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Der Angeklagte Mario K. verdeckt mit einem Hefter sein Gesicht neben seinem Anwalt Christian Lödden vor Beginn des wohl vorletzten Verhandlungstages am Montag am Landgericht in Frankfurt (Oder).

© Patrick Pleul/dpa

Update

Prozess in Frankfurt (Oder): Maskenmann-Verteidiger fordert Freispruch

Der "Maskenmann"-Prozess wird zunehmend zum Puzzle, das nicht passt. Die Verteidigung fordert nun Freispruch. Am Freitag wird das Urteil verkündet.

Die Verteidigung im „Maskenmann“-Prozess argumentiert gern mit starken Bildern. Axel Weimann, einer der Verteidiger von Mario K., dem 47-jährigen Angeklagten, warf Staatsanwalt Jochen Westphal vor, er habe mit angeblichen Indizien gegen Mario K. ein „Potemkinsches Dorf aufgebaut, das aber nur aus Fassaden besteht“. Das war am vergangenen Freitag. An diesem Montag hatte Weimanns Kollege Christian Lödden seinen Auftritt. Er setzte im Saal 07 des Landgerichts Frankfurt (Oder) das Plädoyer fort, für ihn ist Westphal ein Puzzlespieler. „Sie nehmen die angeblichen Indizien wie ein Puzzle“, sagte er zum Staatsanwalt. „Ein paar Indizien passen, die anderen machen sie mit der Faust passend.“

Am Ende formulierte Lödden jenen Satz, den jeder im Saal erwartet hatte: „Die Verteidigung fordert Freispruch für den Angeklagten.“ Ob es dazu kommt, steht am Freitag um 9.30 Uhr fest. Da wird das Urteil verkündet.

Verteidiger referiert zwei Stunden lang Widersprüche

Warum aus Löddens Sicht in diesem Indizienprozess der Merkwürdigkeiten, Widersprüche und Ermittlungspannen der Falsche auf der Anklagebank sitzt, warum der frühere Berliner Dachdecker Mario K. nicht für den Überfälle in Bad Saarow auf die Frau und die Tochter eines Immobilienmaklers und die Schüsse auf einen Leibwächter 2011 infrage kommt, und auch nicht für die Entführung eines Investmentbankers in einen Sumpf von Storkow 2012, das referierte er zwei Stunden lang.

Da sind zum Beispiel die Spuren, die Hunde an den Tatorten aufgenommen hatten. Zwei verschiedene, gegenläufige Spuren am Tatort in Bad Saarow. Das spreche dafür, dass ein zweiter Täter beteiligt war. Die Staatsanwaltschaft geht aber von einem Täter für alle Taten aus. Sie fordert lebenslang für Mario K., die Nebenkläger zusätzlich noch Sicherungsverwahrung.

In Storkow, sagte Lödden, hätte ein Hund eine Spur direkt vor und direkt hinter einem Zaun aufgenommen. Das bedeutete, dass der entführte Banker mit seinen verklebten Augen den Zaun hätte übersteigen müssen. „Davon“, sagte Lödden, „hat er aber vor der Polizei nichts erzählt.“ Später gab der Banker an, möglicherweise sei er über den Zaun geklettert. Lödden: „Aber so etwas vergisst man doch nicht.“

Oder die Zeugen, die Mario K. in Storkow gesehen haben wollen. Diese hätten sich erst nach einem Aufruf der Polizei gemeldet. In Medien war kurz zuvor das unverpixelte Foto von Mario K. veröffentlicht worden. Auch bei Körpergröße und Stimme gibt es Widersprüche zu Zeugenaussagen. Bei einem Experiment hat der entführte Banker T. sieben Stimmen gehört. Die Stimme von Mario K. „sei ein besonders heißer Kandidat“. Doch der Banker hatte auch gesagt, der Täter habe seine Stimme verstellt. Bei dem Experiment erklangen aber unverstellte Stimmen.

Der Angeklagte schweigt weiter

In einem Dossier hatte der Tagesspiegel auf neue Widersprüche und Indizien aufmerksam gemacht, worauf das Gericht noch einmal überraschend in die Beweisaufnahme eingetreten war, um auch einen kurzzeitig ins Visier geratenen Ex-Polizisten zu überprüfen.Der mehrfach vorbestrafte Mario K. äußerte sich auch am Montag nicht. Zu Beginn des Prozesses hatte er die Taten bestritten.

Die Tatwaffe wurde nie gefunden. Lödden kam deshalb auch auf Mario K.s Schützenverein zu sprechen. Der Staatsanwalt hatte erklärt, Mario K. könne die Munition im Verein gestohlen haben. Doch für Lödden gibt es keine Anhaltspunkte, dass Mario K. eine Schusswaffe besessen habe. Hinzu kommt: Mario K. kann wegen einer Schussverletzung ein Knie nicht mehr vollständig bewegen. Nach Aussagen eines Gutachters sei er nicht in der Lage, in die Knie zu gehen. Doch der Banker T., sagte Lödden, habe erklärt, er habe durch einen Spalt seines Klebebands gesehen, dass der Täter in die Knie gegangen sei.

Es ging auch um die Frage, warum Mario K. seine Wohnung sauber übergeben habe, bevor er in den Wald zog. Für die Staatsanwaltschaft war das „Spuren vermeidendes Verhalten“, für Lödden ist es nur ein Beweis dafür, dass Mario K. ordentlich sei. Nach der Entführung waren am Storkower See eine Decke und eine Plane zurückgelassen worden – sowie das angebliche Kajak der Entführung. Es wurde aber nicht weitergehend untersucht.

Vorwürfe gegen den Staatsanwalt

Die Ermittlungsarbeit, sagte Lödden, „war eklatant schlecht“. Am Ende nahm er sich Staatsanwalt Westphal direkt vor. Der habe nicht objektiv ermittelt. Zudem sei Mario K. nach seiner Festnahme in Köpenick gefesselt und unangeschnallt über Umwege zur Polizeistation Eberswalde gebracht worden.  Bei der Fahrt habe ihn ein erfahrener Vernehmer befragt und dabei auch Lügen erzählt. „Das sind verbotene Vernehmungsmethoden“, sagte Lödden.

Westphal hatte immer wieder betont, es gebe keine entlastenden Indizien für Mario K.. Für Lödden ist es so: „Das Entlastendste in diesem Verfahren ist der Umstand, dass es nichts Belastendes gibt.“

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