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SPD-Ortsfunktionär Brückmann liest Giffey die Leviten - alles unter falschem Namen.

© Felix Hackenbruch/Tagesspiegel

Mit falschem Namen in der Berliner SPD: Journalist Brüggmann tritt von parteipolitischen Ämtern zurück

Mathias Brüggmann agierte mit falschem Bart und falschem Namen bei der SPD in Pankow, nun tritt er zurück. Die Abteilungsvorsitzenden sprechen von einem medialen „Tribunal“.

Er wollte Franziska Giffey und ihre schwarz-roten Pläne ausbremsen, bezeichnete die SPD-Landesvorsitzende öffentlich als „Wählerschreck“. Doch mit seinem Polterauftritt im BVV-Saal Pankow hat sich Mathias Brüggmann selbst ins Abseits gestellt. Einen Monat nach seiner Wutrede ist Brüggmann von seinen politischen Ämtern in der SPD zurückgetreten.

Dabei war es gar nicht die Wortwahl, die den Lokalpolitiker aus der SPD-Abteilung Kollwitzplatz-Winskiez zu Fall gebracht hat. Wie erst nach dem Auftritt bekannt wurde, war Brüggmann über Jahre bei den Sozialdemokraten unter falschem Namen aufgetreten. Als „Matthias Brückmann“ wollte Brüggmann offensichtlich verschleiern, dass er im Hauptberuf als „International Correspondent“ journalistisch beim „Handelsblatt“ tätig war, das zur gleichen Verlagsgruppe wie der Tagesspiegel gehört.

Wie berichtet, hatte es innerhalb der Pankower SPD über Brüggmanns Verhalten Unmut gegeben. So war der Journalist schon in der Vergangenheit bei Parteitagen mit falschem Bart aufgetreten und soll immer wieder verbal gegen Frauen ausgeteilt haben.

Dennoch hatte es lange keine öffentliche Stellungnahme der Kreis- oder Abteilungsvorsitzenden zu dem Fall gegeben. Ein SPD-Chat, in dem die Doppelrolle kritisiert worden war, wurde geschlossen. In einem Schreiben an die Mitglieder der Abteilung Kollwitzplatz-Winskiez rechtfertigten sich die beiden Vorsitzenden, der Ex-Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup und Stephanie Wölk, nun am Dienstagabend für ihren Vorgänger im Amt.

Klaus Mindrup war SPD-Bundestagsabgeordneter.

© Privat

„Für nahezu alle Aktiven in der SPD Pankow – wie auch für uns – sind die Grenzen zwischen echten Namen und dem Pseudonym von Mathias immer mehr verschwommen“, schreiben Mindrup und Wölk. So habe Brüggmann auch für sein aktuelles Buch Werbung in Chatgruppen der SPD gemacht.

Brüggmann, der vom „Handelsblatt“ bis zur lückenlosen Klärung der Vorwürfe beurlaubt wurde, habe sein Bedauern über den Vorfall erklärt und sei von „allen politischen Ämtern in der SPD zurückgetreten“, heißt es weiter. Konkret handelt es sich dabei wohl um das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden in der Abteilung. Auf der Webseite der Partei wurde er bis Mittwochmittag dort weiter geführt – mit seinem falschen Namen.

Mindrup und Wölk begründen in ihrem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, auch ihr langes Schweigen. Die Berichterstattung über den Fall habe „immer mehr einem Tribunal“ geähnelt. „Dies wollten und durften wir nicht weiter anheizen.“ Zudem dankten die beiden Vorsitzenden Brüggmann für Zusammenarbeit, die immer auf einem respektvollen und solidarischen Umgang basiert habe.

Wie Klaus Mindrup dem Tagesspiegel am Mittwoch mitteilte, habe Brückmann seinen Rücktritt bereits Mitte März erklärt. Dieser habe auch seine Ämter als Delegierter für die Kreisdelegiertenversammlung und den Landesparteitag umfasst.

Den eigenen Mitgliedern war dies jedoch nicht bekannt. Erst am Montag war ein Abwahlantrag gegen Brüggmann von der Anwältin Susann Bräcklein, die einfaches SPD-Mitglied in der Abteilung Kollwitzplatz-Winskiez ist, eingegangen. „Für Funktionsträger ist ein ehrlicher und solidarischer Umgang mit Mitgliedern zu fordern. Dies lässt sich nicht mit der zielgerichteten Verwendung von Tarnnamen vereinbaren“, argumentierte sie in der Begründung des Antrags, der auf der Sitzung der Abteilung am 17. April hätte behandelt werden müssen.

Der stellvertretende Vorsitzende hat sich bis heute weder erklärt noch entschuldigt.

Susann Bräcklein, SPD-Mitglied in der Abteilung Kollwitzplatz-Winskiez

Bräcklein hatte zuvor öffentlich Kritik geübt, weil innerhalb der Partei eine Aussprache zu dem Fall verwehrt worden war. Verständnis für das Verhalten Brüggmanns hat sie nicht: „Es sind keine gewichtigen oder politischen Gründe erkennbar, welche die Verwendung eines Tarnnamens erfordern könnten“, heißt es in dem Abwahlantrag. Ein Flucht- oder Verfolgungsschicksal stehe nicht in Rede.

„Der stellvertretende Vorsitzende hat sich bis heute weder erklärt noch entschuldigt“, kritisierte Bräcklein weiter. „Eine Selbstreinigung ist damit allein über die Abberufung zu erreichen, um nach innen und außen klarzumachen, dass die SPD ‚kein Tarnkappenverein’ ist“, sagte Bräcklein. Dem kam Brüggmann nun zuvor.

Für ihn muss sein Auftritt im BVV-Saal in Pankow dennoch nicht der letzte gewesen sein. „Mir ist nicht bekannt, dass Herr Brüggmann seinen Rücktritt als Bürgerdeputierter erklärt hat“, erklärte eine Mitarbeiterin der BVV Pankow. Dort ist Brüggmann aber auch unter seinem korrekten Namen geführt.

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