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Der Senat will die Bürgerbeteiligung bei der Stadtentwicklung in Berlin fördern.

© Christian Charisius/dpa

Neue "Leitlinien" zur öffentlichen Beteiligung: Kinder sollen in Berlin bei Bauplänen mitmischen dürfen

Die Leitlinien für Bürgerbeteiligung an der räumlichen Stadtentwicklung des Senats sehen maximale Transparenz vor und wollen alle Gruppen miteinbeziehen.

Kinder und Jugendliche, „benachteiligte Menschen“, Berliner, die sich bisher nicht interessierten – sie alle sollen künftig bei der Entwicklung der Stadt mitreden. Dazu schlägt eine vom Senat initiierte Arbeitsgruppe die Bestellung von „Mentoren“ vor sowie feste Öffnungszeiten bei den für Bauplanungen Zuständigen, damit jeder seine „Vorschläge und Positionen einbringen“ kann. So sehen es die neuen „Leitlinien für Bürgerbeteiligung an der räumlichen Stadtentwicklung“ vor, die nun den Verbänden vorgestellt werden. Das Ziel ist maximale „Transparenz“ bei Bauvorhaben und allen anderen Eingriffen in die Stadt: ob Brachen, Grünflächen, Radwege und Straßen. Dazu sollen die jeweiligen „Interessen“, von Bauträgern, Anwohnern, Initiativen offengelegt werden. Außerdem soll es eine staatliche „Garantie“ für die „Ergebnisoffenheit“ bei den Verfahren geben – allerdings im Rahmen von feststehenden „Entscheidungsspielräumen“.

Weil diese neue Mitbestimmung vor allem die Bebauung von Lücken und Erweiterungsflächen Berlins betrifft, dürfte das wohl heißen: Die Grundsatzentscheidung für oder gegen Baupläne steht fest, nicht aber wie dicht und wie hoch die neuen Häuser werden, wer sie mieten oder kaufen kann, wie sie genutzt werden und was der Nachbarschaft dafür geboten wird, dass Freiräume zugebaut werden: etwa die Anlage eines Parks, ein Lokal für den Kiezladen, Geschäfte, die es bisher nicht gab oder andere „Kompensationsmaßnahmen“.

Jede soziale und gesellschaftliche Gruppe soll zum Mitreden animiert werden

Das entspricht der Linie, die Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) im Kompromiss zum Streit über das geplante Hochhaus der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Mitte vermittelt hatte.

Kurzum, der Senat plant mehr Beteiligung, früher, umfassender, jede soziale und gesellschaftliche Gruppe soll zum Mitreden animiert werden: Die Leitlinien nennen „Wirtschaft, Vereine, Initiativen“. Der Beschluss über die entsprechende Beteiligung sollen Vertreter im Abgeordnetenhaus oder den Bezirksverordnetenversammlungen treffen zusammen mit den Verwaltungen. „Es muss für die Bürgerinnen und Bürger genügend Zeit bestehen, sich sachkundig zu machen“, heißt es in dem Papier. Hierzu müsse eine „unabhängige fachliche Beratung zur Beantwortung von Fragen zur Verfügung stehen“ - gleichsam um Kungeleien zwischen Ämtern und politisch gedeckten Investoren vorzubeugen.

„Die Informationen sollen für die Bevölkerung verständlich, zielgruppenbezogen und gut zugänglich über eine zentrale Online-Plattform und auf herkömmlichen Kommunikationswegen (zum Beispiel Öffentlichkeitsarbeit in Radio, Fernsehen, Zeitungen, Flyern) kontinuierlich bereitgestellt werden“. Weil das alles kostet, soll ein Budget „bei Projekten der räumlichen Stadtentwicklung im Landeshaushalt“ eingeplant werden. Damit sollen „eine Anlaufstelle, Fachberaterinnen und Fachberater und der Beteiligungsprozess mit vielfältigen Beteiligungsmethoden und neutraler Begleitung finanziert werden“.

Bewertung in fünfjährigen Abständen

Dass der Senat es ernst meint mit der Partizipation, zeigt auch der Abschnitt 12 des Papiers, wonach nun die Schaffung eines „begleitenden Arbeitsgremiums zur Umsetzung der Leitlinien“ geplant ist und regelmäßige „Beteiligungskonferenzen“. Zudem solle die Umsetzung der Leitlinien in fünfjährigen Abständen bewertet werden.

Jörg Nolte, Geschäftsführer Wirtschaft und Politik bei der Industrie- und Handelskammer, nannte den Entwurf „einen guten Rahmen für verlässliche Regeln der informellen Partizipation“. Bürgerbeteiligung ersetze aber nicht die Pflicht zu „verantwortungsvollen Entscheidungen durch demokratisch legitimierte politische Institutionen.“ Partizipation müsse sich auf die Art beziehen, wie eine Planung umgesetzt wird, und dürfe diese nicht grundsätzlich infrage stellen. „Bebauungsplanverfahren durchlaufen ein gesetzliches Beteiligungsverfahren und sollten daher ab dem Aufstellungsbeschluss nicht mehr Gegenstand von Volks- und Bürgerbegehren sein“.

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