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Volker Kähne als Chef der Berliner Senatskanzlei im Jahr 2001 an seinem Schreibtisch im Roten Rathaus.

© dpa/lbn

Nachruf auf Volker Kähne: Ein Konservativer, dem alles Enge fremd war

Der ehemalige Staatssekretär und Chef der Senatskanzlei unter Eberhard Diepgen, Volker Kähne, ist im Alter von 78 Jahren gestorben.

Eines wollte Volker Kähne nie: im Mittelpunkt stehen. Öffentliche Auftritte waren ihm unangenehm. Nicht etwa, weil er eine Scheu vor Menschen hatte. Wer ein Jahrzehnt lang, von 1978 bis 1988,  als Staatsanwalt und Oberstaatswalt plädieren muss, kennt keine Berührungsängste.

Und auch der Planungsstab im Bundesverteidigungsministerium unter Rupert Scholz von 1988 bis 1991 war nie ein Hort der Introvertiertheit, sondern stets der Platz für kühles Argumentieren, abwägen und zuhören. Aber der Jurist Volker Kähne sah sich stets in einer dienenden Funktion. Mit der vertrug es sich nicht, ins Scheinwerferlicht zu treten.

Und dennoch wusste im Berlin des ausgehenden 20. Jahrhunderts jeder, wer der Mann war, der dem Regierenden Bürgermeister nicht nur den Rücken frei hielt, sondern stets Problemlösungen parat hatte, wenn die Politik denn bereit war, sich in den Leitlinien des gesunden Menschenverstandes  zu bewegen. Kähne war von 1991 bis 2001 Staatsekretär in Berlin und Chef der Senatskanzlei unter Eberhard Diepgen.

Ein Konservativer, dem alles Enge fremd war. Nie Mitglied der CDU, und doch christdemokratisch geprägt. In dieser Zeitung ist er einmal als „Frühwarnsystem“ an der Seite des Regierenden Bürgermeisters charakterisiert worden. Ein Sensorium zu haben für drohende Gefahren war überaus wichtig in dieser schwierigen Phase der bundesdeutschen Politik nach der Wiedervereinigung.

Er verhandelte über die Länderfusion mit Brandenburg

Eine Phase, in der sich die beharrenden Kräfte im Rheinland mit allen legalen Mitteln und mit manchmal unfairen Methoden gegen die Machtverlagerung von Bonn nach Berlin sträubten. Es waren die Jahre, in denen der rabiat schnelle Abbau der seit Jahrzehnten gewährten Subventionen und der  gleichzeitige Zusammenbruch der nicht mehr wettbewerbsfähigen Industrie im Ostteil der Stadt das ganze Berlin und die regierende CDU vor massive Probleme stellten.

Die Fusion mit Brandenburg, ein erster Beitrag zur Neugliederung des Bundesgebietes, sollte eine weitere, innerdeutsche Wende diesmal auf regionaler Ebene bringen, und die Hoffnung auf eine Konsolidierung der prekären finanziellen Verhältnisse. Volker Kähne handelt die Verträge für die Länderfusion mit seinem brandenburgischen Kollegen Jürgen Linde aus, der in der Potsdamer Staatskanzlei die gleiche Brückenfunktion hatte wie er, Kähne, in Berlin. Aber der Plan scheiterte bei der Volksabstimmung am 5. Mai 1996 am Widerstand der Brandenburger. Die Berliner hatten das Projekt mehrheitlich getragen.

Ein Großflughafen in Sperenberg?

Obwohl der Zusammenhang immer wieder dementiert wird, war damit auch ein anderes großes Projekt vor die Wand gefahren, an dem Volker Kähne und Jürgen Linde gemeinsam gearbeitet hatten. Die Idee, den neuen Berliner Großflughafen in Sperenberg, weit vor den Toren der Hauptstadt, zu realisieren, war damit vom Tisch.

Ein Flughafen, der so viele Arbeitsplätze von Berlin weg nach Brandenburg verlagern würde, das war im christdemokratisch regierten Berlin so wenig gewünscht wie in der ebenfalls von der CDU beherrschten Bundespolitik der ausgehenden Ära Kohl. Im Trio der Flughafengesellschafter Berlin, Brandenburg und Bund besiegte damit im Abstimmungsverhalten Schwarz-Rot mit zwei zu eins.

Dass die auf die Lufthansa eingeschworene Bundespolitik überhaupt kein Interesse daran hatte, neben den beiden Luftverkehr-Drehkreuzen Frankfurt und München einen dritten Konkurrenten im Raum Berlin zu etablieren, steht auf einem anderen Papier.

Er kümmerte sich um Sponsoren für die Staatsbibliothek

Beide, Kähne und Linde, haben auf diese Phase der Berliner und brandenburgischen Politik ohne Zorn zurückgeblickt und konnten gemeinsam kühl die Gründe der jeweiligen Brüche analysieren. Als Klaus Wowereit im Jahre 2001 Eberhard Diepgen als Regierenden Bürgermeister ablöste, schied auch Volker Kähne aus dem Amt.

Fortan kümmerte er sich ehrenamtlich um Sponsoren für die Staatsbibliothek und im Vorstand der Freunde und Förderer der Villa Aurora, jenes Hauses in der Nähe von Los Angeles, in dem der emigrierte deutsche Schriftseller Lion Feuchtwanger bis zu seinem Tod 1958 lebte. Jetzt ist er im Alter von 78 Jahren gestorben. Freunde charakterisierten ihn in einer Traueranzeige in dieser Zeitung treffend als „menschlich, humorvoll, integer, bescheiden – und die Gelassenheit selbst“.

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