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Beim Radweg auf der Oberbaumbrücke wird erneut nachgebessert.

© Doris Spiekermann-Klaas

Exklusiv

Nach heftiger Kritik am Radweg: Oberbaumbrücke wird erneut umgebaut

Die Oberbaumbrücke über die Spree bekommt nun einen geschützten Radweg. Auch die Breite der Spuren soll „überprüft und gegebenenfalls angepasst“ werden.

Nach massiver Kritik an der neuen Fahrbahnmarkierung der Oberbaumbrücke will die Verkehrsverwaltung nacharbeiten. Zurzeit würden noch „weitere Elemente zur Verkehrsführung und -sicherung installiert“, teilte die Verwaltung auf Tagesspiegel-Anfrage mit. Zudem werde die Installation „geeigneter Protektionselemente“ geprüft. Um die denkmalgeschützte Brücke nicht mit einem Wald aus Pollern zu verschandeln, gelten sogenannte Anfahrschwellen als Option.

Auch die Breite von Rad- und Kraftfahrzeugspuren soll „überprüft und gegebenenfalls angepasst“ werden. Damit kommt die grün geführte Verwaltung einer möglichen Blamage vor Gericht zuvor. Jens Blume, im Hauptberuf Ingenieur für technischen Umweltschutz und in seiner Freizeit im Verein Changing Cities (der den Fahrrad-Volksentscheid organisiert hat) aktiv, hat vor wenigen Tagen formellen Widerspruch gegen die neue Verkehrsführung eingelegt, weil sie in mehreren Punkten gegen das seit 2018 geltende Mobilitätsgesetz verstoße: zu schmal zum sicheren Überholen anderer Radfahrer, nicht gegen illegales Befahren durch Autos geschützt, nicht unter der Maxime der Unfallvermeidung angelegt und außerdem wegen der überbreiten Autofahrspuren nicht passend zum postulierten Vorrang des sogenannten Umweltverbundes.

Wie berichtet, sind die bisher zwei reguläre Richtungsfahrbahnen für den Autoverkehr zu je einer überbreiten Spur – laut Verwaltung 4,45 Meter – geschrumpft worden. Außen befinden sich, durch doppelte Linien getrennt, die Radfahrstreifen, die laut Verwaltung zwei Meter breit sind, netto aber nur etwa 1,85 inklusive der unangenehm zu befahrenden Gullydeckel. Außerdem werden die Streifen auch hier von vielen Autofahrern illegal mitbenutzt.
Ungeachtet ihres Einlenkens betont die Verwaltung, dass das Mobilitätsgesetz nur den rechtlichen Rahmen, aber nicht die konkrete Ausgestaltung der Infrastruktur – etwa die Installation von Barrieren an Radwegen – vorgebe. Wörtlich heißt es im Gesetz, Anlagen „sollen so gestaltet werden, dass unzulässiges Befahren und Halten durch Kraftfahrzeuge unterbleibt“.

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"Die jetzige Lösung widerspricht dem Mobiliätsgesetz fundamental"

Aus Sicht von Jens Blume widerspricht die jetzige Lösung dem Mobilitätsgesetz fundamental: „Es ging ja gerade darum, nicht mehr nur Infrastruktur für die Fitten und Starken zu bauen, sondern auch für die, die sich bisher nicht aufs Fahrrad trauen.“ Blume hält die Erfolgschancen seines Widerspruchs speziell an dieser Stelle für hervorragend: Auf der Oberbaumbrücke befand sich mit durchschnittlich rund 10 000 Passagen pro Tag die meistfrequentierte der 18 Radverkehrszählstellen in Berlin. Sie soll nach der Sanierung reaktiviert werden.

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Bestätigt sehen können sich die Kritiker durch eine kürzlich veröffentlichte Publikation der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Darin heißt es: „Um Radfahrern auf Radfahrstreifen ein sicheres Überholen innerhalb der Markierung zu ermöglichen, sind sogar Breiten von mindestens 2,25 m (inklusive der linken Markierung) erforderlich, da dieser auch beim Überholen nicht verlassen werden darf.“

Bei ihren Untersuchungen fanden die Fachleute außerdem heraus, dass umso mehr Radfahrer verbotenerweise auf den Gehweg ausweichen, je schmaler der Radstreifen auf der Fahrbahn ist. Außerdem stellten sie fest, dass Auto- und Lkw-Fahrer an Radfahrstreifen mehrheitlich knapper als mit dem von Gerichten verlangten Mindestabstand von eineinhalb Metern überholten. „Auch Radfahrer überholen einander oft sehr eng“, heißt es in dem UDV-Papier. Besonders knapp gehe es zu, wenn der Überholer versuche, innerhalb des markierten Radfahrstreifens zu bleiben.

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