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Ein Baugerüst steht an einem Rohbau von Neubau-Wohnungen in Schöneberg.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Neue Richtlinie für städtische Wohnungsbaugesellschaften: Drei von vier Neubauwohnungen sollen an Geringverdiener gehen

Berlin baut zu wenig für ärmere Mieter. Die landeseigenen Unternehmen sollen Abhilfe schaffen, doch die sozialen Probleme in den Großsiedlungen nehmen zu.

Der Senat will die sechs landeseigenen Wohnungsbauunternehmen dazu verpflichten, finanzschwachen Mietern deutlich mehr Wohnraum anzubieten. Die kommunalen Firmen, die nach dem neuen „Bericht zur Kooperationvereinbarung“ mit dem Senat im Jahr 2019 ihren Bestand um 5,2 Prozent auf rund 322.500 Wohnungen vergrößert haben, sollen künftig drei von vier neu gebauten Wohnungen an Empfänger von Sozialhilfe oder Haushalte mit geringen Einkünften vermieten.

Außerdem sollen sich Landesfirmen nach der zurzeit verhandelten Novelle zur „Kooperationsvereinbarung“ mit dem Senat dazu verpflichten, die Mieten aller seit dem Jahr 2017 fertig gestellten Wohnungen im Bestand auf maximal zwölf Euro je Quadratmeter zu deckeln. Bisher zahlen Mieter in guten Lagen für gut ausgestattete kommunale Wohnungen dieser Art bis zu 16 Euro.

Die geplante Verschärfung der Sozialpflichten sieht ferner vor, dass die sechs Landesfirmen die sozialen Regulierungen des Mietendeckels auch dann weiterhin anwenden, wenn das umstrittene Landesgesetz vom Bundesverfassungsgericht gekippt wird. Eine Klage ist bereits anhängig.

Die soziale Neuausrichtung der Firmen führte nach dem neuen Bericht im vergangenen Jahr dazu, dass bei Neubauvorhaben 41,7 Prozent aller errichteten Wohnungen sozial gefördert sind – im Jahr zuvor waren es noch 26,9 Prozent gewesen.

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Bei den Neuvertragsmieten einschließlich frei finanzierter Wohnungen forderten die Kommunalen 7,43 Euro je Quadratmeter und „liegen damit knapp 30 Prozent unterhalb der auf dem Markt üblichen Angebotsmieten“, schreibt die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Katrin Lompscher (Linke) im Vorwort zum Bericht.

Berlin verzichtet auf Fördermilliarden vom Bund

Doch die gesamtstädtische Ankurbelung des Sozialen Wohnungsbaus in der gesamten Immobilienwirtschaft misslingt dem Senat nach einem „Bericht der Bundesregierung“ zur „Wohnraumförderung 2019“. Demnach lässt das Land Berlin Milliarden an Bundesförderungen liegen: „Eine Abnahme des geförderten Mietwohnungsbaus ist vor allem in Berlin zu verzeichnen“.

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Statt 3373 Einheiten wie im Jahr 2018 habe der Senat nur 1778 Sozialwohnungen im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht. Damit zähle Berlin zu den wenigen Bundesländern, die die Gelegenheit versäumen, in die prall gefüllten Fördertöpfe des Bundes für den Bau günstiger Mietwohnungen zu greifen. Auf Drängen der Länder hatte der Bund die Förderung kürzlich noch um eine Milliarde Euro aufgestockt.

Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen erklärte eine Sprecherin den Rückgang mit der Änderung der Förderbedingungen des Landes: „Die Programmjahre 2019 und 2020 mit einem Gesamtvolumen von 8500 Förderwohnungen wurden zusammengelegt“. Dadurch profitierten alle Vorhabenträger von verbesserten Förderbedingungen.

Immerhin kommen die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen beim Neubau voran. Nach dem Bericht über die Kooperationsvereinbarung, der an diesem Mittwoch in Anwesenheit von Senatorin Lompscher vorgestellt wird, stieg die Anzahl der bezugsfertigen Neubauwohnungen von 3279 im Jahr 2018 um knapp 750 auf 4026 Wohnungen im Jahr 2019.

Angebot an kommunalen Wohnungen wächst

Das Angebot kommunaler Wohnungen stieg aber vor allem durch den Zukauf von Immobilien. 11.936 Wohnungen erwarben die sechs Unternehmen 2019.

Dazu zählt auch ein Kontingent von vor Jahren vom Senat privatisierter und nun zu einem Vielfachen des Preises zurückgekaufter Wohnungen der Deutschen Wohnen in Spandau, ferner zahlreiche Wohnhäuser in sozialen Erhaltungsgebieten, in denen die öffentliche Hand auf dem Wege des Vorkaufsrechts in Kaufverträge zwischen privaten Immobilienhändlern einsteigen können.

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An der Kooperationsvereinbarung zwischen dem Senat und seinen Unternehmen arbeitet die „Wohnraumversorgung Berlin“ mit, die soziale Belange im Blick hat und auch den aktuellen Bericht zur Geschäftstätigkeit der Firmen vorlegt. Der Vorstand der Wohnraumversorgung Berlin, Jan Kuhnert, wollte zu der verhandelten Vorschrift, wonach landeseigene Firmen drei von vier neu gebauten Wohnungen an Haushalte mit geringen Einkünften vergeben sollten, keine Stellung nehmen.

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Die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Katrin Schmidberger, verteidigte die Forderung: „Der Kreis der Personen, die eine geförderte Wohnung beziehen können, wurde noch einmal erweitert“. Die Berliner Grenzen lägen nun bei bis zu 180 Prozent der im Wohnraumfördergesetzes festgeschriebenen Einkommensobergrenzen (Einpersonen-Haushalt: 12.000 Euro jährlich), jedenfalls im neu eingeführten zweiten Förderweg (Neubaumiete: 8,50 Euro).

Das aktuelle Monitoring zur sozialen Entwicklung hatte eine verschärfte Spaltung der Stadt in gute Lagen im Zentrum und zunehmenden Problemen vor allem in Großsiedlungen der „Äußeren Stadt“ beobachtet. Der größte Berlin-Brandenburgischer Wohnungsverband BBU warnt davor, in den großen von der Stadt geplanten Neubaugebieten diese Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.

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