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Der gescheiterte Mietendeckel hat bei den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und dem Land hohe Kosten verursacht.

© Kitty Kleist-Heinrich

Folgen des Berliner Gesetzesvorhabens: Mietendeckel kostet Wohnungsbaugesellschaften mehr als 28 Millionen Euro

Der Mietendeckel ist für die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ein teures Unterfangen. Auch die Kosten für das Land sind höher als bislang bekannt.

Der gescheiterte Berliner Mietendeckel kommt die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften teuer zu stehen. Den Unternehmen sind Mindereinnahmen von insgesamt mindestens 28 Millionen Euro bereits entstanden oder werden im Laufe dieses Jahres noch entstehen. Das geht aus einer noch unveröffentlichten Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf Anfrage der FDP-Abgeordneten Sibylle Meister hervor, die dem Tagesspiegel vorab vorliegt.

Die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Degewo, Gesobau, Gewobag, Howoge, Stadt und Land und WBM sowie die Berlinovo haben demnach neben millionenschwerer Mietabsenkungen auch deutliche Einbußen bei der Neuvermietung hinnehmen müssen. Auch die Begrenzung der Modernisierungsumlage auf einen Euro je Quadratmeter habe sich negativ in den Bilanzen niedergeschlagen, teilt etwa die Stadt und Land mit.

Tatsächlich dürften die entgangenen Einnahmen im Zuge der Einführung des Berliner Mietendeckels für die landeseigenen Gesellschaften noch deutlich höher ausfallen. So hat etwa die Degewo im Rahmen der Anfrage allein für das Jahr 2020 Ausfälle von sechs Millionen Euro gemeldet, jedoch keine Mindereinnahmen für das laufende Jahr beziffert.

Die Berlinovo schreibt nur ungenau von „reduzierten Mieteinnahmen in einstelliger Millionenhöhe“. Auf Bitte des Tagesspiegels um Konkretisierung reagierte die Berlinovo am Mittwoch nicht.

Auch jenseits der Mieteinnahmen sind den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Kosten entstanden. Die Gewobag erklärt, 180.000 Euro an Verwaltungskosten zur Umsetzung des Mietendeckels aufgewendet zu haben. Neben Personalaufwand zählten dazu unter anderem Ausgaben für Schulungen und Programmierungen. Die Stadt und Land gibt 44.500 Euro für die Anpassung der Unternehmenssoftware an, Berlinovo nennt IT-Kosten von 112.000 Euro.

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Bei der WBM hat der Mietendeckel auch Auswirkungen auf die Arbeit an den Wohnungen gehabt: In einigen Fällen konnten energetische Sanierungen aufgrund der Kappungsgrenzen aus dem Gesetz „nicht mehr wirtschaftlich dargestellt werden und wurden daher zunächst zeitlich verschoben“, heißt es.

„Es muss zu den früheren Mieten zurückgekehrt werden“, sagte FDP-Politikerin Sibylle Meister. Die Wohnungsbauunternehmen brauchten die Mietzahlungen für die energetische Sanierung und den Ausbau der Barrierefreiheit. Zudem müssten sie viele Neubauprojekte realisieren. „Das wäre das würde sich dann wirklich mietsenkend auswirken“, sagte die Haushaltspolitikerin.

Nach der Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht, das Gesetz für „nichtig“ zu erklären, entschied der Senat, keine Nachzahlungen von den Mietern der Wohnungsbauunternehmen zu verlangen. Dabei hatten neben privaten Investoren auch die landeseigenen Gesellschaften stets auf die finanzielle Belastung durch den Mietendeckel verwiesen.

Weitere Kosten könnten auf die Unternehmen zukommen, wenn sie wie von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) angekündigt, den Kauf von 20.000 Wohnungen aus dem Bestand von Vonovia und Deutsche Wohnen schultern sollen. Im Raum stehen dabei Kosten von bis zu fünf Milliarden Euro.

Koalition diskutiert über Mietendeckel bei den Landeseigenen

Kollatz und Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) hatten sich daher darauf verständigt, die durch den Mietendeckel angesenkten Mieten ab 1. Oktober wieder auf ihr ursprüngliches Niveau anzuheben. Der Vorstoß scheiterte jedoch in der vergangenen Woche im Senat am Widerstand von Linken und Grünen. Eine Lösung wollen SPD, Linke und Grüne am Donnerstag bei einem Koalitionsausschuss herbeiführen.

„Es geht nicht, die Landeseigenen aus der Verantwortung zu entlassen“, sagte Katalin Gennburg, Stadtentwicklungspolitikerin der Linken. Mit dem Mietendeckel habe man sich schon einmal für diese Miethöhen entschieden. Dies könne man nun nicht rückgängig machen.

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Ähnlich äußerte sich Katrin Schmidberger, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. „Für mich ist es ein No-Go, dass Mieterhöhungen zum ersten Oktober ausgegeben werden sollen.“ Auch im Zusammenhang mit dem Kauf aus dem Bestand von Vonovia und Deutsche Wohnen forderte sie ein neues Gesamtkonzept für die landeseigenen Gesellschaften. „Es darf nicht sein, dass die Mieter den Bestandserwerb komplett finanzieren.“

Mietendeckel-Kosten für Land und Bezirke höher als bekannt

Derweil sind auch die durch den Mietendeckel entstandenen Kosten für das Land höher als bislang bekannt. Der Gesamtbetrag der negativen finanziellen Auswirkungen liegt bei rund 5,66 Millionen Euro, wie aus einer weiteren schriftlichen Anfrage von Sibylle Meister hervorgeht, die dem Tagesspiegel vorliegt. Bislang waren Kosten für das Land in Höhe von 4,7 Millionen Euro bekannt.

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Diese stammen zum größten Teil aus mehr als drei Millionen Euro Bearbeitungskosten der Investitionsbank Berlin (IBB). Die Personalkosten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung schlagen mit einer Million Euro zu Buche. Weitere knapp 600.000 Euro hat das Haus von Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel für Büromöbel und IT ausgegeben.

Die knapp eine Million Euro an nun zusätzlich hinzugekommenen Ausgaben sind bei den Bezirken angefallen. Sie setzten sich größtenteils aus Aufwendungen für das Personal zusammen, das zur Überwachung des Mietendeckels eingestellt wurde.

„Mit diesem Geld hätte man hervorragend Bauland ausweisen und Wohnungsbauvorbereitungsmaßnahmen finanzieren können“, sagte Finanzpolitikerin Meister. Damit hätte der Senat dem wahren Problem, dem akut fehlenden Wohnraum, begegnen können. So habe der Mietendeckel nicht nur wertvolle Zeit beim Lösen des Wohnungsproblems gekostet, „sondern auch Steuergelder verbraten- für ein Experiment, welches von Beginn an zum Scheitern verurteilt war“.

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