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Feuerwehrmänner löschten an der Sonnenallee einen Reisebus.

© Paul Zinken/dpa

Nach Böllerangriffen in Berlin: CDU verteidigt Frage nach Randalierer-Vornamen – scharfe Kritik aus anderen Fraktionen

Die Berliner CDU-Fraktion will die Vornamen von Böllerangreifern mit deutscher Staatsbürgerschaft wissen. Im Parlament wird sie dafür massiv kritisiert.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat davor gewarnt, bei der Aufarbeitung der Silvesterrandale einen Migrationshintergrund der Straftäter in den Vordergrund zu stellen. „Klar müssen wir uns die Täterstrukturen ansehen, aber bei der Kommunikation müssen wir höllisch aufpassen“, sagte Spranger am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses.

Sie habe sich mit arabischen und afghanischen Unternehmern und Führungskräften getroffen. „Das sind alles Leistungsträger unserer Gesellschaft“, sagte Spranger. „Das sind Ärzte und Arbeitgeber, die Steuern zahlen und Arbeitsplätze schaffen.“ Auch sie verurteilten die Silvesterkrawalle.

Zuvor hatte CDU-Fraktionsvize Frank Balzer einen umstrittenen Fragenkatalog verteidigt, in dem die CDU-Fraktion auch nach Vornamen von Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit fragt. „Wir dürfen nicht verdrängen, was in bestimmten Kiezen passiert“, sagte Balzer. Das bisherige Vorgehen der rot-grün-roten Koalition, „bestimmte Themen nicht anzusprechen, zu verschweigen oder zu relativieren“, sei gescheitert. Im Vergleich zu Silvester sei der 1. Mai ein Kindergeburtstag.

Daher helfe es nur weiter, „wenn wir konkret auch Probleme benennen und dann nach einer Lösung suchen“. Es gehe um Parallelgesellschaften, „die sich nicht an das Recht halten, die die Polizei verachten, die sie bekämpfen – und das im Alltag“. Die CDU habe keine voreiligen Schlüsse gezogen, sondern wolle aufklären. „Wir brauchen Fakten, um mit den Problemen mit Parallelgesellschaften, die wir in einzelnen Kiezen haben, umgehen zu können.“

Die anderen Fraktionen kritisierten die CDU deutlich. „Die CDU will die Sicherheitspolitik an Vornamen ausrichten. Dass das keinen Erfolg haben kann, ist klar“, sagte FDP-Innenexperte Björn Jotzo. Zwar gebe es in einigen Bezirken große Probleme, die soziale Struktur dort werde zunehmend problematisch. „Trotzdem ist es falsch, Migranten oder Menschen mit nicht deutsch klingenden Namen zu kriminalisieren oder ihnen rechtswidriges Handeln zu unterstellen“, sagte Jotzo. „Die meisten Migranten sind eine wichtige Stütze unserer Gesellschaft und wir brauchen sie dringend.“ Niemand leide mehr unter den Silvesterkrawallen.

Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass es teils patriarchale Strukturen gebe, in denen die Annahme vorherrsche, dass Gewalt gegen Einsatzkräfte legitim sei. „Dort brauchen wir eine konsequente Strafverfolgung statt nur Symbolpolitik“, sagte Jotzo. Viele der jungen Menschen seien auch noch erreichbar.

Wer so zündelt, wer das so reduziert, der braucht keine Brandmauer mehr nach rechts, der betreibt das Geschäft der AfD gleich selbst.

Niklas Schrader, Linke-Innenexperte

„Die CDU hat ihre rechtspopulistische Maske fallen lassen“, sagte SPD-Innenexperte Tom Schreiber. Die CDU habe sich „von der Sachdebatte längst verabschiedet“, betreibe „Wahlkampf am rechten Rand“ und befeuere einen rassistischen Diskurs, sagte Grünen-Innenexperte Vasili Franco.  „Ich bin froh, dass die CDU gerade in dieser Situation keine Verantwortung für die Sicherheit in dieser Stadt trägt.“

Auch Linke-Innenexperte Niklas Schrader kritisierte die CDU: „Wenn man anfängt, den Migrationshintergrund als Ursache für diese Vorfälle zu bezeichnen, da fängt der Rassismus an.“ Es sei hochgefährlich, wenn man die „Probleme ethnisiert und auf den Migrationshintergrund beschränkt“, sagte Schrader. „Wer so zündelt, wer das so reduziert, der braucht keine Brandmauer mehr nach rechts, der betreibt das Geschäft der AfD gleich selbst und spielt der AfD in die Hände.“

38 Festnahmen nach Angriffen auf Einsatzkräfte

Die Zahl von 145 Festgenommenen mit 18 verschiedenen Nationalitäten hatte nach Silvester eine Debatte über mangelnde Integration in Hotspots wie Neukölln, die Einschränkung von Schreckschusswaffen und die bessere Ausrüstung von Einsatzkräften ausgelöst. Die Zahlen beziehen sich auf alle Personen, die von den eigens für Silvester eingesetzten Einheiten wegen verschiedener Delikte in der gesamten Stadt festgenommen wurden – neben Angriffen auf Beamte auch wegen Brandstiftung, Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz und Landfriedensbruchs.

Von den 139 Männern und sechs Frauen sind 45 Deutsche, danach folgen 27 Afghanen, 21 Syrer, neun Iraker, jeweils fünf Polen, Türken und Libanesen. Die Liste führt weitere Personen aus Frankreich, Italien, Australien, Indien, Iran, Serbien, Jordanien und afrikanischen Ländern auf. Anders ist Lage bei den Verdächtigen, die wegen Angriffen auf Polizisten und Feuerwehrleute angegriffen worden sind. Hier führt die Bilanz 38 Personen auf – zwei Drittel davon sind Deutsche und die meisten unter 21 Jahre alt.

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