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Matthias Schüller setzt einem Schüler im Wildbienenschaugarten in Schöneweide eine Wildbiene auf die Hand

© privat

Mini-Biotop an Berliner Bahnhof : Auf Tuchfühlung mit den Wildbienen

Matthias Schüller leitet den Wildbienenschaugarten in Berlin-Schöneweide. Rund 40 Arten haben hier ein Zuhause zwischen Stauden und Gemüsebeeten gefunden.

| Update:

Haben Sie schon einmal von der Rainfarn-Maskenbiene, der Schuppenhaarigen Kegelbiene oder der Stumpfzähnigen Zottelbiene gehört? Circa 580 verschiedene Arten von Wildbienen gibt es in Deutschland. Und Matthias Schüller kennt sie alle. Okay, nicht ganz – aber die rund 40 Arten, die durch den Wildbienenschaugarten in Schöneweide summen, kann er alle beim Namen nennen.

Auf dem Gelände der Kleingartenkolonie Gartenfreunde Treptow e.V. hat die Stiftung Mensch und Umwelt vor sieben Jahren jenen Garten angelegt, in dem es an diesem kühlen Aprilmorgen bei meinem Besuch noch eher verhalten blüht und summt. Zwar haben erste Pflanzen und Sträucher schon Knospen gebildet, doch insgesamt ist es noch zu kalt für Blumen.

Wildbienenrallyes für Kinder

Nur an dem knapp zwei Meter hohen „Insektenhotel“ aus verschiedenen Hölzern herrscht Betrieb: Viele Wildbienenweibchen sind bereits aus den Brutzellen geschlüpft, auch die Wildbienenmännchen – die einen buschigen weißen „Bart“ haben – fliegen aufgeregt hin und her. Anders als Honigbienen leben sie nicht in einem Schwarm zusammen, sondern bleiben Einzelgänger.

„Nachdem sich die Bienen durch den Nestverschluss gefuttert haben, übergeben sie sich erstmal. Das hier ist alles Bienenkotze“, erklärt Matthias Schüller lachend und zeigt auf kleine gelbe Flecken. Vor vier Jahren kam er zur Stiftung, weil er das Gelände, auf dem sich heute der Schaugarten befindet, kartieren sollte. Mittlerweile ist er dort fest angestellt; zweimal die Woche kommt er nach Schöneweide und führt unter anderem Kitas und Schulklassen in einer „Wildbienenrallye“ über das Gelände.

Was viele Kinder und auch Erwachsene nicht wissen: Wildbienen stechen nur, wenn man sie richtig in die Enge treibt

Matthias Schüller, Wildbienengärtner

„Als ich angefangen habe, wusste ich eigentlich kaum etwas über Wildbienen“, erzählt Schüller. Er hat an der Universität in Essen Landschaftsarchitektur studiert, Wildgärten und Umweltschutz hätten damals überhaupt keine Rolle gespielt. „Ich dachte ehrlich gesagt immer, Wildbienen wären einfach Honigbienen, die kein Zuhause haben“, sagt er.

Am liebsten mag er die „Blauschwarze Holzbiene“, die sich ihren Unterschlupf vorwiegend in morsches Holz hineingräbt; ihre Kauwerkzeuge sind derart stark, dass sie währenddessen Häufchen von Sägemehl produziert. Um sie zu unterstützen, liegen im Schaugarten zahlreiche abgestorbene Äste und Baumstümpfe.

„Was viele Kinder und auch Erwachsene nicht wissen: Wildbienen stechen nur, wenn man sie richtig in die Enge treibt“, sagt Schüller. Und selbst dann täte so ein Stich nicht wirklich weh. Anders als Wespen, die oft grundlos stechen und das auch mehrmals tun können, verlieren Bienen ihren Stachel dabei und überleben das nicht.

Sie sind nicht kräftig genug, den Widerhaken aus der menschlichen Haut herauszuziehen und verletzen sich bei dem Versuch so sehr, dass sie an den Folgen sterben. Im Wildbienenschaugarten lernen Kinder, die Angst vor Insekten abzubauen, manchen von ihnen setzt Schüller sogar eine Biene auf die Handfläche.

Zwei Wildbienen im Wildbienenschaugarten Schöneweide

© Matthias Schüller

Viele Arten sind vom Aussterben bedroht. Mit dem Schaugarten will er aber nicht nur Ängste abbauen, sondern auch auf die dramatische Situation der Insekten aufmerksam machen: „Den Wildbienen in Deutschland geht es sehr schlecht, vor allem in den Städten“, sagt er. Das liege unter anderem daran, dass immer mehr Freiflächen durch Neubau versiegelt und dadurch Nist- und Schlafplätze der Bienen zerstört werden; aber auch daran, dass Gartenbesitzer es lieber „schön und aufgeräumt“ hätten als wild und bienenfreundlich.

Wer die flauschigen Brummer unterstützen möchte, kann das ganz einfach tun, indem er Kräuter oder Blumen – am besten „offene“ Blüten wie Klatschmohn – auf dem Balkon pflanzt und im Garten altes Holz oder verblühte Blumen stehen lässt. Auch ein Insektenhotel – am besten aber keines aus dem Supermarkt, weil diese oft mit Pestiziden belastet seien, so Schüller – freut die Wildbienen.

Wer noch mehr über die heimischen Insekten erfahren möchte, kann sich jederzeit für einen Besuch im Schaugarten anmelden – er ist nur ein paar Flügelschläge vom Bahnhof Schöneweide entfernt.

Noch bis zum 28. April können sich Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Klassen für die Wildbienenrallye bewerben, weitere Informationen dazu gibt es hier.

Dies ist ein Text aus dem aktuellen Newsletter für Treptow-Köpenick, der jeden Montag erscheint. In dieser Woche finden Sie darin außerdem folgende Themen:

  • Hitze, Trockenheit, Feinstaub: Den Berliner Wäldern geht es gar nicht gut
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