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Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg.

© Bernd Settnik/ZB/dpa

Landtagswahl im September: Woidke warnt vor einem AfD-Sieg in Brandenburg

Die AfD in Brandenburg liegt in einer Umfrage vor den anderen Parteiten. Deren Wahlsieg könne „bittere Realität“ werden, mahnt Ministerpräsident Woidke.

Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke befürchtet, dass die AfD die Landtagswahl am 1. September gewinnt. Man könne sehen, „dass es kein Schreckgespenst ist, das wir an die Wand malen, sondern ein AfD-Sieg bittere Realität werden kann“, warnte Woidke am Wochenende in einer E-Mail an die rund 6500 SPD-Mitglieder im Land.

Er reagierte damit auf eine Forsa-Umfrage im Auftrag der „MAZ“, nach der die AfD mit 21 Prozent stärkste Kraft wäre, vor der CDU mit 18 Prozent. Die SPD, die in Brandenburg seit 1990 regiert, liegt mit 17 Prozent nur auf dem dritten Platz. Und das nur mit hauchdünnem Vorsprung vor den Grünen (16), die die Linken (14) überholt haben. Bei einer Fehlertoleranz von drei Prozentpunkten liegen damit fünf Parteien etwa gleichauf.

Wenn sich das fortsetzt, läuft es auf ein dramatisch enges Finale hinaus, ob CDU-Oppositionsführer Ingo Senftleben Ministerpräsident wird, Woidke es womöglich doch wieder schafft oder sogar die Grünen-Spitzenkandidatin Ursula Nonnemacher. Am Wochenende erklärte Nonnemacher ihre Bereitschaft, erste Ministerpräsidentin des Landes zu werden.

SPD, CDU, Linke und Grüne schließen eine Koalition mit der vom Rechtsaußen Andreas Kalbitz geführten AfD strikt aus. Wer auf Platz zwei einläuft, würde wohl den Ministerpräsidenten stellen können. Aktuell wäre das CDU-Spitzenkandidat Senftleben, den selbst in der eigenen Partei schon mancher abgeschrieben hatte. Nun ist er plötzlich wieder im Spiel.

Möglich wäre ohnehin nur noch eine Dreierkoalition, und selbst das nur knapp. CDU, SPD und Grüne kommen zusammen auf 51 Prozent. Eine Koalition aus CDU mit Linken und Grünen, die Senftleben favorisiert, käme derzeit auf 48 Prozent. Und SPD, Linke und Grüne, die in Berlin regieren, haben zusammen 47 Prozent.

Ingo Senftleben, CDU-Fraktionsvorsitzender im Landtag von Brandenburg.
Ingo Senftleben, CDU-Fraktionsvorsitzender im Landtag von Brandenburg.

© Annette Riedl/dpa

Rot-Rot-Grün wird in der SPD und bei den Linken von vielen favorisiert. Die Grünen halten sich in beide Richtungen offen. Ein rot-rot-grünes Bündnis liegt zumindest auch bei der direkten Frage nach der Wunschkoalition bei den Brandenburgern vorn mit 38 Prozent Befürwortern, gefolgt von einem Zusammenschluss von SPD, CDU und Grünen mit 26 Prozent. Ein Bündnis aus CDU, Linken und Grünen befürworten lediglich fünf Prozent.

Grüne halten sich beide Richtungen offen

Sollten die Liberalen, aktuell bei fünf Prozent, und die Freien Wähler (vier Prozent) den Einzug in den Landtag schaffen, würde es noch bunter. Dann wäre womöglich sogar eine Vierer-Koalition nötig. Und Freie-Wähler-Spitzenkandidat Peter Vida, der am Wochenende als Landeschef bestätigt wurde, hat gute Chancen auf das Direktmandat in seinem Wahlkreis um Bernau. Schafft er das, würde nach einer Verfassungsklausel für die Freien Wähler die Fünf–Prozent-Hürde nicht mehr gelten.

Ursula Nonnemacher (Grüne) hat ihre Bereitschaft erklärt, erste Ministerpräsidentin von Brandenburg zu werden.
Ursula Nonnemacher (Grüne) hat ihre Bereitschaft erklärt, erste Ministerpräsidentin von Brandenburg zu werden.

© Christoph Soeder/dpa

Eine dritte Neuauflage von Rot–Rot, das in Brandenburg seit 2009 regiert, ist im Grunde ausgeschlossen. Waren 2016 noch 57 Prozent der Brandenburger mit der Regierung zufrieden, sind es jetzt nur 41 Prozent. „Die Regierung und Dietmar Woidke haben fertig“, erklärte CDU-Generalsekretär Steven Bretz. Die Umfrage zeige aber auch, „dass sich der große Frust über die schlechte Arbeit der Landesregierung in eine Bereitschaft ummünzt, blanken Protest zu wählen.“ Die CDU wolle die letzten Tage vor der Wahl dafür werben, „eine Wahlentscheidung für und nicht gegen Brandenburg zu fällen“, sagt Bretz.

„Wir haben drei Wochen Zeit. Nutzen wir sie!“

In der Vergangenheit hat die SPD in Brandenburg, wenn es eng wurde, auf ihre traditionell starken Ministerpräsidenten setzen können, auf Matthias Platzeck (2002 bis 2013), Manfred Stolpe (1990 bis 2002) oder auch Woidke noch 2014.

Andreas Kalbitz, Landesvorsitzender der AfD in Brandenburg.
Andreas Kalbitz, Landesvorsitzender der AfD in Brandenburg.

© Patrick Pleul/dpa

„2004 lagen wir sechs Wochen vor der Wahl in den Umfragen teilweise abgeschlagen auf dem dritten Platz hinter CDU und Linkspartei und haben am Ende die Wahl gewinnen können“, erinnerte Platzeck jetzt in einem dpa-Interview. „Da ist eine Menge möglich in den letzten Wochen.“ Schließlich stehe das Land gut da wie nie. Allerdings gebe es „eine Grundstimmung, die sich ein Stück von den Daten und Fakten gelöst hat“.

Und Woidke ist weit von Platzecks damaligen Werten entfernt. Wenn die Brandenburger direkt wählen könnten, würden sich zwar 38 Prozent für ihn entscheiden, für Senftleben inzwischen 16 Prozent. Doch war der Abstand noch nie so klein.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Umfrage hatte Woidke noch demonstrativ gelassen reagiert: „Bis zur Wahl wird es noch 15 bis 20 Umfragen geben. Wir stehen am Anfang der heißen Phase des Wahlkampfes und nicht am Ende“, sagte Woidke am Freitagabend dem Tagesspiegel. „Deshalb wird uns das nicht unruhig machen in irgendeiner Art und Weise oder demotivieren.“ Man kämpfe umso mehr für ein gutes Ergebnis.

In Woidkes Mitgliedermail an die verunsicherte Parteibasis findet sich aber keinerlei inhaltliche Aussage, wie er das Steuer noch herumreißen will, sondern lediglich ein allgemeiner Appell, irgendetwas zu tun: „Wir haben drei Wochen Zeit. Nutzen wir sie!“

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