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Unbesetzt sind in den Gesundheitsämtern neben Stellen für IT-Leute, Therapeuten und Übersetzer auch solche für Sozialpädagogen und Verwaltungskräfte.

© Britta Pedersen/dpa

Nach 13 Monaten Corona-Pandemie: 500 Fachleute fehlen in Berlins Gesundheitsämtern

Gesucht werden Therapeuten, Übersetzer, IT-Experten - trotz großer Bemühungen konnte die Personalnot in Berlins Gesundheitsämtern kaum gelindert werden.

Fehlende Therapeuten, Übersetzer, IT-Experten – die Personalnot in Berlins zwölf Gesundheitsämtern ist auch nach 13 Monaten Pandemie noch groß. Nach Tagesspiegel-Informationen fehlen dort genau wie vor einem Jahr fast 500 Beschäftigte, um Berlin so zu versorgen, wie es der rot-rot-grüne Senat einst festschrieb. Das geht aus einer unveröffentlichten Antwort von Gesundheitsstaatssekretär Martin Matz (SPD) auf Frage des FDP-Abgeordneten Florian Kluckert hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Demnach waren zu Jahresbeginn 2021 in Berlins öffentlichem Gesundheitsdienst 1558 Stellen besetzt. Das sind mehr als die 1425 Stellen zum Legislaturbeginn 2016 – aber weniger als die mindestens 2000 Stellen, die für eine Metropole wie Berlin von SPD, Grüne und Linke für nötig befunden wurden. Grundlage für diese Zahl ist ein vor Jahren zwischen Bezirken und Senat vereinbartes Personalkonzept, das „Mustergesundheitsamt“.

Demnach hätten in den Ämtern zusammen 2000 Stellen existieren müssen – vor der Coronakrise. Bezirke und Senat waren angesichts des pandemiebedingten Zusatzdrucks aber nicht untätig. Nur die gesuchten Fachleute gibt Berlins aktueller Arbeitsmarkt offenbar nicht her.

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Unbesetzt sind neben Stellen für IT-Leute, Therapeuten und Übersetzer auch solche für Sozialpädagogen, Verwaltungskräfte, zuweilen Ärzte. Immerhin, das schreibt Staatssekretär Matz, konnten „für die Pandemiebewältigung zurzeit 406 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf befristeten Beschäftigungspositionen“ angeworben werden. Damit sind Helfer gemeint, die für die Amtsärzte etwaige Kontakte der Sars-Cov-2-Infizierten registrieren oder beim Organisieren von Tests, Quarantäne und Schutzmaßnahmen helfen.

Für die bekannten Kernaufgaben nur 23 Stellen neu besetzt

Für die bekannten Kernaufgaben – beispielsweise Hygienekontrollen in Betrieben, Heimen, Kitas, Präventionsberatungen, Untersuchungen der angehenden Erstklässler – braucht es aber festes Personal. Und dort konnten die Bezirke im Pandemiejahr insgesamt nur 23 volle Stellen besetzen.

Staatssekretär Matz weist darauf hin, dass der Senat den zuständigen Bezirken im Pandemiejahr zwei Mal deutlich geholfen hat: Im Mai 2020 wurden Gelder für 60, im Dezember 2020 für weitere 120 Stellen bereitgestellt. Doch ob sich in den letzten Wochen damit viel getan hat, ist unklar. Der Senat verweist darauf, dass aktuelle Angaben „im Zuge der bezirklichen Quartalsmeldung zur Vorlage beim Abgeordnetenhaus zum 31.03.2021 erwartet“ werden.

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„Mit Blick auf die Pandemie hätte ich mir von Senat und Bezirken mehr erwartet“, sagte FDP-Gesundheitsexperte Kluckert. Trotz aller Bemühungen sei das „Ergebnis enttäuschend“. Zuversichtlicher ist Neuköllns Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU): Die Pandemie habe den Stellenwert der Ämter im öffentlichen Bewusstsein gestärkt, es gebe nun mehr geeignete Bewerber.

Praxen und Kliniken werden weitgehend von Krankenkassen finanziert - Ämter nicht

So habe er inzwischen einige Stellen, die noch im vergangenen Jahr offen gewesen seien, besetzen können – darunter Posten für Mediziner. Grundsätzlich aber gelte nach wie vor, sagte Liecke, dass die Gesundheitsämter in den bezirksinternen Verteilungskämpfen oft den Kürzeren gezogen haben. Die anderen Säulen des Gesundheitswesens, die Praxen und Kliniken, werden weitgehend von Krankenkassen finanziert, die Amtsärzte müssen mit anderen Behörden um Steuergeld konkurrieren.

Am deutlichsten wurde der Personalmangel vergangenen Sommer. Tausende Kinder in Berlin wurden eingeschult, ohne amtsärztlich untersucht worden zu sein. Dass die obligatorischen Einschulungsuntersuchungen in Berlin ausfielen, war seit Jahrzehnten das erste Mal. Bei diesen Untersuchungen prüfen die bezirklichen Gesundheitsdienste sprachliche Fähigkeiten, Motorik, Sehen, Hören sowie Zähne, Größe und Gewicht der Kinder.

Im September 2020 hatten Bund und Länder beschlossen, bis Ende 2022 mindestens 5000 neue und unbefristete Vollzeitstellen im öffentlichen Gesundheitsdienst zu schaffen. Das wären fast 250 Fachleute für Berlins Gesundheitsämter.

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