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Halt, Hilfe, Liebe – das können nicht alle Eltern geben.

© imago images/Westend61

Neue Ombudsstelle, mehr Geld: Berliner Senat will Rechte für Pflegefamilien stärken

In Berlin wachsen aktuell rund 2000 Kinder und Jugendliche bei Pflegeeltern oder -großeltern auf, der Bedarf ist ungebrochen groß. Diese Familien sollen nun gestärkt werden.

| Update:

Eltern zu sein, Verantwortung zu übernehmen – das ist manchen Eltern nicht möglich. Häufig wachsen ihre leiblichen Kinder dann in Pflegefamilien auf. Rund 2000 Babys, Kleinkinder, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Berlin leben aktuell bei Alleinerziehenden oder kinderlosen Paaren, Familien mit Kindern oder auch den Großeltern, die die Pflegschaft übernommen haben.

Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie will nach Informationen des Tagesspiegels nun die Pflegekinderhilfe stärken und die finanziellen Rahmenbedingungen für Pflegeeltern verbessern. Vor allem die Stärkung der Kinderrechte von Pflegekindern, auch von mittlerweile erwachsenen, sei ihm ein wichtiges Anliegen, sagt Aziz Bozkurt (SPD), Staatssekretär für Jugend, Familie und Schuldigitalisierung. Noch in diesem Jahr werde deshalb ein Interessensbekundungsverfahren zur Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle eingerichtet.

Laut der Senatsjugendverwaltung waren zum Stichtag 31. Dezember 2021 in Berlin 1753 Pflegestellen mit einem oder mehreren Pflegekindern belegt. Es sind Kinder verschiedener Nationalitäten, die von Pflegeeltern aufgenommen werden. So gibt es auch Pflegekinder, die als unbegleitete minderjährige Geflüchtete nach Berlin gekommen sind – für diese Jugendlichen ist der Bedarf nach Pflegeeltern, die auch nur für ein paar Jahre Halt und ein Zuhause geben möchten, in Berlin aktuell sehr groß. In Berlin werden immer Pflegeeltern gesucht

Berlin sucht aber seit Jahren immer nach geeigneten Pflegeeltern. Es gibt dann jeweils eine Sichtung, Überprüfung, Ausbildung und dann die Anbahnung, ob Kind und Eltern zueinander passen. Auch eine Pflegeelternschule wird angeboten. Beide Seiten, Eltern wie Kinder, haben bei den bezirklichen Pflegekinderdiensten sowie den Jugendämtern Ansprechpartner:innen. Immer steht dabei das Kindeswohl im Vordergrund, nicht das der Pflegeeltern.

Aziz Bozkurt betont nun, dass den Kindern, Jugendlichen und inzwischen Erwachsenen noch mehr Möglichkeiten gegeben werden sollten, sich mit ihren Anliegen an Stellen zu wenden, die außerhalb des bezirklichen Pflegefamiliennetzwerks liegen – zu dem oft auch ehrenamtliche Vormünder gehören.

„Vor allem im Hinblick auf die kommende Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse im Fall Kentler ist es ein wichtiges Signal an Pflegekinder, eine neutrale Stelle zur Klärung von Konflikten zu schaffen, an die sich Kinder und Jugendliche aus Pflegestellen wenden können“, sagt Bozkurt. Sie werde die Berliner Beratungs- und Ombudsstelle Jugendhilfe ergänzen, die sich allerdings vorwiegend an Fachkräfte und Eltern wendet. „Für Kinder ist eine eigene Anlaufstelle neu, wichtig dabei ist auch, dass diese auch über neue, digitale Kommunikationswege erreichbar sein wird.“

Nähe tut gut.
Nähe tut gut.

© IMAGO/Westend61

Bei dem Berliner „Kentler-Experiment“ ließ der Psychologe, Sexualwissenschaftler und Professor für Sozialpädagogik an der Universität Hannover Helmut Kentler (1928-2008) Kinder und Jugendliche von Jugendämtern gezielt an Pädosexuelle vermitteln. Betroffene ehemalige Pflegekinder leiden bis heute unter den Traumatisierungen. Der Schutz von Kindern auch vor sexuellem Missbrauch spielt auch bei der aktuellen Überprüfung von Pflegeeltern eine große Rolle.

Das Interessensbekundungsverfahren zur Errichtung der Ombudsstelle werde in Kürze veröffentlicht. Interessierte freie Träger könnten sich dann auf die Trägerschaft der Ombudsstelle bewerben, wo dann beispielweise Psycholog:innen und Sozialarbeiter:innen ansprechbar sein sein. Die Auftragsvergabe sei zügig für dieses Jahr geplant, damit die Ombudsstelle idealerweise schon ab Januar 2023 starten könne, teilte die für die Jugendhilfe zuständige Sprecherin der Senatsjugendverwaltung Susanne Gonswa weiter mit.

Staatssekretär Bozkurt folge den Umsetzungsempfehlungen der Studie zur Untersuchung der Pflegekinderstrukturen in den Berliner Jugendämtern, heißt es bei der Senatsverwaltung weiter. Ein wichtiges Anliegen sei Bozkurt zudem die Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen für Pflegeeltern, denn die Erhöhung des Lebensunterhalts spiele bei der Stärkung der Pflegefamilien eine wichtige Rolle.  Aktuell zahlen zudem auch in der Region nicht alle Jugendämter gleich viel: Pflegeeltern in Brandenburg erhalten weit weniger Unterstützung als Pflegeeltern in Berlin.

Unterdessen lädt die CDU-Fraktion an diesem Dienstag, 18.10., zu der Veranstaltung „Pflegefamilien in Berlin besser unterstützen“ ein. Bei der Podiumsdebatte diskutieren ab 18 Uhr in der Alten Turnhalle Berlin zahlreiche Expert:innen der Kinder- und Jugendhilfe und des Pflegekinderwesens, auch mit Pflegeeltern, über die Hilfen in Berlin und wie sie noch verbessert werden können. (Anmeldung erbeten, E-Mail an familie@cdu-fraktion.berlin.de).

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