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Wie in allen Bundesländern dürfen sich auch Pflegekräfte in Berlin über teilweise erhebliche Lohnerhöhungen freuen.

© dpa-tmn

Angst und Freude in Berliner Gesundheitseinrichtungen: Mehr Lohn für Pflegekräfte – mehr Kosten für Bedürftige und Angehörige

Ab September bekommen Pflegekräfte mehr Lohn. Durch die Anpassungen steigen aber auch die Preise. Viele Pflegebedürftige und Angehörige fürchten höhere Kosten.

Für viele in der Pflege Beschäftigte ist dieser 1. September ein Freudentag, für Pflegebedürftige und auch ihre Angehörigen ist er eher mit Sorge und Unsicherheit verbunden. Wie in allen Bundesländern dürfen sich auch Pflegekräfte in Berlin über teilweise erhebliche Lohnerhöhungen freuen.

Dies gilt vor allem für jene, die in stationären oder ambulanten Einrichtungen arbeiten, die bislang nicht nach Tarif gezahlt haben. Sie müssen nun laut „Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“ an einen Durchschnittstarifwert angelehnt entlohnt werden.

Durch die Lohnanpassungen steigen aber auch die Kosten und Preise, weshalb viele Pflegebedürftige und Angehörige in den vergangenen Wochen entsprechende Schreiben ihrer Heim- und Pflegedienstleitungen erhielten, in denen sie über höhere Eigenbeteiligungen informiert wurden.

Angesichts der Neuerungen in der Pflege gibt es deshalb in Berlin deutliche Kritik an Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Während in der rot-grünen-roten Koalition von „schlechter Vorbereitung für Pflegeheime und Angehörige“ gesprochen wird, wie ein SPD-Mann formulierte, wird die oppositionelle CDU deutlicher.

„Es ist richtig, dass das Pflegepersonal nun besser bezahlt wird“, sagte der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus, Christian Gräff (CDU). „Dies allerdings allein auf dem Rücken von Pflegebedürftigen und deren Familien abzuladen, ist unsozial – zumal in einer Zeit, in der die Kosten für alle Bürger massive steigen. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hätte seit Monaten ein Finanzierungskonzept vorlegen müssen.“

„Ausspielen von Sozialleistungen“?

Schon im Mai hatte Gräff nach den Folgen der ab 1. September geltenden Bestimmungen gefragt. Damals wussten weder die dafür federführende AOK noch der Senat, wie viele der 282 Heime, 115 Tages- und 16 Kurzzeitpflegeeinrichtungen sowie 691 ambulanten Dienste in Berlin schon Tariflöhne zahlen. Das wäre wichtig gewesen, um abschätzen zu können, um wie viel die Kosten für Bedürftige und ihre Angehörigen nun steigen.

Für Jenny Pieper-Kempf, der Öffentlichkeitsbeauftragten vom Diakonie-Pflege Verbund Berlin, dürfen die Änderungen zu keinem „Ausspielen von Sozialleistungen“ führen. Wenn die Kosten die finanziellen Möglichkeiten von Pflegebedürftigen übersteigen, gebe es Beratungen, um die Leistungen künftig über das Sozialamt zu finanzieren.

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Doch genau das ist ein Problem, sagt Nare Yeşilyurt, die Leiterin des ambulanten Pflegedienstes Deta-Med. „Mehr als die Hälfte der Betroffenen lehnt das nach unseren Erfahrungen ab. Sie wollen keine Sozialhilfe beziehen, lieber verzichten sie auf Pflegeleistungen. Statt drei müssen dann zwei Einsätze pro Tag reichen. Die Leistungen, die wegfallen, tragen dann Familienangehörige und die sind körperlich und finanziell überbelastet.“

Stationäre Einrichtungen wiederum fürchten, dass sie in Vorkasse gehen müssen, weil die Sozialämter die vielen Anträge nicht so schnell bearbeiten können. „Wenn dann noch steigende Energiekosten dazu kommen, wird es richtig eng“, sagt ein Heimleiter.

Büşra Delikaya

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