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Nach dem schriftlichen Abitur kommt der Abistreich.

© dpa

Abistreiche: Mit Wasser, Wagen und Pistolen

An einer Zehlendorfer Schule ist ein Abistreich mit Sturmmasken nach hinten losgegangen. Wie war das denn früher mit dem Abistreich? Unsere Autoren haben sich an ihre "wilden Zeiten" erinnert.

WASSER UND ZEMENT

Wir waren gut gerüstet. In der Nacht hatten wir eine Mauer aus Yton-Steinen vor den Hauptausgang der Schule zementiert. Vor dem Nebeneingang stand ein Auto, aufgebockt auf Ziegelsteine und ohne Räder, versteht sich. Als die ersten Schüler ankamen, hatten wir genug Publikum für unsere Party – und für den Schulleiter lohnte es sich nicht mehr, noch Unterricht anzusetzen. Er wurde auch mit Spritzpistolen beschossen. Verletzt wurde niemand. Hendrik Lehmann

BOLLER UND WAGEN

Ein Streich? Musste nicht sein. Ein Ball? Zu spießig. Aber öffentlich feiern – das sollte schon sein. Eine Parallelklasse, zweite Fremdsprache Englisch, zog kostümiert mit einem Bollerwagen durch die Stadt, das war uns versnobten Griechen zu platt. Ein Traktor mit Anhänger, dekoriert, als gehe es zur Vatertagsfete, musste es sein. Darin fuhren wir, kostümiert, bierselig und krakeelend, kreuz und quer durch die Stadt. Ein Vorbild für spätere Abijahrgänge. Andreas Conrad

NACHT UND NEBEL

Wir waren der letzte Jahrgang, der im Gebäude übernachten durfte. Programm: Türen aushängen und vertauschen, Tische und Bänke verschleppen. Der Autokorso nach Art einer Loveparade mit Musik und Kostümierung (es waren die Neunziger!), der die Bundesstraße blockierte, darf als Kulturbeitrag gelten. Immerhin, wir hübschten auch einen verlotterten Innenhof des Gebäudes auf. Nach turbulenten Tagen wurde der nächste Jahrgang auf strenge Regeln eingeschworen. Und blieb brav. Ralf Nestler

ALU UND SCHEIBE

Am Ende haben diverse Lehrer unser Fest boykottiert. Auf unser Abi-T-Shirt hatten wir „96 Gründe, um die Schule zu verlassen“ gedruckt: Nummer 1 bis 83 waren alle Lehrer von Herrn Adolph bis Frau Zieler. Bei einem metallverarbeitenden Betrieb ließen wir ein Lob unseres Jahrgangs auf eine Alu-Platte ätzen und brachten sie an der Schule an. Die Schrauben flexten wir ab; die Demontage dauerte Monate. Und der groß gewachsene Lehrer Schulz hatte das Pech, einen winzigen Fiat Cinquecento zu fahren. Ein paar Jungs trugen den Wagen zwischen zwei enge Mauervorsprünge. Es war auf Anhieb unmöglich, die Türen zu öffnen. Ich weiß das alles vom Hörensagen. Oder sind die Taten verjährt? Kevin P. Hoffmann

BLAU IN BLAU

Wir zogen zum Ku’damm, hier war der Goldene Westen – und der stand uns jungen Alt-Pankowern nach der Wende und dem Abitur endlich offen. Als Erinnerung an unsere Schulzeit in einem gerade untergegangenen Land traten wir in den Blauhemden der DDR-Jugendorganisation FDJ an. So sammelten wir Geld für unseren Abiball. Am Ku’damm wollten uns viele West-Berliner aber nicht ihre wertvolle Westmark geben. „Die FDJ ist verboten“, rief mir ein alter Mann zu. Dazu, ihm zu erklären, dass ich schon vor dem Umbruch ausgetreten war, kam ich nicht. Wir waren auch ohne Hemd schon etwas blau. Robert Ide

DUNST OHNE ABZUG

Es hat uns gestunken. Die Dunstwolke, die aus dem Raucherzimmer der Lehrer kroch, war widerlich. Auch der Anblick des Raums: vergilbte Wände, abgeranzte Stühle. Eine Höhle wie die Hölle. Uns blieb nur eine Wahl: den Ekelfaktor zu steigern. Also haben wir leere Zigarettenschachteln gesammelt, mit denen wir die Bude vollstopften – bis unter die Decke. Das hat selbst den Rauchern gestunken – und zwar noch eine Weile. Katrin Schulze

SCHNAPS ZUM SCHLUSS

Wasserbomben flogen vom Vordach. Niemand sollte die Schule trocken betreten. Zur Vorbereitung ließ sich einer aus der Klasse am Vorabend in der Schule einschließen, der Rest kam nach Sonnenuntergang mit Werkzeug, Absperrband, Alkohol, Luftballons und Wasserpistolen. Der zahnlose Hausmeister ließ uns ins Lehrerzimmer. Als die Pädagogen es betraten, fanden sie kleine Schnapsfläschchen in ihren Fächern. „Danke und Entschuldigung“, stand darauf. Melanie Berger

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