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Müllecken sollen für Erzieher-Job werben: Berliner Kita-Träger provozieren mit Video zum Fachkräftemangel

Vier Kita-Träger wollten mit einem Video eine Debatte über den Fachkräftemangel anregen. Die gezeigten Schmuddelecken Berlins treffen jedoch nicht jedermanns Humor. Einige sähen es am liebsten gelöscht.

Ein Video der neuen Kampagne „Berlin braucht Erziehung“ mehrerer Berliner Kita-Träger sorgt für Diskussionen. Der Landesverband Berlin-Brandenburg der Gewerkschaft Verdi forderte am Freitag, es vom Netz zu nehmen. „Unsere Kolleginnen und Kollegen sind durch die Bank geschockt und schämen sich für diese Kampagne.“

In dem Video sind beispielsweise ein kaputtes Rennrad und eine alte Matratze zu sehen, die jemand auf dem Bürgersteig abgestellt hat, Pizzastücke auf dem Kopf eines Denkmals, ein E-Scooter achtlos über einem Mülleimer abgelegt – Szenen einer verdreckten Großstadt.

„Die Stadt, der nichts fehlt außer vielleicht hier und da ein ganz, ganz klein bisschen Erziehung“, heißt der Kommentar dazu, der spöttisch oder ironisch verstanden werden kann. „Das Video suggeriert, die Stadt sei so vermüllt, weil die Berlinerinnen und Berliner so schlecht erzogen seien. Faktisch schlägt es vor, dass jetzt die Erzieherinnen und Erzieher den Karren aus dem Dreck ziehen sollen“, kritisierte Verdi.

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Das Video wird der frühkindlichen Bildung, der Professionalität und Fachlichkeit des Berufs überhaupt nicht gerecht.“ Es suggeriere, Kindererziehung bedeute lediglich, Kindern beizubringen, dass sie als Erwachsene keinen Müll wegschmeißen dürften.

Auf YouTube wurde der rund einminütige Clip innerhalb von drei Tagen mehr als 285.000 Mal aufgerufen. Die Kommentare reichen von „daneben“ bis „einfach der Hammer“. Hinter der am Dienstag gestarteten Kampagne stehen die vier landeseigenen Kita-Träger Kindergärten City, Kindergärten Nordost, Kindertagesstätten Nordwest und Kindertagesstätten Südost.

Auf der Kampagnen-Homepage haben sie ihr Anliegen erklärt: „Die Image- und Recruiting-Kampagne bricht aus den oft gesehenen Kommunikations-Klischees zum Thema Kindererziehung aus und spricht das Sujet auf unkonventionelle, humoristische und provokante Weise an, um für Aufmerksamkeit für diesen wichtigen Beruf zu sorgen“, heißt es dort. „Im Mittelpunkt der Kampagne stehen authentische Szenen direkt aus der Hauptstadt, die zeigen, wo das Zusammenleben nicht mehr ganz rund läuft; und die nur einen Schluss zulassen: Berlin braucht Erziehung!“ Und dafür brauche es Fachkräfte.

„Der hohe Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern ist die größte Herausforderung der kommenden Jahre“, so die kaufmännische Geschäftsleiterin Kindergärten City, Claudia Freistühler, zum Kampagnenstart. Erforderlich seien nicht nur hochqualifizierte und motivierte Fachkräfte, sondern auch echte Anerkennung für die Arbeit in den Kitas. „Deshalb haben wir uns ganz bewusst für einen originellen, lauten Ansatz entschieden, der beides vereint.“

Der Executive Creative Director der Werbeagentur GUD.berlin, die die Kampagne entwickelt hat, sagte der „Bild“-Zeitung: „Mit dieser Kampagne legen wir den Finger in die Wunde. Es geht doch nicht allein um mehr Erzieherinnen und Erzieher. Es geht um das Anstoßen einer Diskussion um die fehlende Wertigkeit dieses Berufsstandes – ähnlich der Pflege oder der Bildung generell.“

Familiensenatorin Katharina Günter-Wünsch (CDU) sagte der Zeitung, die Bildungs- und Familienverwaltung sei nicht an der Produktion des Videos beteiligt gewesen. „Dieser Werbefilm erfüllt überhaupt nicht den beabsichtigten Zweck, qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher für Berlin zu gewinnen.“ Er zeige ein Zerrbild Berlins. „Die anspruchsvolle Tätigkeit für frühe Bildung, die Kita-Erzieherinnen und -Erzieher heute auf der Grundlage des Berliner Bildungsprogramms ausüben, wird weder ausreichend gewürdigt noch wertgeschätzt.“ (dpa)

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