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Der Prozess wird im Amtsgericht Tiergarten verhandelt.

© Taylan Gökalp/dpa

Radfahrerin in Mitte überfahren: LKW-Fahrer zu 3150 Euro Strafe verurteilt

Beim Rechtsabbiegen hatte ein LKW-Fahrer eine Berliner Radfahrerin überrollt, die 37-Jährige verstarb noch am Unfallort. Nun stand der LKW-Fahrer vor Gericht.

Er setzte den Blinker, ließ Fußgänger und Radfahrer passieren, fuhr dann an. Nicht zentimeterweise. „In einem Zug bog der Lkw ab“, erinnerte sich eine Zeugin am Dienstag vor dem Amtsgericht Tiergarten. „Ich habe das Unglück kommen sehen.“

Denn als Fahrer Hasan U. nach rechts zog, erfasste er eine Radfahrerin. Er hatte die 37 Jahre alte Frau übersehen. Wegen fahrlässiger Tötung saß der 50-Jährige nun auf der Anklagebank.

Tränen wischte sich der kräftige Mann aus den Augen. Er will sich vor dem Abbiegen noch einmal vergewissert haben, dass der Radweg wirklich frei ist. Dennoch die Kollision. Er sei völlig verwirrt gewesen, so der Angeklagte. Bis heute befinde er sich in psychologischer Behandlung. Seinen Job als Kraftfahrer habe er aufgegeben.

Es war 10.25 Uhr, als Hasan U. am 20. Februar 2019 mit einem schweren Baustellenfahrzeug in Mitte aus Richtung Grunerstraße kommend die Alexanderstraße befuhr. U. wollte rechts in die Karl-Marx-Allee abbiegen. Weil die Ampel für ihn auf Rot stand, hielt er.

Er sah vor dem Abbiegen wohl in die Lkw Spiegel – schließlich ließ er laut Zeugin Fußgänger und Radfahrer vorbei. Er habe aber nicht die nötige Aufmerksamkeit walten lassen, so die Anklage.

„Er übersah die nachfolgend auf dem rechten Radweg fahrende Geschädigte, die auch die Kreuzung passieren wollte.“ Ein Zusammenstoß mit der Radfahrerin, die ein leuchtend rotes Kleid trug.

Die Radfahrerin war gut zu sehen

Die Frau stürzte und rutschte unter den Lkw. Jede Hilfe kam zu spät. Sie verstarb noch am Unfallort. Ein Experte analysierte den Unfall. Im Lastwagen von U. hätten sich keine Gardinen oder andere Anbauten befunden. „Es gab eine gute Sicht auf die Spiegel, die auch sauber waren.“ Das sei für so ein Baufahrzeug, wie U. es damals führte, eher ungewöhnlich.

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Der Gutachter prüfte, ob und wie die Radfahrerin für den Fahrer zu erkennen war. „Man sieht den kompletten Radweg“, erklärte der Experte. Ein bis vier Sekunden vor der Kollision wäre die Frau, die nach einer Zeugenaussage zügig fuhr, im Weitwinkelspiegel für U. zu erkennen gewesen.

Rechtsabbiegende Lastwagen gehören für Fahrradfahrende in der Stadt zu den größten Gefahren. Auch mit neuen Regelungen soll entgegengewirkt werden. So dürfen Lkw über 3,5 Tonnen beim Rechtsabbiegen innerorts nur noch Schritttempo fahren – 7 bis 11 km/h.

„Ein Augenblick löste eine Tragödie aus“

Im Fall von U. allerdings mussten Fragen bei der Unfallanalyse offen blieben, weil Daten aus dem Fahrtenschreiber nicht gesichert wurden. Der nicht vorbestrafte Hasan U. habe sich bereits weit vor dem Prozess in einem Schreiben an die Eltern der Getöteten und den Lebensgefährten gewandt, um sein tiefes Bedauern auszudrücken, hieß es.

„Ein Augenblick löste eine Tragödie aus“, sagte der Verteidiger. Die Staatsanwältin plädierte auf eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 35 Euro. Eine Mitverantwortung der Radfahrerin sei nicht auszuschließen.

Das Gericht entschied auf eine Strafe von 3150 Euro (90 Tagessätze zu je 35 Euro). „Die Möglichkeit, die Radfahrerin zu sehen, war gegeben“, so der Vorsitzende Richter. U. sei „für einen kurzen Moment unaufmerksam“ gewesen. Es sei allerdings „wieder so ein Fall“, bei dem beide – der Lkw-Fahrer und auch die Radfahrerin – den Unfall hätten vermeiden können.

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