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Busspur Polizei BVG Hauptstraße Schöneberg Abschleppwagen

© Jörn Hasselmann/Joern Hasselmann TSP

„Nicht nachvollziehbar“: TU-Experten analysieren Radweg-Stopp in Berlin-Schöneberg

Professoren der Technischen Universität haben den Planungsstopp für neue Radwege analysiert. Das Urteil der Experten am Beispiel Hauptstraße ist vernichtend.

Bislang haben vor allem Fahrradaktivisten den Bau- und Planungsstopp für neue Radwege kritisiert. Nun haben sich Experten die von der neuen CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner benannten Gründe einmal angeschaut, und zwar am Beispiel der Hauptstraße in Schöneberg. Dort wollte der Bezirk einen geschützten Radweg anlegen.

Wissenschaftler zweier Fachbereiche der Technischen Universität Berlin kommen zu diesem Ergebnis: „Die meisten in der Planung vorgesehenen Änderungen sind als positiv für die subjektive und objektive Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden zu bewerten.“

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Wirtschaftsverkehr und ÖPNV würden nach Einschätzung der Professoren Christine Ahrend (Fachgebiet Verkehrsplanung) und Felix Creutzig (Fachgebiet Stadtökonomie) gewinnen. Der Busverkehr der BVG würde profitieren, da Radfahrer nicht mehr die Busspur benützen müssen. Und durch die Einrichtung von Lieferzonen werde eine Verbesserung eintreten, „da regelwidriges Parken in zweiter Reihe, auf Gehwegen oder in Einfahrten präventiv verhindert wird und dadurch schnellere Lieferzeiten und geringe Verkehrsrisiken ermöglicht werden“, heißt es in der Analyse.

Diesen einen Satz aus der Analyse wird Schreiner gerne lesen, da er ihre Argumentation unterstützt: „Die Leistungsfähigkeit des Autoverkehrs wird durch die Halbierung der Autospuren gemindert.“ Aber: „Die Minderung der Korridorkapazität des Autoverkehrs wird dadurch abgemildert, dass kein Fahrspurwechsel mehr stattfindet, der derzeit durch Zweitreihenparker und Busverkehr ausgelöst wird.“

Die Leistungsfähigkeit der neu geplanten Hauptstraße werde durch die Radwege erhöht, heißt es in der Analyse. Rein rechnerisch hätte der Radweg eine Kapazität von 14.000 Menschen pro Stunde und die Busspur von 9.000 Menschen pro Stunde. Eine Autospur könne nur 2000 Menschen pro Stunde bewältigen.

Das Fazit der TU-Wissenschaftler: Ein Planungs- und Baustopp ist „aus fachlicher, verkehrswissenschaftlicher Perspektive nicht nachvollziehbar oder begründbar“. Zuerst hatte der Tagesspiegel-Checkpoint berichtet.

Sechs Kilometer geschützte Radfahrstreifen, monatelange Abstimmungen und Fördermittel von 1,5 Millionen Euro sind damit verloren.

Saskia Ellenbeck, Verkehrsstadträtin in Tempelhof-Schöneberg

Allerdings hatten die TU-Experten auch nur die dürren Angaben der Pressestelle der Verkehrsverwaltung zur Verfügung. Per Pressemitteilung hatte Schreiner anfangs einige Gründe aufgezählt, die gegen Radwege sprechen – zum Beispiel, wenn dadurch Autoparkplätze verloren gehen.

Schreiners Mitteilung lautete so: „Verkehrssicherheit, Schulwegsicherheit, ein guter Verkehrsfluss, keine Dopplung von Wegen und ein nicht zu hoher Verlust an Parkplätzen, der ÖPNV, schnelles Durchkommen von Polizei und Feuerwehr – unter diesen und weiteren Gesichtspunkten haben die zuständigen Fachabteilungen geplante Radwege ergebnisoffen geprüft.“

Mündlich ergänzte die Senatorin: „Nicht verkehrspolitische Ideologie hat zu den Entscheidungen geführt, sondern allein die Verträglichkeit für alle Verkehrsteilnehmer.“

Letztlich ist unklar, nach welchen Kriterien fünf von elf Projekten gestoppt wurden und ob die Fachleute der Verkehrsverwaltung tatsächlich eingebunden waren. Unter den Radwegen, bei denen Schreiner einer „Beauftragung“ nicht widerspricht, gehört die Opernroute in Charlottenburgdiese ist jedoch weitgehend bereits fertig.

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Sauer und enttäuscht ist die grüne Verkehrsstadträtin Saskia Ellenbeck. „Sechs Kilometer geschützte Radfahrstreifen, monatelange Abstimmungen und Fördermittel von 1,5 Millionen Euro sind damit verloren“, twitterte sie. Für den Freitag rufen mehrere Verbände, darunter der ADFC und Changing Cities, zu einer weiteren Demo für geschützte Radwege in Schöneberg auf. Treffpunkt ist 17 Uhr am Richard-von-Weizsäcker-Platz.

Schöneberg ist besonders von der CDU-Wende betroffen: Zwei der fünf gestoppten Projekte (Hauptstraße und Grunewaldstraße) sind wichtige Achsen im Bezirk. „Hier geht es nicht nur um Radwege und ein paar Radler, sondern um den Umbau ganzer Straßenzüge zu modernen Hauptstraßen“, sagt Ellenbeck dem Tagesspiegel-Newsletter Tempelhof-Schöneberg. Ellenbecks Fazit: „Es ist eine total verrückte Situation.“

Den Stopp des zweiten Schöneberger Projekts hatte bereits die Industrie- und Handelskammer, der Spitzenverband der Berliner Wirtschaft, scharf kritisiert. „Natürlich bedauern wir sehr, dass ausgerechnet der Umbau der Grunewaldstraße noch auf Eis liegt“, sagte IHK-Vizepräsident Robert Rückel. Denn die IHK hatte die Grunewaldstraße als Modellprojekt ausgesucht, bei dem untersucht wurde, „wie eine gerechte Neu-Aufteilung des Straßenraums gelingen kann.“

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