zum Hauptinhalt

© imago images/Rüdiger Wölk

Neue Züge und Takte kommen später: Berliner S-Bahn-Vergabe verzögert sich um Jahre

Bei der Vergabe des Nord-Süd-Netzes und der Stadtbahn gibt es erneut Verzögerungen. Hintergrund sind Verschiebungen beim Anschluss der Werkstätten.

| Update:

Die Vergabe weiter Teile des Berliner S-Bahnnetzes verzögert sich erneut um Jahre. Wie Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) am Mittwoch mitteilte, soll der Betriebsbeginn auf dem Teilnetz Nord-Süd erst im Juni 2030 starten und damit 30 Monate später als zuletzt geplant.

Auch im Stadtbahnnetz ist ein Start für den künftigen Betreiber nun erst im Juni 2029 geplant, statt wie zuletzt vorgesehen im Februar 2028. Entsprechend werden auch erst zu diesen Terminen die neuen S-Bahnen auf den Linien der Netze zum Einsatz kommen. Auch die geplanten Angebotsausweitungen werden dadurch größtenteils verschoben.

Ursache für die neuerlichen Verzögerungen seien insbesondere zeitliche Verschiebungen bei der Infrastruktur-Tochter der Deutschen Bahn, der DB Netz AG, führte Jarasch aus. Das Unternehmen soll die vier potenziellen neuen Werkstattstandorte anschließen, auf die die Bewerber mit ihrem Fuhrpark bei Bedarf künftig Zugriff haben sollen.

Bahn-Tochter muss neue Werkstätten anschließen

Diese Werkstätten sind noch nicht gebaut, müssen jedoch von der Bahn unter anderem mit Gleisen ans Netz angeschlossen werden, sagte Jarasch.

„Die DB Netz hat gesagt, dass sie den Zeitplan ganz deutlich nicht mehr halten kann. Das können wir nur begrenzt beeinflussen, wir sind da auf die DB Netz angewiesen“, erklärte die Senatorin.

Im Rahmen der S-Bahnvergabe ist vorgesehen, dass den Wettbewerbern vom Land bis zu vier neue Werkstätten angeboten werden. Die möglichen Standorte sollen an der Schönerlinder Straße in Pankow, in Waßmannsdorf, Fredersdorf und Hennigsdorf liegen.

Angebotsausweitungen verschieben sich

Erreicht werden soll dadurch unter anderem mehr Wettbewerb. Auch andere Bewerber als die Deutsche Bahn, die bereits über etliche Anlagen in der Stadt verfügt, sollen so Chancen auf einen Zuschlag bekommen. Welche Standorte letztlich gebaut werden, hängt davon ab, was der Sieger des Vergabeverfahrens für den Betrieb benötigt.

Zum Thema Verzögerungen teilte Jens Bergmann, Vorstand Infrastrukturplanung und -projekte der DB Netz AG, mit: „Sämtliche Terminpläne der Infrastrukturmaßnahmen für die S-Bahn-Ausschreibung sind mit allen Partner:innen des übergreifenden Infrastrukturprojekts i2030 eng abgestimmt und seit langem bekannt. Das umfasst auch die Anbindung der potentiellen S-Bahn-Werkstattstandorte, für die teilweise ein zweigleisiger Streckenausbau notwendig ist. Das Land Berlin als i2030-Projektpartnerin war demnach jederzeit voll im Bilde. Verzögerungen sind uns als DB Netz AG nicht bekannt.“

Sicher ist damit nicht nur, dass die Fahrgäste länger auf neue S-Bahnzüge warten müssen. Auch die im Zuge der neuen Vergabe geplanten Angebotsausweitungen auf den Strecken werden größtenteils nun erst Jahre später kommen. Manche Verbesserungen könnten dennoch jedoch schon vorher eingeführt werden, versicherte Jarasch. „Es wird Mehrangebote geben können.“

Vorgesehen seien demnach weitere Fahrten auf den Linien S1, S2, S26, sowie der S3, S5 und S85, angelehnt an die Vorgaben im aktuellen Nahverkehrsplan. Auch die Siemensbahn soll wie geplant 2029 starten. „Da werden wir zwar dann mit Bestandfahrzeugen beginnen, aber das neue Angebot wird leistbar sein“, sagte die Verkehrssenatorin.

Bei den restlichen Strecken könne man die Angebotsausweitung noch nicht garantieren. „Es kommt darauf an, wie viele Fahrzeuge man ertüchtigen kann.“ Auch seien künftig bessere Takte davon abhängig, ob die Engstellen im Netz rechtzeitig beseitigt werden können.

Bis zu den neuen Betriebsstarts wird vorerst weiterhin die S-Bahn Berlin GmbH für das Angebot auf den Strecken sorgen. Dazu wurde die Verlängerungsoption im laufenden Verkehrsvertrag bis Juni 2027 gezogen. Danach will die Verkehrsverwaltung einen Überbrückungsvertrag anschließen, für den laut Vergabeunterlagen ebenfalls Alt-Fahrzeuge zum Einsatz kommen können.

Die Vergabe der S-Bahnstrecken hat mittlerweile BER-Niveau erreicht.

FDP-Verkehrspolitiker Felix Reifschneider zu den neuen Verzögerungen bei der S-Bahn-Vergabe

Die Senatsverkehrsverwaltung hatte am Mittwoch einen Teil der Ausschreibungsunterlagen an die Bieter geschickt. Damit tritt das Vergabeverfahren in die entscheidende Phase. Die Bieter haben nun bis zum 27. Juli Zeit, ihr Angebot abzugeben. Der Zuschlag soll dann Anfang 2024 erfolgen.

Nach Tagesspiegel-Informationen nimmt neben einem Konsortium aus Deutscher Bahn, Siemens und Stadler auch der französische Konzern Alstom am bisherigen Vergabeverfahren teil.

„Mit den Grünen haben wir Verkehrsstillstand statt Verkehrswende“, kritisierte Stephan Machulik, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Es sei immer wieder thematisiert worden, dass es problematisch werden könnte, die Standorte anzuschließen. „Die Vergabe der S-Bahnstrecken hat mittlerweile BER-Niveau erreicht“, urteilte FDP-Politiker Felix Reifschneider.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false