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Hinrich Holm ist seit Juli der alleinige Vorsitzender des Vorstands der Investitionsbank Berlin (IBB). Er kam von der Nord/LB ist der Nachfolger von Jürgen Allerkamp.

© IBB

Der neue Chef der Berliner Förderbank IBB: „Mein Plan für mehr Wohnungsbau in Berlin“

Mit Hilfen für junge Genossenschaften, Absicherungen gegen Baukostensteigerungen, einem Eigenheimförderprogramm für kleinere Einkommen kämen wir voran.

Die Corona-Pandemie hat auch in Berlin ihre Spuren hinterlassen. So hat seit Beginn der Krise der Zuzug in die Hauptstadt nachgelassen und sich das Investitionsklima eingetrübt. Dennoch sollten die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den kommenden Jahren grundsätzlich intakt bleiben. Allerdings dürfte auch der Druck auf den Wohnungsmarkt perspektivisch anhalten.

Nach aktueller Prognose wird die Bevölkerung in Berlin bis zum Jahr 2030 um 177.000 Personen auf dann mindestens 3,92 Mio. Menschen anwachsen. Aufgrund dieses Wachstums und des aufgelaufenen Nachfragestaus, müssen jährlich mindestens 20.000 neue Wohnungen in der Stadt geschaffen werden. Vor allem der Bedarf an preisgünstigen Wohnungen ist groß.

Deshalb bedarf es aus Sicht der Investitionsbank Berlin (IBB) neuer und zusätzlicher Förderanreize, um die Investitionstätigkeit in den Wohnungsbestand zu erhöhen. Gerade Genossenschaften und deren Förderung können und sollten dabei eine zentrale Rolle spielen. Gegenwärtig gibt es in Berlin rund 80 Wohnungsbaugenossenschaften. Das 2017 gegründete Bündnis „Junge Genossenschaften in Berlin“ ist auf inzwischen 25 junge Berliner Genossenschaften angewachsen.

Was nun die Wohnungsbauförderung in der Hauptstadt betrifft, stellt das bisherige Modell auf zinsfreie Darlehen und Tilgungszuschüsse sowie einen geringeren Eigenkapitaleinsatz ab. Dabei wird die Förderung nur für mietpreisgebundene Wohnungen gewährt. Nicht berücksichtigt werden bei der Förderung die fachlichen Kenntnisse, die monetären Anforderungen oder wie gut die Bonität der jungen, meist für das jeweilige Projekt neu gegründeten Genossenschaft ist.

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Genau diese gehören aber mit zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren. So könnte mehr baufachliche Erfahrung bei den Vorständen der jungen Genossenschaften in puncto Planung, Vertragsverhandlungen und Durchführungsüberwachung mit dazu beitragen, dass das jeweilige Projekt ein Erfolg wird. Hinzu kommt hinreichende Expertise mit erfahrenen Projektentwicklern sowie im Umgang mit Behörden oder Finanzinstituten. Ebenfalls erforderlich ist ein Netzwerk zu weiteren Geldgebern. Unverzichtbar sind zudem spezifische kaufmännische Kenntnisse zur Begleitung der Projektentwicklungen und der Bestandsphase. Um entweder Zusatzsicherheiten zu stellen oder Mittel für Unwägbarkeiten wie Mehrkosten oder Zusatzkosten aufzufangen, werden (stille) finanzielle Reserven im Vermögen der Genossenschaft sowie eine hinreichend große Nachschusspflicht der Mitglieder benötigt.

Man müsste eine öffentlich-rechtliche Dach-Genossenschaft etablieren

Um all dies zu erreichen, haben wir eine Palette an Lösungsansätzen entwickelt. So sollte etwa, wenn nicht vorhanden, eine unabhängige und langjährig erfahrene Fachkraft im Auftrag der Genossenschaft die Planung optimieren und mit den Behörden sowie den Baufirmen verhandeln. Zudem wäre eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) oder eine Dach-Genossenschaft zur Unterstützung der jungen Genos zu etablieren. Die Aufgabe dieser Gründung bestünde darin, den Genos gezielt mit Knowhow und Kapital unter die Arme zu greifen.

[Hinrich Holm, der Gastautor dieses Beitrages, ist seit Juli 2021 alleiniger Vorstandsvorsitzende der Investionsbank Berlin. Er war zuvor bei der Nord/LB und ist Nachfolger von Jürgen Allerkamp.]

Um die Kapitalausstattung sicherzustellen und Reservekapital zu schaffen, sollte darüber hinaus ein öffentlicher oder genossenschaftlicher Fonds gegründet werden, der zum Beispiel bei Überschreitung der Baukosten in Aktion tritt. In einem solchen Fall etwa würde der Fondsverwalter den Antrag der Genossenschaft prüfen und für die finanzierende Bank eine Bürgschaftsübernahme (BÜ) abgeben oder eine zeitlich befristete Sicherheiten-BÜ oder Guthabenverpfändung stellen.

Auch ist das Land bei den Erbpachtzinsen gefragt. Hintergrund ist, dass das Land den jungen Genos für ihre Projekte nur Grundstücke zur Erbpacht aber nicht zum Kauf anbietet. Damit das Erbpachtmodell aber tatsächlich attraktiv für mehr mietpreisgedämpften Wohnungsbau sein kann, müssen die Erbpachtzinsen reduziert werden. Derzeit liegen sie über dem marktüblichen Zinsniveau für Grundstückskäufe.

Helfen wir Firmen beim Bau von Wohnungen für Fachkräfte und Azubis

Fachkräfte und Auszubildende finden zunehmend kaum bezahlbaren Wohnraum. Deshalb könnte ein weiterer Impulsgeber für mehr neue Wohnungen in Berlin der Bau von Werkswohnungen auch durch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sein. Auch hier wäre nach unserer Überzeugung das Genossenschaftsmodell ein möglicher Weg. So könnten interessierte KMU einer speziell hierfür zu gründenden Genossenschaft beitreten, die Neubauprojekte erwirbt oder selbst errichtet. Für die Gründung könnten Gründungszuschüsse vergeben werden. Als Genossenschaftsmitglieder erhalten die Unternehmen entsprechend ihrer Mitgliedsanteile ein Wohnungskontingent, um dieses an neu nach Berlin kommende Angestellte zu vermieten.

Modell mit Tradition. Privatleute und Firmen können Baugenossenschaften gründen, die günstigen Wohnraum schaffen und Mitgliedern Wohnrecht garantieren. Foto: Doris Spiekerman-Klaas

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Speziell für die Werkswohnungen wird ein Förderprogramm aufgelegt, das an die bisherigen WFB-Förderungen angelehnt ist (sogenannter 3. Förderweg). Dabei darf eine Miete von zehn Euro pro Quadratmeterzuzüglich jährlicher Steigerungen für einen Förderzeitraum von 20 Jahren nicht überschritten werden. Dafür werden zinslose Darlehen und gegebenenfalls Tilgungszuschüsse vergeben.

Eine Fördersparte für überbaute Supermarktdächer

Für die Schaffung von mehr Wohnraum in der Hauptstadt bietet sich auch die Überbauung von Supermärkten mit preisgedämpften Wohnungen an. Oft wollen Filialisten ihre Verkaufsflächen von circa 800 auf 1500 Quadratmeter erhöhen. Von behördlicher Seite könnte den Filialisten eine größere Neubebauung zugestanden werden, wenn sie sich im Gegenzug verpflichten, die betreffenden Märkte mehrgeschossig mit Wohnungen zu überbauen.

Da die Ketten keine Wohnungsbestandhalter sind, haben diese im Grunde kein Interesse an der Wohnungsverwaltung und den Wohnungsbeständen. Folglich bräuchte es entweder einen Generalnutzer der Wohnungen oder eine grundbuchliche Teilung zwischen Supermarkt und Wohnungen. Hier könnten neue oder etablierte Genossenschaften als Wohnungseigentümer auftreten. Im Gegenzug für die größeren Märkte werden die Wohnungen von den Filialisten subventioniert (zum Beispiel reduzierte Grundstückspreise). Im Rahmen der bestehenden Genossenschaftsförderung etwa könnte eine Fördersparte „Supermarktwohnen“ ergänzt werden.

Eigenheimförderung für mittlere und niedrigere Einkommen

Als ein weiteres Element zur Entspannung des Wohnungsmarktes könnte eine neue Eigenheimförderung eine wichtige Rolle spielen, denn wer Wohneigentum zur Selbstnutzung schafft, entlastet den Mietwohnungsmarkt. Aufgrund gestiegener Kauf- und Baupreise und der traditionell schwachen Eigenkapital-Ausstattung von Kaufwilligen aus den niederen und mittleren Einkommensschichten ist es heute für viele nicht möglich, Wohneigentum zu erwerben, trotz des derzeit niedrigen Zinsniveaus.

Deshalb müssten bei einer wirklich attraktiven Eigenheimförderung unter anderem die Einkommensgrenzen so gesetzt sein, dass Bezieherinnen und Bezieher niederer und mittlerer Einkommen förderfähig wären. Fehlendes Eigenkapital (EK) könnte durch ein nachrangiges EK-Ersatzdarlehen aus Landesmitteln finanziert werden. Zudem sollte es erst nach weitgehenden Entschuldung vorrangiger Darlehen getilgt werden müssen. Alternativ könnte das Land die Risikofreistellung für diese Darlehen übernehmen.

Last - but not least: Nachhaltigen Neubau fördern

Auch wäre es eine Möglichkeit, den Kreditnehmenden Zinsvorteile oder Tilgungszuschüsse zu gewähren, wenn bestimmte Kriterien erfüllt werden. Diese könnten etwa geringes Einkommen, Freiziehen einer Sozial- oder genossenschaftlichen Wohnung, Erwerb von Wohnungen im Rahmen von wahrgenommenen Vorkaufsrechten sowie das Freiziehen von Wohnungen der städtischen Wohnungsunternehmen sein, die der freiwilligen Mietpreisbegrenzung unterliegen.

Last but not least sollte im Neubau speziell das nachhaltige Bauen mehr gefördert werden. Schließlich gilt es, die gesetzten Ziele „Klimaneutrale Stadt bis 2050“ und „Wachsende Stadt“ in Einklang zu bringen. Klar ist, dass mit der Erfüllung von Energieeffizienz- und Nachhaltigkeitsaspekten kostenintensive Entwicklungs- und Umsetzungsarbeiten verbunden sind.

Wir empfehlen hier eine spezielle Landesförderung: So könnte etwa mit Hilfe von Landesmitteln das in der Förderlandschaft des Bundes vorgesehene Nachhaltigkeitspaket, das unter anderem eine Erhöhung des Investitions- oder Tilgungszuschusses beinhaltet, von 2,5 Prozent auf 5 Prozent erhöht werden. Auf diese Weise entstünde ein besonderer Anreiz zum nachhaltigen Bauen in Berlin.

Hinrich Holm

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