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Aktivist:innen der Gruppe „Students for Free Palestine“ haben an der Freien Universität Berlin am Donnerstagmorgen einen Hörsaal besetzt.

© Julius Geiler

Update

Palästina-Aktivisten besetzten Hörsaal: Körperliche Auseinandersetzung an der FU Berlin – Räumung beendet

Die Gruppe „Students for Free Palestine“ hat einen Hörsaal in der FU Berlin besetzt. Sie wirft der Leitung der Freien Universität eine „einseitige Haltung“ im Nahostkonflikt vor.

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Aktivist:innen der Gruppe „Students for Free Palestine“ haben an der Freien Universität Berlin am Donnerstag über mehrere Stunden einen Hörsaal in Dahlem besetzt. Nach Tagesspiegel-Informationen begann die Aktion gegen 11.45 Uhr. Die Universitätsleitung forderte die Besetzer:innen auf, den Saal 1a in der Rost- und Silberlaube bis 16 Uhr zu verlassen. Danach ließ die FU den Hörsaal mithilfe der Polizei räumen. Gegen 18 Uhr war die Räumung laut Polizei beendet.

In dem großen Hörsaal waren ursprünglich reguläre Lehrveranstaltungen der FU für diesen Donnerstag geplant gewesen. Zwei Lehrveranstaltungen seien an andere Orte verlegt worden, teilte die Pressestelle der FU mit.

Während der Besetzung soll es auch zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen pro-palästinensischen Akteuren und Studierenden der Universität gekommen sein, die versuchten, durch das Abreißen von Flyern und Plakaten die Besetzung zu unterbinden. Ein Polizeisprecher sagte, es seien mehrere Anzeigen wegen Körperverletzung gestellt worden. Zwei Personen seien leicht verletzt worden und hätten über Schmerzen geklagt.

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sagte zu der Protestaktion auf X, vormals Twitter: „Eine widerliche Aktion, die fassungslos macht. Antisemiten haben in Berlin keinen Platz! Unsere Universitäten sind Orte des freien Diskurses und nicht des Hasses.“

Ich fühle mich nicht sicher an meiner Universität, wenn so etwas hier geduldet wird.

Studentin der FU über die Aktion

Die Gruppe hatte die Besetzung erst in der Nacht auf Donnerstag bei Instagram angekündigt. Sie würden gegen „die einseitige Haltung der Universitätsleitung bei der Gewalt in Israel/Palästina“ protestieren, hieß es in dem auf Englisch verfassten Post. Die Unileitung habe den politischen Diskurs erstickt, politische Botschaften zum Thema Palästina unterdrückt und würde vermeiden „den Täter dieser Katastrophe“ zu nennen – nämlich Israel.

Jüdische Studierende reagieren fassungslos

Insbesondere im Foyer vor dem besetzten Saal kam es immer wieder zu aufgeheizten verbalen Konflikten zwischen pro-palästinensischen Studierenden und Unterstützern der Besetzung auf der einen Seite und anderen FU-Studierenden, darunter Vertretern einer jüdischen Hochschulgruppe.

Mehrere jüdische Studierende, die vor Ort waren, reagierten fassungslos auf die Aktion. „Ich fühle mich nicht sicher an meiner Universität, wenn so etwas hier geduldet wird“, sagte eine Studentin dem Tagesspiegel. Tatsächlich schien die Unileitung zunächst keine Auflösung der Besetzung zu forcieren.

Die Berliner Polizei war gegen Mittag mit mehreren Funkstreifenwagen vor Ort und erklärte Studierenden vor dem Hörsaal, dass die Entscheidung über eine mögliche Räumung des Hörsaals beim Präsidium der Freien Universität liege. Nach etwa einer Stunde rückten die etwa 25 Einsatzkräfte vorerst wieder ab.

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Für den Donnerstag waren zahlreiche Vorträge und Diskussionen im Hörsaal angekündigt, etwa unter dem Titel: „German Guilt und Imperialismus: Wie bauen wir eine antiimperialistische Bewegung auf?“ Auf Plakaten und Postern vor dem Hörsaal wurden Israels Militäraktionen in Gaza als „Genozid“ bezeichnet. Am Mittag sprachen unter anderem Vertreter der linken, israelfeindlichen Gruppierung „Young Struggle“ in dem besetzten Hörsaal, in dem sich zu diesem Zeitpunkt mindestens 50 pro-palästinensische Studierende befanden.

In einer Rede hieß es, die Geschichte Deutschlands lese sich wie die „Erzählung eines Schuldigen, der nicht nur davonkommt, sondern manchmal in anderer Maske dieselben Verbrechen immer und immer wieder begeht und daran auch noch reicher und reicher wird.“

FU verlangt Räumung ab 16 Uhr

Die Freie Universität bestätigte am Donnerstagnachmittag, dass sie von den Besetzer:innen eine Räumung des Saales bis 16 Uhr verlangt habe. Danach soll nach FU-Angaben noch ein kleinerer Kern im Hörsaal geblieben sein. Die Universität habe daher von ihrem Hausrecht Gebrauch gemacht und eine Räumung des Saals mithilfe der Polizei veranlasst. Sie sei gegen 16.45 Uhr erneut gekommen. Kurz vor 18 Uhr teilten die FU und die Polizei dem Tagesspiegel mit, dass die Räumung abgeschlossen sei. Laut Polizei hatte die Leitung der Universität zuvor einen Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt.

Die Polizei stellte zu Beginn des Einsatzes noch 60 Personen in dem Hörsaal fest. Sie seien nach und nach zur Identitätsfeststellung herausgeführt worden, teilte die Polizei am Freitag mit. Auf Videos in den Sozialen Netzwerken war zu sehen, wie mehrere in Palästinensertücher gekleidete junge Menschen während des Polizeieinsatzes „Bullen raus aus unserer Uni“ skandierten. Auch die Polizei sprach am Freitag von einzelnen Personen, die polizeifeindliche Parolen skandierten.

Zwischenzeitlich habe die Unileitung laut Polizei mitgeteilt, den Strafantrag gegenüber den Personen, die den Raum freiwillig verlassen, auszusetzen. Dies hätten 40 Personen in Anspruch genommen, hieß es am Freitag. Nach der Besetzung versammelten sich nach Polizeiangaben rund 60 Menschen vor dem Eingang der Uni zu einem Spontanaufzug, der zur Podbielskiallee zog und dort gegen 19 Uhr beendet wurde.

Die Polizei überprüfte im Rahmen des Einsatzes insgesamt 21 Personen und leitete Strafermittlungsanzeigen wegen des Verdachts des Hausfriedensbruches ein.

Die Aktion war von der Universität im Vorfeld nicht genehmigt worden, wie die FU dem Tagesspiegel auf Nachfrage mitteilte. Zwar befürworte sie es, „wenn sich Studierende wie auch andere Mitglieder der Hochschule für gesellschaftlich relevante Themen engagieren und den kritischen Dialog dazu führen“, dennoch sei die Besetzung des Hörsaals in ihren Augen kein „geeignetes Mittel der Kommunikation oder des Protests“.

Die Universität betonte, dass sie jegliche Form des Antisemitismus ablehne. „An der Freien Universität Berlin ist kein Platz für Antisemitismus, Rassismus und jegliche andere Form von Diskriminierung aufgrund der Nationalität und ethnischen Zugehörigkeit, der Religion und Weltanschauung, der sozialen Herkunft, des Alters, einer Behinderung oder gesundheitlichen Beeinträchtigung, des Geschlechts und der sexuellen Orientierung“, hieß es in dem Statement zu dem Vorfall. Die Universität spreche sich für eine „respektvolle, dialogorientierte und verantwortungsbewusste Diskussionskultur auf dem Campus aus“.

Politiker kritisieren Aktion

Am Nachmittag hatte die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger, die Aktion auf der Plattform X kommentiert. Die Besetzung des Hörsaals mache sie „fassungslos“, schrieb die FDP-Politikerin. „Die Hochschulleitung muss konsequent dagegen vorgehen und dem ein Ende setzen. Für Israel- und Judenhass darf an deutschen Hochschulen kein Platz sein.“

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Adrian Grasse, der wissenschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, forderte die FU-Leitung auf dafür zu sorgen, dass es „zu solchen Besetzungen und unerträglichen Vorfällen gar nicht erst kommt“. Diese würden das Ansehen der FU immens schaden. Auch er forderte eine Räumung durch die Polizei. (mit dpa)

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