, könnten nach der Gebührenordnung 241 Euro in Rechnung gestellt werden. Hinzu käme ein Bußgeld von 55 Euro, etwa wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Zugleich wird ermittelt wegen Nötigung, Widerstands gegen Beamte und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.

Seit dem 24. Januar registrierte die Polizei 44 Blockaden, dabei sind 180 Menschen vorläufig festgenommen worden. In zwölf von 129 beantragten Fällen schickten Richter besonders hartnäckige Blockierer für etwas mehr als 24 Stunden in den Gewahrsam, um weitere Taten zu verhindern.

Die Staatsanwaltschaft wies Forderungen von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) nach beschleunigten Verfahren zurück. FDP und CDU fordern eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft, was in der Justiz abgelehnt wird. Die CDU will sogar einen längeren Unterbindungsgewahrsam – statt wie bisher erlaubter 48 Stunden dann 14 Tage wie in Bayern oder Sachsen.

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