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Glücksort unter Kastanienlaub: Viele solcher Plätze hat Buchautorin Sybille Wesenberg gesammelt.

© Andreas Klaer

Neues Buch zeigt Potsdamer Idyllen: Plätze zum Sammeln

Am schönsten ist Potsdam auf versteckten Sitzbänken und da, wo die Reiher stelzen. Ein Buch zeigt die „Glücksorte“.

Mit der Stille kommt der Reiher. Obwohl es an den Wasserspielen der Freundschaftsinsel gar nicht so still ist. Immer rauscht es leise. Oder summt. Oder die Vögel machen Lärm. Der Reiher stelzt mal hier, mal da, wie ein Hausherr auf Kontrollgang. Sybille Wesenberg findet dort von Zeit zu Zeit das Glück.

Die Freundschaftsinsel, nur wenige Schritte entfernt vom architektonisch verunglückten Potsdamer Hauptbahnhof, hat es als kleines Paradies in das Buch „Glücksorte in Potsdam“ geschafft. Das Taschenbuch aus dem Droste Verlag, geschrieben von Sybille Wesenberg, erschien kürzlich und soll Einheimischen wie auch Touristen die Augen für die kleinen Schönheiten am Wegesrand öffnen oder beim Besuch der großen Attraktionen den Blick auf Details lenken.

Für das Buch hat die Autorin ihre Heimatstadt noch einmal neu entdeckt. Dabei kam ihr zu Gute, dass sie sechs Jahre im mittelamerikanischen Belize lebte und nach ihrer Rückkehr mit teils verklärtem, teils ganz neuem Blick ihre alte Heimatstadt betrachtete. „Potsdam ist viel mehr als Fridrich II. Es gab hier neun Könige und jeder prägte die Stadt anders“, sagt Wesenberg.

Neben ihrer Arbeit als Stadtführerin fotografiert sie viel für ihre Homepage. „Eines Tages meldete sich der Droste-Verlag mit der Frage, ob ich als Auskennerin und Fotografin dieses Buch schreiben würde.“ Wesenbergs Buch ist jetzt Nummer 55 aus der deutschlandweiten Reihe der „80 Glücksorte“. Es passt in jeden Rucksack oder jede Manteltasche und bietet Inspirationen für große und kleine Stadtspaziergänge und Ziele zum Verweilen. Teilweise liegen diese im Umland, auch Schloss Caputh, Schloss Paretz, die Caputher Seilfähre „Tussi II“ und die museale Handweberei in Geltow sind unter den glücklichmachenden Orten.

Bei den Potsdamer Orten finden sich zudem einige Cafés und inhabergeführte Geschäfte zum Stöbern oder für Regenwetter, und im Lieblingsplattenladen kann man in Ruhe nach dem Sammlerglück suchen. Die Bäckerei Braune macht mit ihren Brötchen schon lange die Potsdamer glücklich, und die Eisfrau in Babelsberg sowieso. Die Bibliothek mit ihren bequemen Sesseln war ein Tipp von Freunden und das Werner-Alfred-Bad an der Hegelallee musste mit, weil Wesenberg dort einst schwimmen lernte. Heute kann man im alten Schwimmbecken einkaufen gehen und herrlich Kaffeetrinken – eine besondere Atmosphäre.

Mitten im Stadtzentrum liegt die Freundschaftsinsel. Dort lässt es sich prima entspannen, findet Buchautorin Sybille Wesenberg.
Mitten im Stadtzentrum liegt die Freundschaftsinsel. Dort lässt es sich prima entspannen, findet Buchautorin Sybille Wesenberg.

© Andreas Klaer

Die Orte, die draußen liegen, reichen von bekannten Schlössern bis zu Straßenzügen wie dem Kiez rund um Erlöserkirche und Geschwister-Scholl-Straße. Wer hier nicht wohnt, könnte sich wundern, wie schön es in den vergangenen Jahren geworden ist.

In Babelsberg empfiehlt die Autorin eine bewusste Erkundung des Weberplatzes, auf dem der letzte der etwa 3000 Maulbeerbäume, die die Weber einst für ihre Seidenherstellung brauchten, steht. Das Babelsberger Kino Thalia ist auch ein Tipp. Klingt banal, ist aber zu Recht auf der Liste, weil es eben eines der besten Programmkinos in Deutschland ist.

Zu Glücksorten aus Wesenbergs Buch gehört manchmal auch ein netter Ausblick.
Zu Glücksorten aus Wesenbergs Buch gehört manchmal auch ein netter Ausblick.

© Andreas Klaer

[Sybille Wesenberg, "Glücksorte in Potsdam – fahr hin und werd glücklich", Taschenbuch, 169 Seiten, Droste Verlag, 2019, 14,99 Euro.]

Am stärksten ist das Buch bei den Glücks-Tipps, die etwas versteckt liegen und an denen man oft einfach vorbeirennt. Oder die man schnöde vergessen hat. Wer weiß, wo das Mühlenberg-Belvedere liegt? Die Bank auf der versteckten Aussichtsplattform neben dem Winzerberg, wo früher ringsum viele Windmühlen standen, hat man meist für sich allein und kann in Ruhe die Stadt von oben anschauen.

Mehr romantische Bänke gibt’s in der Schwanenallee, mit Blick auf den Jungfernsee. Sehr privat ist man oft am Schloss Lindstedt, das abseits der Touristenströme im Wald liegt. Dort empfiehlt Wesenberg den Blick auf die Putten im Garten. Die Kellertorwache ist auch so ein vergessener Ort. In dem restaurierten Zollhaus am alten Stadtkanal, der hier auf etwa 150 Meter tatsächlich mit Wasser gefüllt ist, waren früher Steuereintreiber und Wachpersonal stationiert. Der eine trieb Geld ein, der andere passte auf, dass die Soldaten nicht abhauten. Ob Menschen damals dort so glücklich waren, darf bezweifelt werden.

Sichere Glücksorte findet die Autorin vor allem in der Natur, etwa auf dem Pfingstberg mit dem Pomonatempelchen darin, oder den Seerosen auf der Freundschaftsinsel. „Potsdam ist ein romantischer Ort“, sagt Sybille Wesenberg, „deshalb kommen die Touristen hierher und auch wir sollten daran nicht vorbei hetzen.“

Steffie Pyanoe

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