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Vorboten des Mai. In der Nacht zu Donnerstag beschmierten unbekannte Täter das Jobcenter Neukölln mit klassenkämpferischen Parolen. Das Haus der Deutschen Wirtschaft in Mitte wurde mit Farbbeuteln beworfen. Und in Prenzlauer Berg brannten in der Nacht acht Autos aus. In allen Fällen ermittelt der polizeiliche Staatsschutz.

© Björn Kietzmann

Brandanschläge und Farbbomben: Militante legen Feuer- und Farbspur zum 1. Mai

Innensenator Körting will rund 6000 Polizisten am 1. Mai einsetzen. Bereits in der Nacht zu Donnerstag gab es mehrere linksextremistische Brandanschläge auf Autos und Schmierereien.

Die Sicherheitsbehörden befürchten am 1. Mai den Schulterschluss militanter Linker mit Islamisten. Die Chefin des Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, sprach gestern von einer möglichen „Querfront“ beider Gruppen. Der „Funke aus Nordafrika“ solle überspringen nach Deutschland, hieß es. Bislang waren auf der sogenannten „Revolutionären 1. Mai Demo“, die um 18 Uhr am Kottbusser Tor beginnen soll, kaum Migranten dabei. Sorgen machen sich die Behörden auch um die Aufrufe in der linksradikalen Szene, bereits um 16 Uhr innerhalb des Myfests zu demonstrieren. Erwartet werden hier mehrere hundert Personen. Entstanden ist diese Mobilisierung zum Mariannenplatz um 16 Uhr durch Streitigkeiten in der linken Szene. Wie berichtet, soll die 18-Uhr-Demo in diesem Jahr zum Südstern führen – für viele gewaltbereite Linke ist dies zu weit entfernt vom Geschehen. Die Anmelder dieser Demo wollen diese „stärker politisieren“ und durch Kieze ziehen, die von Mietsteigerungen und Verdrängung bedroht sind.

Gestern sprach Innensenator Körting auf einer internen Veranstaltung von deutlich über 6000 Polizisten. Bislang hatte er nur von gut 5000 gesprochen. Im vergangenen Jahr waren über 7000 im Einsatz gewesen. Da in diesem Jahr die Neonazis nicht in Berlin marschieren, konnte mit weniger Sicherheitskräften geplant werden.  Es gibt jedoch Befürchtungen, dass Rechtsextremisten trotz der vier im Bundesgebiet angemeldeten Demos auch in Berlin tätig werden wollen. Genährt wurde diese Sorge durch eine Aktion von 17 einschlägig bekannten Neonazis am Mittwochabend – ausgerechnet im linken Kiez von Friedrichshain. Die Rechten hatten im Ring-Center an der Frankfurter Allee Flugblätter verteilt und ein Holzkreuz aufgestellt, bis sie von der Polizei gestoppt wurden. Im vergangenen Jahr hatten Rechtsextremisten die Polizei überrumpelt, als 300 von ihnen am 1. Mai spontan über den Kurfürstendamm marschierten.

Nach Einschätzung des Landeskriminalamtes gibt es bundesweit keine Mobilisierung der linksautonomen Szene nach Berlin. Die Sicherheit auf Demos soll erhöht werden: Nachdem im vergangenen Jahr bei der 18-Uhr-Demo ein Feuerlöscher von einem Dach am Hermannplatz geworfen worden war, soll in diesem Jahr die Luftaufklärung durch Hubschrauber und Zivilpolizisten deutlich verstärkt werden. Wie berichtet, war der Feuerlöscher neben Polizisten und Passanten auf dem Boden aufgeschlagen, verletzt wurde niemand. Auch in diesem Februar waren anlässlich der Räumung der Liebigstraße 14 Steindepots auf Dächern umliegender Häuser entdeckt worden.

Auch die Autonomendemo am 30. April wird von einem Großaufgebot der Polizei gesichert. Diese soll um 16 Uhr am Rosenthaler Platz beginnen und vorbei an zahlreichen umstrittenen Wohnungsneubauten wie „Marthashof“ in der Schwedter Straße zum U-Bahnhof Eberswalder Straße führen (siehe Grafik).

Bereits in der Nacht zu Donnerstag gab es mehrere linksextremistische Anschläge. Das Haus der Wirtschaft in der Breiten Straße in Mitte wurde mit etwa 25 Farbbeuteln und Steinen beworfen. Gegen 3 Uhr zündeten Unbekannte in der Norwegerstraße in Prenzlauer Berg einen Smart der Deutschen Bahn an. Sieben weitere Fahrzeuge wurden durch die starke Hitzeentwicklung beschädigt.

Einen Tag nach den Anschlägen auf das Weddinger Amtsgericht und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ging bei einigen Zeitungen ein Bekennerschreiben „Revolutionärer Aktionszellen“ ein. Nach Meinung von Experten ist das Schreiben authentisch, da von „zeitverzögerten“ Brandsätzen die Rede ist. Dieses Detail war zuvor nicht bekannt, es gilt als Täterwissen.

Bei einer spontanen Demo gegen zwei rechte Brandanschläge in Greifswald randalierten in Neukölln am Mittwochabend einige Dutzend Linksextremisten. Sie warfen Steine in zwei Drogeriemärkte und eine Bank. Niemand wurde festgenommen. Jörn Hasselmann

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