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Erstes Konzert seit knapp einem Jahr: Roland Kaiser tritt am Donnerstag mit der Konzertreihe "Back to Live" in der Waldbühne auf.

© Britta Pedersen/dpa

Neustart mit Abstand in der Waldbühne: Rund 3000 Konzertbesucher bei Roland Kaiser in Berlin

In der Waldbühne finden wieder Konzerte statt – mit weit weniger Besuchern statt mit 22.000. Die Veranstalter sind unzufrieden, andere private Bühnen bleiben zu.

Schlagerstar Roland Kaiser singt normalerweise vor ausverkauften Rängen. Auch sein Konzert am Freitag in der Waldbühne auf dem Olympiagelände in Westend ist ausgebucht – allerdings mit nur 5000 Besuchern. Mehr Karten durften wegen der Vorschriften zum Schutz vor dem Coronavirus nicht verkauft werden. Bereits am Donnerstagabend tritt Kaiser an gleicher Stelle auf. Dieses Zusatzkonzert mit laut Veranstalterangaben etwas mehr als 3000 Gästen gilt beim Veranstalter Semmel Concerts Entertainment als eine Art Generalprobe.

„Back to live“, lautet das Motto bei insgesamt sieben Konzerten, die bis Anfang Oktober in der Waldbühne stattfinden. „Back to Life“ würde genauso gut passen, denn Konzertagentur-Chef Dieter Semmelmann will ein Zeichen dafür setzen, dass die Veranstaltungsbranche ins kulturelle Leben zurückkehrt. 

„Wirtschaftlich ist das ein Kraftakt, wir können damit kein Geld verdienen“, sagte er am Donnerstag bei einer Vorstellung des Programms. Die maximal 5000 Besucher werden weniger als ein Viertel der insgesamt 22.000 Plätze in der Konzertarena füllen.

Roland Kaiser freut sich sehr auf sein Publikum, aber auch darüber, dass „meine Musiker wieder Geld verdienen“. Er selbst habe sich während des Lockdowns in der Coronakrise stark auf seine Familie konzentriert.

Schlagersänger Roland Kaiser. 
Schlagersänger Roland Kaiser. 

© Jan Woitas/dpa

Am Sonnabend tritt der Berliner Rapper Sido in der Waldbühne auf, auch dafür gibt es keine Tickets mehr. Dagegen sind für die Show von Helge Schneider am Sonntag noch Karten erhältlich. Weiter geht es mit Wincent Weiss am 18. September, einer „Special Edition“ der jährlichen Schlagernacht am 26. September und einem Konzert von Peter Maffay am 2. Oktober.

Der Rapper Sido.
Der Rapper Sido.

© imago images/POP-EYE

Viele Veranstalter fühlen sich von der Politik „vergessen“ und „verlassen“. Solche Worte wählte am Donnerstag nicht nur Dieter Semmelmann, sondern auch Jens Michow, der den Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft leitet. Man bekomme viel weniger finanzielle Unterstützung als staatlich subventionierte Bühnen. Noch wichtiger sei eine „Perspektive“, wie es nach dem bis zum Jahresende verlängerten Verbot von Großveranstaltungen weitergehe, sagte Michow. „Unter den Abstandsregeln ist ein Neustart nicht machbar“.

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Semmelmann fügte hinzu, er brauche bis Mitte November Klarheit. „In der Vorweihnachtszeit verkaufen wir 40 Prozent aller Tickets“. Außerdem gehe es um Planungssicherheit für die oft langfristigen Konzertvorbereitungen. Er hoffe, dass große Konzerte spätestens am 1. April 2021 wieder möglich sein werden.

Kultursenator Klaus Lederer verfolgt harte Strategie bei Events in Innenräumen

Noch viel schwieriger ist die Situation bei Kulturevents in geschlossenen Räumen. Denn hier ist die Ansteckungsgefahr deutlich höher. Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) verfolgt eine harte Strategie bei der Wiedereröffnung der Theater, Opern und Konzerthäuser Aufgrund der Abstandsregel von 1,50 Metern zwischen den Zuschauern können nur 20 bis 25 Prozent der zur Verfügung stehenden Plätze belegt werden.

„Mit gebotener Vorsicht“ werde man die Lockerungen bei den Kinos beobachten, sagt Lederer. Dort muss nur noch der Abstand von einem Meter von Sitzmitte bis Sitzmitte eingehalten werden, wenn alle Besucher durchgehend Mund-Nasen-Schutz tragen. „Einen Inkubationszyklus lang“ müsse diese Regelung erst laufen, betonte der Senator, bevor Rückschlüsse darauf möglich werden, ob sie sich auch auf die Bühnen übertragen lasse. Damit besteht eine Hoffnung darauf. dass Mitte September wieder eine 50-Prozent-Belegung der Säle erlaubt werden könnte.

Theater bringen coronakompatible Produktionen auf die Bühne

Aber auch hinter den Kulissen und auf der Bühne selber haben die Künstlerinnen und Künstler aufgrund von Arbeitsschutzvorschriften mit deutlichen Einschränkungen zu kämpfen. Die Sinfonieorchester folgen aktuell der Empfehlung eines Teams von Charité-Wissenschaftlern, nach denen der Stuhlabstand zwischen den Streichern jeweils 1,50 Meter betragen soll und der zwischen den Bläsern zwei Meter. Dadurch können deutlich weniger Mitwirkende als gewohnt auftreten. Sämtliche Programme mussten verändert werden, zumindest für die ersten Wochen der Saison. Aufgeführt werden nun Kompositionen, die sich in kleiner Besetzung spielen lassen. Pausen gibt es keine, die Konzerte enden spätestens nach 90 Minuten.

Noch schwieriger ist es im Musiktheater, weil die Abstandsregeln auch für die Darsteller gelten. Barrie Kosky, der Intendant der Komischen Oper, hat seinen Spielplan bis zum Jahresende komplett verändert und bringt neue, coronakompatible Produktionen heraus.

Musicals lassen sich nicht immer uminszenieren

Diese Möglichkeit haben die privatwirtschaftlich organisierten Bühnen nicht. Musicals lassen sich nicht mal eben uminszenieren, ohne große Tanzszenen geht es einfach nicht. Im Theater des Westens wurde die Wiederaufnahme des Udo-Jürgens-Musicals „Ich war noch niemals in New York“ von Corona vereitelt, geschlossen ist auch die Spielstätte der Blue Men Group am Potsdamer Platz. „Nach bisherigem Planungsstand kann bis Ende 2020 in keinem unserer Berliner Häuser wieder gespielt werden“, heißt es auf der Webseite.

Die gesamte Unterhaltungsbranche kämpft ums Überleben, nachdem die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten beschlossen haben, dass Großveranstaltungen bis zum Jahresende verboten bleiben. In geschlossenen Räumen sind maximal 1000 Personen zugelassen. Unter diesen Bedingungen können kommerzielle Veranstalter nicht rentabel arbeiten. Im Theater am Potsdamer Platz sollte im Herbst eigentlich der Cirque du Soleil einziehen. Mittlerweile ist die Berlin-Premiere der Show „Nysa“ für den 28. Oktober 2021 angekündigt.

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