zum Hauptinhalt
Glitzernd schön. Die neue Motown-Show im Theater am Ku'damm.

© promo

Neue Motown-Show: Nur der Groove zählt

Ein neues Stück im Theater am Kurfürstendamm zeigt die Geschichte des Motown. Dabei geht es weniger um die Story als um die Hits der legendären Plattenfirma aus Detroit.

Die eine Stimme krächzt, die andere singt schief. Irgendwie sitzt der Text von Stevie Wonder nicht, die Töne laufen durcheinander. Und überhaupt ist ja erst die Hälfte der Sänger anwesend. Judy (Lana Gordon) trippelt ungeduldig vor sich hin. Dann kommt endlich Zack (Alvin Le-Bass) hereingelaufen, schwingt lässig seinen Schal über die Schulter. Es kann losgehen.

Auf der Bühne des Theaters am Kurfürstendamm sind die Proben in vollem Gange – in doppeltem Sinne. Nach der Uraufführung in Essen kommt „Motown – Die Legende“ ab Sonnabend bis zum 9. Februar nach Berlin. Und auch in der Handlung wird erst noch kräftig geprobt für die Show, um die es im zweiten Akt des Stücks geht. Es ist kein klassisches Musical, eher eine musikalische Begegnung, eine Hommage an die Songs und Sänger des Plattenlabels Motown, das der Produzent und Komponist Berry Gordy vor gut 50 Jahren in Detroit gegründet hat. In den USA der 1960er Jahre kämpfte Martin Luther King noch gegen die Diskriminierung der Afroamerikaner. Da gründete Gordy das Label Motown, das ausschließlich schwarze Künstler produzieren sollte. Mit knappen 800 Dollar startete er die Produktion, richtete in der Garage seines Einfamilienhauses ein Tonstudio ein. Die Jackson Five nahm er als eine der ersten Bands unter Vertrag.

Der Rest ist Geschichte. Der unverwechselbare Stil, eine markante Mischung aus R’n’B, Soul und Pop, begeistert viele Menschen noch heute. It’s the Groove that counts, sagte Gordy, nicht die politische Botschaft war ihm wichtig, der Groove zählt! Sein Ziel war es, die Zuhörer innerhalb von Sekunden zu fesseln.

Und das ist auch das Ziel von Andrew Hunt, dem Regisseur der Show. „Bei dem Stück ging es mir vor allem um die Musik“, sagt der US-Amerikaner, der mit Motown aufgewachsen ist. Diana Ross, die Supremes, diese Musik hat ihn bis heute nicht losgelassen. Als Darsteller war Hunt mit Jesus Christ Superstar und West Side Story auf USA- und Europatournee, stand in „Cats“ auf der Bühne. Als Choreograf ging er dann für „Miss Saigon“ nach Stuttgart und choreografierte zum Beispiel den „Tanz der Vampire“. Für „Motown – die Legende“ hat Hunt nun erstmals auch Regie geführt.

Schnell wird klar, dass ihm die Geschichte selbst, die Entwicklung der Figuren, dabei nicht so wichtig ist. Wie einst Gordy will er das Publikum mit der Energie der Songs gefangen nehmen. Vor allem haben ihn die Lieder offenbar selbst gefangen genommen: Hunt hört gar nicht mehr auf zu schwärmen von seinem Stück. Klein und zierlich ist er, wie ein Balletttänzer hält er den Rücken durchgestreckt, die Schultern akkurat nach hinten gedrückt.

Mit einem kahlen Bühnenbild versucht er die Tristesse der ersten Produktionsjahre in der Garage einzufangen. Die Proben finden zwischen grau betonierten Wänden und Stahlträgern statt. Keyboard, Schlagzeug und Verstärker stehen in den Ecken, die Band und fünf Sänger bereiten sich auf eine große Gala-Show vor. Neben der Musik geben die Sänger auch Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Labels und erzählen Anekdoten über Gordys Leben. Gleichzeitig wird die Liebesgeschichte von Zack und Linda angedeutet.

Dann sind die Proben vorbei, die Garage wird abgerissen. Der zweite Akt tauscht die Industrie-Tristesse gegen Showtreppe und Disco-Kugel. Fliege, Smoking und Lackschuhe für die Herren, Glitzerkleider und High-Heels für die Damen: It’s Showtime. Die Proben haben sich gelohnt: Ein Superhit nach dem anderen bringt die Zuschauer zum Mitwippen. Songs wie „Superstition“, „My Guy“, „War“ und „Ain’t No Mountain High Enough“ werden einwandfrei – ohne die inszenierte musikalische Schräglage des ersten Aktes – auf der Bühne performt. Die Motown-Songs werden wieder so lebendig wie vor 50 Jahren. Nur eine Kleinigkeit ist auf der Strecke geblieben: Die sich anbahnende Liebesgeschichte zwischen Zack und Linda ist irgendwo zwischen „Stop! In The Name Of Love“ und „Please, Mr. Postman“ verloren gegangen.

In dieser Show zählt eben auch der Groove, nicht die Story.

„Motown – Die Legende“, Theater am Kurfürstendamm, vom 4. Januar bis 9. Februar Di-Sa 20 Uhr, So 18 Uhr. Karten ab 13 Euro. Mehr Infos unter: www.komoedie-berlin.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false