zum Hauptinhalt
Die zwei Bus-Prototypen Alexandra und Dennis in einer Halle der BVG.

© Andreas Süß/BVG/dpa

Mehr Briten für Berliner Busflotte: BVG erteilt Auftrag für 200 neue Doppeldecker

Der monatelange Probebetrieb war erfolgreich: Die BVG erhält ab Anfang 2022 neue Busse für ihre Hauptlinien. Eine letzte Testfahrt mit dem Vorstand.

„An der nächsten Ampel rechts auf den Kudamm“, sagt Tobias Kutta. Der Fahrschulleiter der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) weist keinem gewöhnlichen Busfahrer den Weg durch Berlin: Am Steuer sitzt Rolf Erfurt, Betriebsvorstand der BVG und seit Dezember selbst ausgestattet mit einer Fahrerlaubnis für die gelben Busse. „Der Betrieb findet nicht bei mir im Büro statt“, sagt Erfurt. Er wolle auch das operative Geschäft erleben. „Mir war es wichtig nachvollziehen zu können, was die Kollegen sagen.“

Also setzte er sich ab vergangenen Sommer selbst hin, um den Busführerschein neben seiner Vorstandstätigkeit zu machen. „Morgens von 6 bis 10 Uhr habe ich Fahrstunden genommen, bevor mein eigentlicher Job losging“, sagt er, während er den Bus über den Kudamm lenkt.

Unterwegs ist Erfurt mit einem der beiden Vorserienfahrzeuge der neuen Doppeldecker-Generation der Verkehrsbetriebe. Mit seiner Runde durch die Berliner Innenstadt nimmt der Betriebsvorstand eine letzte Testfahrt des Modells gewissermaßen selbst vor. Denn die BVG hat zum April den Auftrag für die Serienlieferung der neuen Doppeldecker beim Hersteller Alexander Dennis ausgelöst, wie Erfurt dem Tagesspiegel sagt. „Ab Anfang 2022 werden wir die neuen Busse bekommen."

Die BVG erhält dadurch 198 neue Doppelstockfahrzeuge. Kostenpunkt: rund 100 Millionen Euro. Pro Woche sollen im nächsten Frühjahr dann fünf weitere Busse geliefert werden. Mit den Letzten rechnen die Verkehrsbetriebe erst 2023. „Auch hier hat Corona zugeschlagen“, sagt Erfurt. „Wir hatten gehofft, alle 2022 zu bekommen.“

Nur noch ein Drittel von 450 Doppeldeckern ist noch in Betrieb

Tatsächlich werden die Fahrzeuge dringend gebraucht. Die Doppeldecker, für die Berlin bekannt ist, sind immer seltener auf den Straßen der Hauptstadt zu sehen. Die Flotte ist enorm in die Jahre gekommen. Viele der seit 2005 eingesetzten Busse mussten zuletzt ausgemustert werden. Von einstmals rund 450 Doppelstockfahrzeugen sind aktuell nur noch 235 zugelassen. Lediglich 164 davon sind aktuell auch tatsächlich in Betrieb, teilt die BVG mit. Der Rest befindet sich zur Reparatur in der Werkstatt.

[Der Verkehr in der Metropole: Das ist regelmäßig auch ein Thema in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Die Busse erreichen sichtlich das Ende ihrer Lebensdauer. Fahrzeuge, die heute noch rollen, hätten teils bis zu 1,6 Millionen Kilometer auf dem Tacho, sagt BVG-Vorstand Erfurt. „Wir nutzen die Fahrzeuge so lange es geht, aber irgendwann sind sie mehr in der Werkstatt als auf der Straße.“

Einen Notstand bei der Flotte sieht der Verkehrsmanager deshalb noch nicht. Doch der Regelbetrieb mit den Doppeldeckern sei auf einigen Linien nicht mehr zu gewährleisten. „Natürlich müssen wir manchmal einen Gelenkbus statt eines Doppeldeckers einsetzen. Da brauchen wir Nachschub“, sagt er.

BVG-Betriebsvorstand Rolf Erfurt fährt selbst mit einem neuen Doppeldecker.
BVG-Betriebsvorstand Rolf Erfurt fährt selbst mit einem neuen Doppeldecker.

© Christian Latz

Trotz der fehlenden Fahrzeuge hält es Erfurt auch rückblickend für die richtige Entscheidung, mit den neuen Bussen erst mehrere Monate lang Testfahrten durchzuführen, ehe nun der Auftrag für die Serienlieferung erfolgte. „Wir haben die Busse auf Herz und Nieren getestet.“

[„Alle verfahren sich, wenige reden darüber“: Eine Berliner Busfahrerin packt aus. Lesen Sie das Gespräch über Stress, Drohungen, Sexismus und Leberwurst am Lenkrad bei Tagesspiegel Plus.]

Insgesamt 137 Kritikpunkte gingen bei der BVG von Fahrern und Verbänden ein. In 119 Fällen wurden die Serienfahrzeugen deshalb geändert. Auf Anregung des Behindertenverbands liegt der Ausstiegsknopf für Rollstuhlnutzer sowie ein USB-Anschluss, mit denen die Fahrzeuge an allen Sitzen ausgestattet sind, künftig weniger versteckt. Zudem wird es am Treppenabgang vom Oberdeck nun zusätzliche Haltestangen geben. Auch der Fahrerbereich wird nach Kritik der Busfahrer angepasst.

„Es war daher richtig, dass wir so ein Testprogramm gemacht haben“, sagt Erfurt. Insgesamt sei das Lob in der Belegschaft jedoch groß für die neuen Doppeldecker. „Die Fahrer sagen, vom Fahrkomfort ist es ein Unterschied wie Tag und Nacht.“

Die im Rahmenvertrag einst genannte Zahl von bis zu 430 Bussen wird die BVG jedoch wohl auch künftig nicht von dem Modell bestellen. Stattdessen hofft man bei den Verkehrsbetrieben, dass es bald auch emissionsfreie Modelle gibt. Noch lässt eine Alternative zu den 60 Liter Diesel pro hundert Kilometer schluckenden Verbrennern auf sich warten. „Es gibt auf dem Markt bislang noch keinen elektrisch betriebenen Doppeldecker“, sagt Erfurt.

Aber auch daran arbeite man. Gemeinsam mit der Senatsverkehrsverwaltung sei eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben worden. Sie solle klären, welche Anforderungen an einen E-Doppeldecker gestellt würden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false