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Mobile Wache der Polizei im Görlitzer Park

© imago/Emmanuele Contini

Update

Nach Vergewaltigung durch Dealer in Berlin: Kommt jetzt die Videoüberwachung für den Görlitzer Park?

Eine Schließung des Parks in der Nacht, mehr Licht, Sicherheitsdienste: Politik und Polizei suchen Wege, damit es im Görlitzer Park sicherer wird. Ein Politiker fordert eine „Görli-Wache“.

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Eine feste Polizeiwache, nächtliche Schließungen oder gar eine Videoüberwachung? Nach Bekanntwerden einer mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung im Görlitzer Park ist eine politische Debatte über mehr Sicherheit an dem kriminalitätsbelasteten Ort entbrannt.

Der Innenexperte der CDU im Abgeordnetenhaus, Burkard Dregger, drängt auf eine Videoüberwachung im Görlitzer Park. „Es wird jetzt endlich Zeit, dass wir politisch neue Wege in Berlin gehen. Das hat die Koalition aus CDU und SPD auch verabredet“, sagte Dregger der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben im Koalitionsvertrag festgehalten, dass an den sogenannten kriminalitätsbelasteten Orten Videoaufklärung eingeführt werden darf. Der Görlitzer Park gehört dazu“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion. „Es wird zu einer völligen Veränderung des Parks führen.“

Dregger zufolge ist eine entsprechende gesetzliche Regelung bereits in Arbeit. „Das ist keine Petitesse, aber wir arbeiten dran. Ich glaube, die notwendigen Beratungen werden ein bisschen dauern.“ Seit Jahren werde in Berlin darüber diskutiert. „Und zum ersten Mal hat eine politische Mehrheit sich gebildet, die sich im Koalitionsvertrag tatsächlich dafür ausgesprochen hat“, sagte der CDU-Politiker.

„Ich bin ganz optimistisch, dass wir endlich zu einer Veränderung in Richtung Vernunft kommen“, sagte Dregger. „Es ist eine historische Chance für Berlin, endlich das tun zu können, was in anderen Bundesländern längst eine Selbstverständlichkeit ist.“

Koalitionsvertrag sieht anlassbezogene Videoüberwachung vor

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag heißt es zum Thema Videoüberwachung; „Die Koalition führt anlassbezogen den Videoschutz an kriminalitätsbelasteten Orten ein, um die Bürgerinnen und Bürger besser zu schützen.“ Über eine dauerhafte Videoüberwachung ist damit noch nichts gesagt.

Bislang ist der Einsatz mobiler Videotechnik nach dem Berliner Sicherheitsgesetz nicht erlaubt. Dabei hat die Polizei einen mobilen Wagen zur Videoüberwachung. Doch der wird offenbar nur zur Abschreckung eingesetzt, wie aus einer Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Niklas Schrader und Ferat Kocak von Mitte Juli hervorgeht.

Achtmal stellte die Polizei demnach im ersten Halbjahr ihren Videoanhänger für mehrere Stunden im Kiez auf, davon einmal, am 11. April, auch direkt im Görlitzer Park. Allerdings teilt die Innenverwaltung dazu mit: „Bei den Einsätzen wurde keine Aufzeichnung gestartet und es wurden keine Örtlichkeiten ausgeleuchtet. Das bloße Bereithalten der mobilen Videotechnik bedarf keiner Rechtsgrundlage.“

Innensenatorin will Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft verbessern

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hatte am Donnerstag in ihrer Reaktion auf die Gewalttat eine Videoüberwachung nicht explizit erwähnt. „Sichere Parks müssen in Berlin eine Selbstverständlichkeit sein. Noch ist es aber nicht so. Jede Straftat ist eine zu viel“, sagte sie. Im Koalitionsvertrag habe sich Schwarz-Rot darauf verständigt, die Polizeiarbeit an kriminalitätsbelasteten Orten zu verbessern. „Und mit der diesjährigen Eröffnung der ‚Kotti-Wache‘ setzen wir dieses Vorhaben um.“

Iris Spranger (SPD) war schon unter Rot-Grün-Rot Innensenatorin ist es auch in der neuen Koalition geblieben.
Iris Spranger (SPD) war schon unter Rot-Grün-Rot Innensenatorin ist es auch in der neuen Koalition geblieben.

© picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Die Einsatzkräfte seien seitdem dichter am Geschehen und könnten in unmittelbarer Nähe eines Kriminalitätsschwerpunkts Identitätsfeststellungen durchführen, sagte Spranger weiter. „Das spart Zeit und Ressourcen“.

Als Nächstes solle laut der Innensenatorin die Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft weiter verbessert werden – zum Beispiel durch sogenannte Staatsanwälte vor Ort. Diese Staatsanwälte bearbeiteten Strafverfahren gegen Tätergruppen an kriminalitätsbelasteten Orten zentral und prioritär, sagte Spranger.

Gewerkschaft der Polizei für städtebauliche Kriminalprävention

Der Kreuzberger CDU-Abgeordnete Timur Husein fordert eine dauerhafte Polizeistation. „Wir brauchen eine Görli-Wache, sonst kann man den Sumpf dort nicht trockenlegen“, sagte Husein am Donnerstag. Zudem müsse das Bezirksamt den Park nachts schließen. „Anders geht es nicht. Der Park ist verloren, braucht Ruhe, Sicherheit und Ordnung“, sagte Husein.

Gollaleh Ahmadi, Sprecherin für Sicherheitspolitik der Grüne-Fraktion, forderte vom Senat „kurzfristige Maßnahmen für die Sicherheit im öffentlichen Raum auch für Frauen“. Stephan Weh, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sagte, mit städtebaulicher Kriminalprävention wie mehr Licht könne die Lage verbessert werden. „Hier ist der Bezirk in der Verantwortung“, sagt Weh. Der Bezirk sollte auch über Sicherheitsdienste nachdenken.

Im Juni soll eine Dealer-Gruppe ein Paar im Park überfallen, ausgeraubt und danach die Frau vor den Augen ihres Begleiters vergewaltigt haben. Ein 22 Jahre alter Tatverdächtiger wurde am Mittwoch festgenommen und sitzt inzwischen in Untersuchungshaft.

Im ersten Halbjahr 2023 registrierte die Polizei im „kriminalitätsbelasteten Ort“ Görlitzer Park/Wrangelkiez acht Fälle, die als Vergewaltigung, sexuelle Nötigung oder sexueller Übergriff eingestuft sind. Fünf Fälle davon trugen sich im Juni zu. Im ersten Halbjahr 2022 waren es sechs, 2021 insgesamt 18, der höchste Stand seit 2016.

Als „weitere Sexualdelikte“ wurden 13 Fälle im ersten Halbjahr 2023 erfasst, davon sechs im Juni. Im ersten Halbjahr 2022 waren es acht solcher Straftaten, 2021 ingesamt 16. Der Höchststand war im Jahr 2019 mit 19 Fällen.

Das Gebiet Görlitzer Park und Wrangelkiez ist einer von sieben sogenannten kriminalitätsbelasteten Orten. Dort hat die Polizei besondere Befugnisse. So kann sie beispielsweise verdachtsunabhängig kontrollieren. Besonders häufig im Görlitzer Park sind Drogendelikte, Diebstahl, Betrug, Gewaltdelikte, Bedrohung und Raub. Die Dealer sind überwiegend Afrikaner, viele haben keinen Aufenthaltstitel. Seit Jahren steigt die Zahl der Verstöße gegen das Aufenthalts- und Asylgesetz.

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