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Die Sonne brennt nicht nur draußen, auch die Arbeitsbedingungen werden unerträglich.

© Arno Burgi/ DPA

Öffentlicher Dienst in Berlin: Warum Beamte kein Hitzefrei bekommen sollten

Dass Mitarbeiter der Verwaltungen bei Hitze deutlich früher gehen können, ist kaum vermittelbar. Stattdessen sollten die Bedingungen verbessert werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Lars von Törne

Hitzefrei? In deutschen Schulen ist das ein aussterbendes Phänomen, weil es mit dem Konzept der „verlässlichen Ganztagsschule“ nicht zusammenpasst. Das Schwitzen an heißen Tagen lohnt sich für die Schüler aber zumindest langfristig, nämlich dann, wenn es ihnen den Weg zu einem Posten im öffentlichen Dienst ebnet. Denn dort, aktuell in den Berliner Hauptverwaltungen von Wirtschaft, Gesundheit, Arbeit/Soziales, Kultur und Stadtentwicklung, gab oder gibt es hitzefrei ab 14 Uhr, und das ohne Nachholpflicht; andere Landesbehörden erlauben es im Rahmen der Gleitzeitregeln oder als Überstundenausgleich (lesen Sie hier die Einzelheiten).

Zur Begründung wird die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers angeführt, die Büros sind heiß, Klimaanlagen eine Rarität. Niemand wird es den derart beglückten Beamten verargen, dass sie nach Hause eilen und bei Kaltgetränken und leichten Speisen ihrem generösen Dienstherren huldigen. Aber was für ein Zeichen sendet dieser Dienstherr damit aus? Dass die Arbeit in den Verwaltungen zwar irgendwie da ist, aber zur Disposition steht, wenn die Umstände unbequem zu werden drohen?

Ja, hitzefrei gibt es auch in privaten Firmen. Aber dort geht es auf Kosten des Chefs und seiner Finanziers, die autonom entscheiden können, ob ein Päuschen drin ist oder nicht. Der Steuerzahler kann das nicht, und er hat ein Recht darauf, dass der Staat mit seinem Geld akkurat wirtschaftet. Das würde bedeuten, dass die liegen gebliebene Arbeit zumindest zeitnah nachgeholt wird, wovon aber in den betreffenden Verwaltungen offenbar keine Rede ist. Es wäre ohnehin nur schwer zu überprüfen.

Bei Hitzefrei gibt es kein gleiches Recht für alle

Darüberhinaus scheint es, als schaffe diese Hitzefrei-Regelung zweierlei Recht: Eins für die gehobenen, ohnehin weitgehend frei arbeitenden Beamten in den Stabsstellen und Leitungsgremien, und ein zweites für all jene, die draußen, für alle Bürger nachprüfbar, konkrete Arbeit machen. Von einem Hitzefrei für die Meldeämter und Kfz-Zulassungsstellen oder Finanzämter beispielsweise war nichts zu hören, und es wäre auch ein Skandal, würde dort dem Bürger gesagt werden, er könne ja mal wieder kommen, wenn es kühler ist. Auch Polizisten und Feuerwehrleute werden sich kaum mit Hinweis auf die Hitze vom Dienst abmelden können.

Falls es nun so kommt, wie viele fürchten, und unsere Sommer künftig allesamt so hitzig ausfallen wie der aktuelle, dann ergibt diese Flickschusterei ohnehin keinen Sinn mehr. Dann muss der Dienstherr nämlich einmal grundsätzlich darüber nachdenken, wie die Temperaturen am Arbeitsplatz auch bei 38 Grad Außentemperatur noch verträglich gestaltet werden können. Dafür gibt es brauchbare Konzepte von Außenjalousien über effektive Lüftungsanlagen bis hin zur kompletten Klimatisierung, die sich in Milliarden Büros der ganzen Welt durchaus nicht als Teufelszeug erweist.

Oder, noch einfacher: Die Berliner Verwaltung arbeitet ihre allfälligen Staus einfach mal konsequent und restlos ab. Dann gönnen sicher alle den Beamten gern jedes kühle Bier schon am frühen Nachmittag.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version dieses Textes hieß es fälschlicherweise, dass Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Justiz die Stunden, die sie früher gegangen sind, nicht nachholen müssen. Wir bitten dies zu entschuldigen.

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