zum Hauptinhalt
Wollen Tempo machen: Raed Saleh (SPD, links), Vorsitzender der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, und Engelhard Mazanke, Direktor des Landesamts für Einwanderung.

© dpa/Britta Pedersen

Update

Kürzere Wartezeiten angestrebt: Einbürgerungszentrum für ganz Berlin soll ab 2023 arbeiten – mit 200 neuen Mitarbeitern

Die Anzahl der Einbürgerungen in Berlin soll auf 20.000 pro Jahr verdreifacht werden. Noch ist unklar, woher das Personal dafür kommt.

In sechs verschiedenen Sprachen steht das Wort „Willkommen“ an der Wand hinter Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Am Montag stellten die beiden Politiker vor dem riesigen Graffiti am Landesamt für Einwanderung (LEA) in Moabit ihre Pläne für ein neues „Zentrales Einbürgerungszentrum“ für Berlin vor.

Schon im Laufe des Jahres 2023 soll es seinen Dienst aufnehmen, versprach Spranger bei dem Termin. 200 neue Mitarbeiter sollen dafür eingestellt werden und auch einen Ort braucht es noch für das neue Amt. Erst dann, erklärt Innensenatorin Spranger die Notwendigkeit ihres Handelns, könne Berlin die Zahl von 20.000 Einbürgerungen pro Jahr erreichen, die man sich politisch vorgenommen hat.

Organisieren und führen soll das neue Zentrum Engelbert Mazanke, der Leiter des LEA. Der erfahrene Verwaltungsbeamte soll sich darum kümmern, dass der Einwanderungsprozess erheblich beschleunigt und digitalisiert wird. Insbesondere sollen die Wartezeiten für die künftigen deutschen Staatsangehörigen deutlich verringert werden.

Bisher sind die zwölf Berliner Bezirke zuständig. In jedem Bezirk arbeiten vier bis fünf Leute an den Einwanderungsanträgen.

[Konkrete Bezirksnachrichten, Kiez-Debatten, Tipps und Termine - jetzt gebündelt und kostenlos in Berlins Bezirksnewslettern vom Tagesspiegel: leute.tagesspiegel.de]

Die bezirklichen Stellen sind chronisch überlastet, teils warten Einbürgerungswillige mehr als zwei Jahre. Im Bezirk Pankow dauert allein die Eingangsbestätigung von Einbürgerungsanträgen bis zu sechs Monate. Selbst im schnellsten Bezirk, Treptow-Köpenick, nimmt das Verfahren bisher rund ein halbes Jahr in Anspruch.

Bislang werden in Berlin jährlich 6000 bis 7000 Ausländer eingebürgert. Diese Zahl will der Senat verdreifachen. Von den 3,7 Millionen Einwohnern Berlins sind nach Angaben des Amtes für Statistik rund 800.000 Ausländer ohne deutschen Pass. Schätzungen besagen, dass bis zu 450.000 Menschen in der Stadt grundsätzlich die Kriterien erfüllen könnten, einen deutschen Pass zu beantragen. Das bestätigten Mazanke und Spranger am Montag.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Mazanke skizzierte am Montag auch, wie die enorme Steigerung der Einbürgerungszahlen erreicht werden soll. Die Hälfte soll durch mehr Personal abgefangen werden. Dafür hoffen Spranger und Co. darauf, dass sich die bisherigen Einwanderungsexperten aus den Bezirken im neuen Landesamt bewerben.

Spranger betonte jedoch: „Wir wollen die Expertise der Mitarbeiter, aber die Stellen bleiben bei den Bezirken.“ Das heißt, dass die Bezirke nach dem Willen von Spranger neu über die dann frei gewordenen Stellen verfügen können. Hier droht womöglich ein Konflikt mit Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne), der dem Vernehmen nach eine Personalpoollösung favorisiert. Faktisch würden die Bezirke dann Personal an das Einwanderungsamt verlieren – diesen Konflikt will sich Spranger sparen.

Mehr Effizienz durch Digitalisierung

Die zweite Hälfte der Steigerung der Einbürgerungen soll, nach den Vorstellungen von Mazanke, durch Effizienzsteigerungen bei der Arbeit erbracht werden. Dazu sollen Prozesse digitalisiert und durch einen Standardprozess vereinheitlich werden. Als Beispiel nannte Mazanke das verpflichtende Beratungsgespräch schon vor der Antragsstellung: Künftig könnte dieses nach dem Vorbild von München durch eine digitale Abfrage der wichtigsten Daten ersetzt werden.

Automatisiert würde das System dann beantworten, ob ein Antrag auf Einbürgerung überhaupt Sinn ergibt. „Man trägt die Fakten ein und kriegt sofort eine Rückmeldung – so sparen wir viel Zeit und Ressourcen“, sagte Mazanke. Allerdings warnte der LEA-Chef auch vor übertriebenen Erwartungen an das neue Amt: „Wir werden nicht am 1. Januar 2023 plötzlich 20.000 Einbürgerungen haben, sondern die Kapazität langsam hochfahren.“ Neben neuen Räumen bräuchte es auch umfangreiche Mitarbeiterschulungen. Die Zielzahl könne dann womöglich Ende 2024 erreicht werden.

[Mehr aus der Hauptstadt. Mehr aus der Region. Mehr zu Politik und Gesellschaft. Und mehr Nützliches für Sie. Das gibt's nun mit Tagesspiegel Plus: Jetzt 30 Tage kostenlos testen.]

Offen ist noch der Ort für das neue Einwanderungszentrum. Die Räumlichkeiten des LEA in Moabit reichen nicht aus. SPD-Fraktionschef Raed Saleh wünschte sich am Montag einen Standort auf dem Siemenscampus in seinem Heimatbezirk Spandau, denn der Ort spiegele „das moderne Berlin“ wider. Allerdings müsste noch ein geeignetes Gebäude gefunden werden – und bezahlbar sein müsste es auch, sagte Saleh. Er betonte: „Einbürgerung ist uns in Berlin keine Last, sondern sehr willkommen.“

Saleh, geboren im Westjordanland, wurde selbst 2004 eingebürgert. Er versprach erneut, auch das System der Kettenduldungen durchbrechen und mehr Menschen eine Perspektive auf einen Pass geben zu wollen.

Am Dienstag will der Senat sich mit dem Einwanderungsamt beschäftigen. Dann soll unter der Leitung von Sprangers Innenverwaltung eine Expertengruppe eingesetzt werden, die die Pläne für das Amt konkretisiert. Dabei sollen auch Vereine und migrantische Organisationen einbezogen werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false