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 Julia Schneider will in ihrem neuen Comic-Essay „Money Matters“ vor allem Frauen das Finanzwesen näherbringen.

© Madlen Haarbach

Künstliche Intelligenz, Algorithmen, Steuersystem: Julia Schneider vermittelt komplexe Themen als Comic

Wie lernt ein Computer, Hunde von Katzen zu unterscheiden? Wie funktioniert das deutsche Steuersystem? In ihren Comics erklärt die Neuköllnerin Julia Schneider sperrige Themen. 

Komplexe Themen durch ein paar Grafiken und pointierte Texte vermitteln – das ist die Idee der Neuköllner Comic-Essayistin Julia Schneider. Eigentlich ist sie Volkswirtin, arbeitete lange in der Wissenschaft und später in einer Data-Science-Firma. 

„Ich habe mit vielen Leuten über KI (Anm: künstliche Intelligenz) gesprochen und hatte den Eindruck, dass die Ängste, die die Leute vor KI haben – oder auch ihre Wünsche –, nicht unbedingt diejenigen sind, die man hat, wenn man sich selbst mit Algorithmen oder algorithmischer Entscheidungsfindung beschäftigt“, erzählt sie. 

Comics mochte sie schon lange und so entstand irgendwann die Idee, sich während eines Sabbaticals mit einem Comic über künstliche Intelligenz zu beschäftigen. „Das war gar nicht als Einstieg in die Comic-Autorenschaft geplant, sondern eher einfach als: Ich mache jetzt einen Comic zu KI“, sagt Julia Schneider. Gemeinsam mit der Comiczeichnerin Lena Kadriye Ziyal entwickelte sie dann den Comicessay „We need to talk, AI“ (Wir müssen reden, KI). 

In ihren Zeichnungen erklärt sie unter anderem anhand von Katzenbildern, wie Algorithmen funktionieren und wie der Computer beispielsweise lernt, Katzen von Hunden zu unterscheiden. Dabei geht sie auch auf mögliche Fehler und Gefahren der Technik ein. Den Comic kann man über eine Creative-Commons-Lizenz, also frei verwendbar, auf Englisch, Spanisch und Slowenisch kostenlos herunterladen, seit kurzem gibt es auch eine türkische Übersetzung. Außerdem gibt es das Essay auch auf Deutsch als Buch. 

„Mittlerweile haben den Comic über 30.000 Leute auf der ganzen Welt heruntergeladen und das ist etwas, das ich mir nie hätte vorstellen können“, sagt Schneider. Genau das war aber die Idee: „Wir wollten ein offenes Angebot machen, damit Leute befähigt werden, die sich vorher vielleicht zu dumm vorgekommen sind oder zu ängstlich waren.“

Aktuell arbeitet sie an einem Comic-Handbuch über Geld

Als sie merkte, dass das Konzept viele Leute anspricht, beschloss sie, nicht aus dem Sabbatical zurück in ihren bisherigen Job zu gehen. Aktuell bereitet sie ihr nächstes Buchprojekt über die Finanzwelt vor, „Money Matters“. Der ComicEssay soll im Sommer erscheinen und auch eine Art frei zugängliches Handbuch sein, das etwa das deutsche Steuersystem anschaulich erklärt.

Julia Schneider und ihre Co-Autorinnen, die Wirtschaftsprofessorin Miriam Beblo und die Illustratorin Pauline Cremer, sehen darin auch einen emanzipatorischen Akt: Gerade viele Frauen würden beim Thema Geld nicht genau hinsehen, auch bei Hochzeit oder Scheidung. „Das ist schon auch ein feministischer Anspruch, dass wir ein paar Ideen geben, worauf man gucken kann“, sagt Schneider.

Die Comics können frei heruntergeladen werden

Geld verdient Julia Schneider selbst nicht unbedingt mit den Comics – sondern mit Ausstellungen und Veranstaltungen darum herum. „Das ist ein bisschen wie bei Bands, die auch nicht mehr mit dem einzelnen Song Geld verdienen, sondern mit der Tour“, sagt sie. Dadurch, dass ihre Comics frei zur Verfügung stehen, würden diese auch mehr gelesen – und sie erhält Anfragen für Ausstellungen und Vorträge überall aus der Welt. 

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Zum Teil bewirbt sie sich auch auch für Fördermittel, etwa für Onlineseminare, die auf dem Comic basieren. „Es kommt mir so vor, als wäre das die Form, wie Bildung in Zukunft organisiert werden könnte: Über Open Educational Ressources“, also frei zugängliche Bildungsmaterialien, sagt sie. Gleichzeitig könnte so immer wieder Neues entstehen und Altes neu gemischt werden.

Illustration: Moneymatters.art
Illustration: Moneymatters.art

© Illustration: Moneymatters.art

Parallel zu dem Buchprojekt „Money Matters“ arbeitet Julia Schneider seit Beginn der Coronakrise an den „Corona Scribbles“ – einer losen Comicserie über ihre Gedanken und Erlebnisse rund um die Pandemie. Sie entwickelte etwa einen Comic über das Leben im Risikogebiet Neukölln oder zeichnete auf, wie man mit Horrorfilmen besser durch die Krise kommt. 

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„Ich will den Leuten nicht sagen: So ist die Welt“, sagt Schneider. Vielmehr wolle sie einfach ihre subjektive Sicht zeigen – und auch zur Interaktion einladen. Deswegen überlegt sie aktuell, wie sie ihre Konzepte aus der digitalen Welt in die analoge übertragen kann, etwa durch Plakate im öffentlichen Raum. „Ich würde gerne den Raum für eine Art Pingpong-Situation schaffen“ – in der die Menschen auf ihre Comics antworten und andere Menschen dann wieder auf diese Antworten reagieren.

Weitere Infos zu Julia Schneider gibt es auf ihrer Webseite docjsnyder.net. Alle Infos zum neuen Comic „Money Matters“ und erste Eindrücke der fertigen Seiten gibt es auf moneymatters.art.

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