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Das Abgeordnetenhaus Berlin, Blick in den Sitzungssaal, Abgeordnetenhaus, Sitzungssaal, Senat von Berlin Foto: Kai-Uwe Heinrich

© Kai-Uwe Heinrich/Tsp

Neue Präsidentin wird gewählt: Berliner Abgeordnetenhaus kommt erstmals nach der Wahl zusammen

Eine Woche nach Beginn der Koalitionsverhandlungen tritt das Landesparlament am Donnerstag zum ersten Mal nach der Wahl zusammen. Dabei ist einiges anders.

Noch führen CDU und SPD Koalitionsverhandlungen über eine neue Landesregierung in Berlin. Aber so viel steht fest: Im Abgeordnetenhaus stellt die CDU künftig die stärkste Fraktion und hat damit auch das Vorschlagsrecht für das Amt des Parlamentspräsidenten. Die Christdemokraten haben Cornelia Seibeld nominiert. Die Abgeordnete aus Steglitz-Zehlendorf, die ihren Wahlkreis direkt gewonnen hat, soll am Donnerstag bei der ersten Plenarsitzung nach der Wiederholungswahl gewählt werden – als zweite Frau an der Spitze des Landesparlaments überhaupt.

Die erste war von 1991 bis 1995 Hanna-Renate Laurien, ebenfalls eine Christdemokratin. Seibeld, die bisher bereits Vizepräsidentin ist, löst den bisherigen Parlamentspräsidenten Dennis Buchner von der SPD ab, der seinerseits als Vizepräsident nominiert ist.

Erst als zweite Frau dieses Amt zu übernehmen, sei natürlich besonders, sagte Seibeld der Deutschen Presse-Agentur (DPA). „Es macht es auch besonders, die mittelbare Nachfolgerin von Hanna-Renate Laurien zu sein“, erläuterte die 48-Jährige: „Ich kann mich lebhaft an sie erinnern und auch daran, dass ich als Schülerin demonstrieren wollte, ich glaube, es ging um Lehrerarbeitszeiten.“ Laurien sei damals Berliner Schulsenatorin gewesen und habe die Demo als „Indianerspiele verwöhnter Wohlstandskinder“ bezeichnet. „Tatsächlich ist sie später ein Stück weit ein Vorbild geworden.“

„Was die Plenarsitzung angeht, sind wir schon familienfreundlicher geworden, weil wir anders als früher wenigstens eine feste Endzeit haben“, sagt Cornelia Seibeld.

© dpa/Jörg Carstensen

Seibeld sagte, vorausgesetzt, dass sie gewählt werde, nehme sie künftig gar nicht häufiger als bisher auf dem Präsidentenstuhl Platz. Die Leitung der Sitzungen werde paritätisch zwischen dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten aufgeteilt. „Aber es ändert sich vor allem ganz viel, was die Verwaltung des Abgeordnetenhauses angeht. Und es ändert sich auch die Anzahl der offiziellen Termine.“

Macht eine Frau im Präsidentenamt einen Unterschied? „Ich finde nicht, dass man sich vornimmt, es als Frau anders als Männer zu machen“, sagte Seibeld. „Ich glaube aber tatsächlich, dass Frauen sich häufig anders organisieren, anders strukturiert sind und vielleicht auch in mancher Hinsicht anders führen und anders kommunizieren“, erklärte die CDU-Politikerin. „Aber es ist nichts, das ich mir vorgenommen habe, um mich bewusst abzugrenzen.“

Luft nach oben sieht Seibeld bei der Frage, wie gut sich die Arbeit von Abgeordneten mit einem Familienleben vereinbaren lässt: „Was die Plenarsitzung angeht, sind wir schon familienfreundlicher geworden, weil wir anders als früher wenigstens eine feste Endzeit haben“, sagte sie. „Jetzt ist 22 Uhr noch nicht so richtig familienfreundlich, aber besser als open end.“ Das sei schon ein Anfang. „Ich bemühe mich schon mein ganzes politisches Leben darum, dass Termine ein festgelegtes Ende haben und nicht ins Irgendwann hinausgehen, sodass alle Beteiligten mehr Planbarkeit haben.“

Alterspräsident Wansner wird von den Jüngsten unterstützt

Die Aufgabe, die konstituierende Sitzung des Landesparlaments zu eröffnen und zunächst auch zu leiten, kommt dem ältesten Abgeordneten zu. Das ist Kurt Wansner (75) von der CDU. Dabei assistieren ihm die vier jüngsten Abgeordneten Klara Schedlich, June Tomiak, Laura Neugebauer und Louis Krüger, die alle der Grünen-Fraktion angehören. Schedlich ist mit 23 Jahren das jüngste Mitglied des Abgeordnetenhauses.

Alterspräsident Wansner, selbst seit 1995 im Landesparlament, kennt seine Aufgaben: Er hat sie auch bei der konstituierenden Sitzung nach der für ungültig erklärten Wahl im September 2021 übernommen. „Das ist natürlich etwas Besonderes, ein Parlament zu eröffnen“, sagte er.

159
Sitze hat das neue Berliner Landesparlament, zwölf mehr als nach der Wahl 2021.

Das gelte noch mehr nach der Wiederholungswahl. Es sei diesmal schon deshalb besonders, weil viele erst vor anderthalb Jahren gewählte Abgeordnete nicht mehr im Parlament vertreten seien. „Das sind Menschen, die sich darauf verlassen hatten, eine fünfjährige Wahlperiode zu machen“, sagte Wansner. Darauf wolle er in seiner Rede eingehen. Die Wiederholungswahl werde ein Thema sein, aber auch die aktuellen Probleme in Berlin, die ein neuer Senat angehen müsse.

Bei der konstituierenden Sitzung stellt der Alterspräsident die Beschlussfähigkeit des Abgeordnetenhauses fest. Nach dem Beschluss über die Geschäftsordnung geht es in die Wahlgänge. Seibeld wird geheim gewählt. Das gilt auch für ihre beiden Stellvertreter, für die weiteren Präsidiumsmitglieder gibt es eine offene Wahl.

Das Landesparlament ist etwas größer geworden: Nach der Wahl 2021 hatte es 147 Sitze, nun sind es durch Ausgleichs- und Überhangsmandate 159. Der Wahlsieger CDU hat 52, SPD und Grüne je 34 Sitze. Die Linke hat 22, die AfD 17. Die fünfjährige Legislaturperiode, die 2021 begonnen hat, läuft weiter bis 2026. Denn das Berliner Verfassungsgericht hatte die Wahl am 26. September 2021 wegen „schwerer systemischer Mängel“ und zahlreicher Wahlfehler eine Wiederholung angeordnet – die aber keine Neuwahl war.

Gesetze, die das bisherige Parlament beschlossen hat, behalten laut dem Verfassungsgerichtshof ihre Gültigkeit. Gesetzentwürfe, die vor der Wiederholungswahl eingebracht wurden, können vom neuen Landesparlament in zweiter Lesung verabschiedet werden. (dpa)

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