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Bei einem illegalen Autorennen am Berliner Kurfürstendamm kam im Februar 2016 ein unbeteiligter 69-Jähriger ums Leben.

© dpa/Britta Pedersen

„Bundesweite Vorreiterrolle“: Mehr als 3600 Verfahren wegen illegaler Autorennen in Berlin eingeleitet

Berlin gilt als Hotspot verbotener Fahrzeugrennen, allein im ersten Halbjahr 2022 gab es rund 450 Fälle. Die Amtsanwaltschaft hat dafür eine Spezialabteilung.

Seit knapp fünf Jahren können Raser schärfer bestraft werden – seitdem sind in Berlin mehr als 3600 Verfahren wegen verbotener Kraftfahrzeugrennen eingeleitet worden. Im ersten Halbjahr 2022 gab es rund 450 Fälle, wie die Staatsanwaltschaft auf Anfrage mitteilte. Bei der überwiegenden Anzahl der Verfahren (388) sind die Verdächtigen bekannt. Bis Ende 2021 haben Berliner Strafgerichte in mehr als 670 Fällen Raser verurteilt, hieß es von der Senatsjustizverwaltung.

In einem besonders krassen Fall hat das Landgericht im vergangenen März sein Urteil gesprochen: fünf Jahre Haft für einen 22-Jährigen der als einziger einen Raser-Unfall mit drei Toten in Berlin-Treptow überlebt hat. Die Richter sprachen den 22-Jährigen wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs schuldig. Zudem verhängte das Gericht eine Sperrfrist von fünf Jahren für seinen Führerschein.

Derartige Verurteilungen sind seit Oktober 2017 möglich. Damals wurden verbotene Kraftfahrzeugrennen von einer Ordnungswidrigkeit zur Straftat hochgestuft. Seitdem kann schon die Teilnahme an solchen Rennen mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden. Zuvor gab es nur Geldbußen. Der neue Paragraf 315d im Strafgesetzbuch sieht zudem bis zu zehn Jahre Gefängnis vor, wenn durch ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen der Tod eines anderen Menschen verursacht wird.

Bei der Berliner Amtsanwaltschaft, die als Ermittlungsbehörde für die Verfolgung kleinerer bis mittlerer Straftaten zuständig ist, wurde eine Spezialabteilung für verbotene Kraftfahrzeugrennen geschaffen. Mit knapp 2340 Verfahren – auch gegen unbekannte Fahrer – wurden dort die meisten Fälle bearbeitet. Für diese ist dann das Amtsgericht Tiergarten zuständig. Fälle wie der Horror-Crash in Treptow landen beim Landgericht, das höhere Strafen aussprechen kann.

Unter den rechtskräftig verurteilten Fahrern seien kaum Wiederholungstäter, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Bereits die sofortige Beschlagnahmung des Führerscheins werde von den Tätern – in der Regel sind es Männer – als „einschneidend spürbare Maßnahme“ empfunden.

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Die Hauptstadt gilt als ein Hotspot illegaler Autorennen. Bundesweit für Schlagzeilen hatte der Fall der Ku'damm-Raser gesorgt, bei dem im Februar 2016 ein unbeteiligter Fahrer (69) ums Leben gekommen war. Das Auto des Todesopfers ist derzeit im Deutschen Technikmuseum in Berlin in der Sonderausstellung „Wahnsinn – Illegale Autorennen. Wie stoppen wir den Tempo-Rausch?“ zu sehen. Mit der strafrechtlichen Bewertung dieses Falls hatte Berlin juristisches Neuland betreten. Inzwischen sind die beiden Fahrer wegen des illegalen Autorennens rechtskräftig wegen Mordes verurteilt.

„Das Land Berlin bekämpft seit Jahren rücksichtslose Raserei im Straßenverkehr. Den Strafverfolgungsbehörden in der Hauptstadt wird dabei bundesweit eine Vorreiterrolle zugestanden“, sagte Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) der Deutschen Presse-Agentur. Neben der konsequenten Verfolgung der Straftaten verstärke Berlin aber auch über die Sozialen Dienste das Angebot für Fahrer, die wiederholt aufgefallen seien. „Ihnen helfen wir, um weitere Straftaten zu verhindern“, so Kreck. (dpa)

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