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Nischt wie raus nach Wannsee. Etwas Abkühlung nach Glühwein schadet auch niemandem, glaubt man im Bezirk.

© Rainer Jensen/dpa

Pack die Bademütze ein: Wie sinnvoll wäre die ganzjährige Öffnung des Strandbad Wannsee?

Das Bezirksparlament von Steglitz-Zehlendorf will einen ganzjährigen Betrieb des Strandbads. Eine Analyse der Chancen.

Am 16. Januar 1912 kam es auf der zugefrorenen Havel nahe der Insel Lindwerder zu einem tragischen Unfall. Der junge expressionistische Dichter Georg Heym hatte sich mit seinem besten Freund, dem ebenfalls dichtenden Ernst Balcke, zum Schlittschuhlaufen verabredet. Die Temperatur lag zwischen –7 und –14 Grad, doch hatten sie die Tragfähigkeit des Eises überschätzt: Balcke brach ein, Heym versucht ihn zu retten, beide ertranken.

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Ein Vorfall, der nicht nur zeitlich wie aus einer kaum mehr vorstellbaren Zeit stammt. Die Havel zumindest teilweise zugefroren? Wer hat dergleichen denn je schon erlebt? Doch wohl keiner, und das ist – Greta, verzeih! – auch gut so, jedenfalls wenn man einen aktuellen Beschluss der Bezirksverordneten von Steglitz-Zehlendorf mit letzter Konsequenz zu Ende denkt.

Die nämlich haben sich für einen ganzjährigen Betrieb des Strandbads Wannsee ausgesprochen. Doch wie immer der einmal aussehen wird: Die Gefahr, dort beim Schlittschuhlaufen einzubrechen und zu ertrinken, kann angesichts des viel beschworenen Klimawandels als äußerst gering eingestuft werden.

Nun gut, die Pläne sind offenbar noch nicht ganz rund. „Ein Schwerpunktthema ist die künftige Nutzung des ehemaligen Strandrestaurants ‚Lido‘ “, teilte das Bezirksamt auf Nachfrage mit. Weitere Angebote würden „im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben erörtert“. Die Berliner Bäderbetriebe dagegen weisen darauf hin, dass ihr Versorgungsauftrag sich nur „auf die Dienstleistung Schwimmen“ bezieht. „Und da das in der kalten Jahreszeit am Wannsee nicht zu erwarten sein wird, werden wir keine Angebote dort machen können.“ Initiativen Dritter, Konzept und Finanzierung inklusive, stehe man aber offen gegenüber.

Auch schön bei Sonnenschein.
Auch schön bei Sonnenschein.

© Rainer Jensen/dpa

„Pack die Badehose ein" – im Winter

Keine Schwimmer im Winter? Wenn sich die Bäderbetriebe da mal nicht irren. Zwar ist nicht damit zu rechnen, dass sich das Neujahrsschwimmen, das hier und dort, in Berlin etwa am Orankesee in Hohenschönhausen, zur Tradition geworden ist, zur winterlichen Massenbewegung entwickeln wird. Auch dürften die Mitglieder der „Berliner Seehunde“, der Abteilung „Winterschwimmen“ in der SG Bergmann-Borsig e.V., ihr sonntägliches, von Mitte September bis Ende April praktiziertes Bad in genanntem Gewässer kaum ins Strandbad Wannsee verlegen. Aber mit einigem Werbeaufwand wäre sicher der eine oder andere überzeugte Freiluftschwimmer neoprengeschützt in die Havel zu locken. Der Wannsee-Hit der kleinen Conny Froboess – „Pack die Badehose ein“ – müsste nur angepasst werden.

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Ohnehin scheint das winterliche Nutzungskonzept, wie es sich nach den Vorstellungen des Bezirksparlaments bislang andeutet, etwas zu knapp bemessen zu sein. Mit dem wiedereröffneten „Lido“ nur eine weitere Ausflugsgaststätte am Havelstrand installieren, wo es doch gleich um die Ecke die Wannseeterrassen gibt – das kann es wohl nicht sein.

Planschen im Neoprenanzug?
Planschen im Neoprenanzug?

© Kitty Kleist-Heinrich

Schlittschuhlaufen scheint eine sinnvolle Ergänzung, zwar nicht mehr auf naturgegebenem Haveleis, vielmehr auf künstlichem und einbruchsicherem Glatteis gleich daneben. Denn wenn erst die ganzen Weihnachtsmärkte wieder dichtgemacht haben, hat es an nur noch herumstehenden Kunsteisbahnen keinen Mangel.

Wer sagt schließlich, dass man Sandburgen nur im Sommer bauen kann. Auch ein Wiederbeleben des zwischen 2003 und 2010 alljährlichen Sandskulpturenfestivals, das in der Innenstadt kaum noch freie Brachflächen finden dürfte, scheint nicht ausgeschlossen. Am Wannsee wäre genügend Platz, und den Sand müsste man nicht mal erst mitbringen. Das würde viele Lastwagentransporte sparen, wäre also – siehste, Greta! – sogar ausgesprochen nachhaltig.

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