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Im Volkspark Hasenheide sind viele Sträucher stark von der Pfaffenhütchen-Gespinstmotte befallen.

© Stephan Wiehler

Motten in Berliner Parks spinnen: Gespinste, Gekrabbel, Geflatter – wie die Insekten in diesen Sommer starten

In manchen Gärten und Parks sieht es zurzeit gruselig aus. Aber es ist harmlos für Mensch und Natur, sagt Berlins Wildtierexperte Nummer eins.

In einigen Berliner Parks sieht es zurzeit aus, als hätte jemand für Halloween dekoriert: Kreuz und quer hängen graue Gespinste an manchen Sträuchern. Teilweise ist ihr Gewebe so dicht, dass man kaum hineinschauen kann. Wer es dennoch tut, erkennt teils völlig kahl gefressene Zweige. Und massenweise grünliche oder bräunliche, gepunktete Raupen – nimmersatt.

Was nach der nächsten großen Plage fürs ohnehin gebeutelte Stadtgrün aussieht, ist nach Auskunft von Derk Ehlert aber unbedenklich: „Die Sträucher kennen das Phänomen seit Millionen von Jahren“, sagt der Wildtierexperte der Berliner Umweltverwaltung, und anders als beim Eichenprozessionsspinner müssten sich auch Passanten nicht vor allergischen Reaktionen hüten.
Bei dem Gekrabbel handele es sich um die Raupen verschiedener Gespinstmotten, die teilweise nach ihren Wirtspflanzen benannt sind: Pfaffenhütchen, Weißdorn, Schlehe. Vereinzelt sind auch Laubbäume wie Erlen betroffen.

Aus den Raupen werden Nachtfalter, deren Weibchen im Herbst wiederum Eier ins Laub legen, aus denen nach der Überwinterung im Boden der Nachwuchs hinauf ins Gehölz kriecht und sich einspinnt, um nicht von anderen Insekten gefressen zu werden. Gegen hungrige Vögel – vor allem Meisen mit ihrem Nachwuchs schätzen die proteinreiche Kost – helfen die Gespinste nach Auskunft von Ehlert allerdings kaum.

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Aber ist dieses Ausmaß noch normal? „Es fällt in diesem Jahr mehr auf als in den Vorjahren, weil es jetzt so trocken und warm ist“, sagt Ehlert. Nach dem kühlen Frühjahr seien die Raupen jetzt alle zur selben Zeit besonders aktiv. Aber noch im Juni sollten sie sich verpuppen und als etwa zwei Zentimeter kleine Schmetterlinge davonfliegen. Die Population sei in diesem Jahr so stark wie zuletzt 2016.

Mit dem Abflug der Falter ist die Sache auch für die Sträucher überstanden: Bei vielen Arten gehört nach Auskunft von Ehlert der „Johannistrieb“ als Reparatur der kahl gefressenen Spitzen zum regulären Jahresprogramm. Die Blattmasse der Sträucher sei in diesem Jahr etwas größer als in den Vorjahren, weil das Frühjahr nicht ganz so trocken war. Die Gespinste würden dann einfach vom Regen weggewaschen; „Ende Juli wird man den Bäumen und Sträuchern das kaum mehr ansehen.“ Und die kleinen Falter nützten der Natur im besten Fall zunächst als Bestäuber und final als Fledermausfutter.

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Auch anderes – und zurecht unbeliebtes – Getier ist dieses Jahr nach Auskunft von Ehlert später dran als sonst. Die wegen ihrer allergenen Nesselhaare berüchtigten Eichenprozessionsspinner seien seit Ende Mai deutlich aktiver, „aber nicht in dem Maß wie in den Vorjahren“.

Und die Miniermotten, deren Larven die Kastanienblätter zerfressen, seien schlecht ins Jahr gestartet: Wegen der Kälte sei die erste Mottengeneration ausgefallen, und ohne die würden auch die zwei bis drei, die noch folgen, schwächer. Das wiederum stärkt die Kastanien, deren Bäume mit intakten Blättern besser über den Sommer kommen.

Wenn es um die Plagen des Sommers geht, bleibt noch die Frage nach Mücken und Wespen. Die einen sind mittelmäßig in die Saison gestartet: Erst war es kühl, jetzt werden die Brutplätze wie Pfützen knapp. Die anderen, also die Wespen, sind ohnehin später dran. Die Wetteraussichten – um die 25 Grad und Sonne, soweit das Meteorologenauge reicht – sprechen für eine anstrengende Saison. Für den Menschen.

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