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Um die Neuplanung des Jahn-Sportparks wird weiter gerungen.

© imago images / Schöning

Neubau des Jahn-Sportparks: Kampf um die Arena

Koalitionsabgeordnete und Bezirk fordern eine Neuplanung des Jahn-Sportparks in Prenzlauer Berg. Auch Anwohnerinitiativen kritisieren die aktuelle Planung.

Von Christian Hönicke

Es gibt Zoff um das Jahn-Stadion. Pankow begehrt gegen den vom Senat geplanten Neubau auf – das Bezirksamt fordert sogar eine komplette Neuplanung. Auch Anwohnerinitiativen kritisieren die Unverträglichkeit der geplanten Arena für die angrenzenden Viertel. Sie sehen durch den Bau auch den berühmten Hang im angrenzenden Mauerpark inklusive der Original-Mauer und des Karaoke-Amphitheaters gefährdet.

Knapp 135 Millionen Euro soll das neue Stadion im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark in Prenzlauer Berg kosten. Die Betriebserlaubnis der alten Arena wurde gerade noch einmal bis zum 30. Juni 2020 verlängert. Danach soll sie abgerissen werden, ab 2022 soll dann der Neubau entstehen.

Doch das Bezirksamt tritt auf die Bremse. Durch das neue Stadion seien „enorme Auswirkungen“ auf das Umfeld zu befürchten, sagt Pankows Baustadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) auf Anfrage. „Wir brauchen für dieses komplexe Vorhaben mit Schnittstellen zum Mauerpark einen integrierten Bebauungsplan inklusive Mobilitätskonzept und Verkehrsgutachten.“

Das forderte der Bezirk laut Kuhn auch Anfang des Jahres in einem großen Planungstreffen. Dabei waren die Senatsverwaltung für Inneres und Sport als Eigentümerin des Sportparks und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, zuständig für den Neubau. Letztere sah einen Gesamtbebauungsplan laut Kuhn ebenfalls als notwendig an. „Doch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport steht offenbar jetzt so unter Zeitdruck, dass sie die fachliche Meinung der Stadtentwicklungsverwaltung dazu nicht teilt“, sagt Kuhn.

Den Planern geht die Zeit aus

Der Hintergrund: Im neuen Stadion sollen bei den Special Olympics 2023 für geistig behinderte Sportler die Leichtathletikwettbewerbe stattfinden. Das wird äußerst knapp, deswegen drückt die Sportverwaltung massiv aufs Tempo. Sie verringerte etwa die angedachte Stadiongröße wieder von 30.000 auf 20.000 – um den Stadionneubau als einfachen „Ersatzbau“ einstufen zu können, da das alte Stadion ebenfalls diese Kapazität hat.

Mit diesem Trick will man sich den Aufwand für ein Bebauungsplanverfahren samt Verkehrsgutachten sparen, was Jahre dauern würde. Sportstaatssekretär Aleksander Dzembritzki hält solche Gutachten nicht für notwendig. Auf eine Anfrage des Linken-Politikers Michail Nelken hin erklärte er, ein Bebauungsplanverfahren samt Bürgerbeteiligung soll es zwar für das Restareal des Sportparks geben – nicht jedoch für das Stadion: „Städtebaulich wird eingeschätzt, dass es keine Konflikte geben kann, da die bestehenden Parameter des Stadions auch beim Neubau grundsätzlich eingehalten werden.“

Das sieht man in Pankow ganz anders. Neben dem Bezirksamt fordern auch Nelken, nebenbei 2. Vorsitzender des Vereins „Gleimviertel“, und Alexander Puell von den „Freunden des Mauerparks“ einen ordentlichen Bebauungsplan – und zwar für das Gesamtgebiet. Nelken kritisiert, dass der Stadionbau aus dem Gesamtvorhaben Jahn-Sportpark herausgelöst und singulär geplant wird – der ganze Sportpark soll zum „Inklusionssportpark“ werden. Auch die Umgestaltung des Mauerparks, der am Wochenende bis zu 40.000 Besucher anlockt, sei dabei komplett außen vor gelassen worden, so Nelken: „Das sind alles Großveranstaltungsorte, da braucht man ein integriertes Bebauungsplanverfahren. Wenn man so große Projekte mitten in der Stadt angeht, muss man sie zusammendenken.“

Für das Stadion sei sowieso noch nie ein richtiges Planverfahren durchgeführt worden, auch zu DDR-Zeiten nicht. „Und das neue Stadion hat noch einmal eine ganz neue Qualität“, sagt Nelken. Das sieht auch Puell vom Verein „Freunde des Mauerparks“ so: „In der Praxis wird aus einem beinahe ungenutzten Stadion in Innenstadtlage plötzlich ein Veranstaltungsort, der regelmäßig 20.000 Besucher anzieht.“ Das Label „Inklusion“ werde dabei nur „als Deckmäntelchen für eine Kommerzialisierung“ genutzt: „Das Stadion würde vermutlich wie die Schmelinghalle gewinnorientiert durch Velomax betrieben.“ Befürchtet werden regelmäßige Großevents: „Gerade in dieser dichten Innenstadtlage wird das die Situation dramatisch verändern.“

Forderung nach belastbarem Verkehrskonzept

Ein belastbares Verkehrskonzept sei daher dringend notwendig. „Darauf hat man schon bei der Schmelinghalle verzichtet“, kritisiert Nelken. Die Folge sei ständiges Verkehrschaos in der Umgebung bei Veranstaltungen. Auch Puell kennt das als Anwohner: „Kein Rein- oder Rauskommen mehr ins Viertel, ein mit Besucherautos vollgestellter Kiez.“

Das werde künftig noch schlimmer werden, glaubt auch Nelken. Zumal die Arena, in der derzeit der Regionalligist BFC Dynamo vor wenigen Fans spielt, künftig sogar zweitligafußballtauglich sein soll. „Aber bei Profifußballspielen müssen Fangruppen getrennt werden können, dafür braucht man ein Wegekonzept für das gesamte Gebiet.“

Pläne zu Stadion und Mauerpark passen nicht zusammen

Ein weiterer Streitpunkt: Die Stadionpläne des Senats kollidieren mit den Plänen zur Umgestaltung des Mauerparks. Die hat das Bezirksamt Pankow in Auftrag gegeben, und sie betreffen auch die Topsstraße südlich und die Gaudystraße nördlich des Sportparks. An der Topsstraße sollen nach dem Willen des Bezirks die Autoparkplätze verschwinden und stattdessen Radstellplätze errichtet werden. Die Sportverwaltung hält dagegen wegen des Stadions ein Autoparkhaus für notwendig. Es soll an der Tram-Wendeschleife Eberswalder Straße entstehen. Auch dagegen sperrt sich der Bezirk, dem die Fläche zu Teilen gehört. „Wir wollen, dass dort unter anderem der neue Knaack-Club gebaut wird“, sagt Kuhn.

Kritik kommt auch vom SPD-Abgeordneten und -Sportexperten Dennis Buchner: „Es gibt wegen des Stadions auch Zoff zwischen dem Parlament und der Sportverwaltung.“ Der Neubau sei in der Machbarkeitsstudie von 2014 vorgesehen gewesen. Seither hätten sich die Voraussetzungen aber komplett geändert. „Für den Breitensport in Pankow und dem Leistungssport ist wesentlich bedeutender, dass die Sporthallen auf dem Gelände entstehen.“

Es sei komplett ausreichend, die marode Haupttribüne des Stadions zu erneuern, so Buchner. Nach der Entscheidung für die Laufbahn im Olympiastadion spreche auch nichts mehr für einen kompletten Neubau. „Doch die Verwaltung blockt jeden Versuch, den Masterplan von 2014 zu verändern, mit Händen und Füßen ab.“ Nach Buchners Eindruck wird zudem „nur noch pro forma am Ziel Special Olympics festgehalten. Jeder weiß, dass das nicht zu schaffen ist“.

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