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Helmuth Frauendorfer soll Frauen an der Stasiopfer-Gedenkstätte belästigt haben und wurde gekündigt.

© Alexander Fröhlich

Update

Kündigung nach Belästigungsvorwürfen: Vize-Direktor der Stasi-Gedenkstätte verliert vor Gericht

Der Vize-Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen soll Mitarbeiterinnen sexuell belästigt haben. Er verlor, wie sein Ex-Chef Hubertus Knabe, seine Stelle.

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Kündigung des wegen Belästigungsvorwürfen entlassenen Vize-Direktors der Stasiopfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen für rechtens erklärt. Das Gericht wies Helmuth Frauendorfers Kündigungsschutzklage am Mittwoch ab.

Frauendorfer war im September 2018 wegen Vorwürfen entlassen worden, er habe deutlich jüngere Mitarbeiterinnen sexuell belästigt. Er selbst hatte im vergangenen Sommer über seinen Anwalt Fehlverhalten und Mangel an Sensibilität eingeräumt. Frauendorfer hatte aber betont, sein Verhalten abgestellt zu haben.

Das Gerichte attestierte Frauendorfer Uneinsichtigkeit. Es sei nicht ausgeschlossen, dass sich das Fehlverhalten und inadäquate Verhalten wiederhole. Er sei nicht für den Posten geeignet, weil er unangemessene Situationen für Bewerbungsgespräche mit jungen Frauen herbeigeführt habe. Zudem habe er dieses Verhalten trotz Ermahnung durch seinem damaligen Chef Hubertus Knabe nicht abgestellt. Es ging um Bewerbungsgespräche im privaten Rahmen und abends in Restaurants.

Neuer Direkter der Stasi-Gedenkstätte zeigt sich erleichtert

Ob die Vorwürfe sexueller Belästigung zutreffen, hat das Gericht nicht entschieden. Dies sei nicht Gegenstand des Verfahrens, sagte der Richter. Es sei aber nicht auszuschließen, dass die Vorwürfe teilweise oder in Gänze zutreffen. Frauendorfer selber und sein Anwalt waren nicht zur Urteilsverkündung erschienen. Er kann jetzt aber Rechtsmittel vor dem Landesarbeitsgericht einlegen.

Der neue Direktor der Gedenkstätte, Helge Heidemeyer, zeigte sich erleichtert über die Entscheidung. An der Gedenkstätte habe wegen der ausstehenden Entscheidung weiter Unruhe geherrscht. Nun könne die Gedenkstätte sich „wieder mit ungeteilter Aufmerksamkeit ihrer Aufgabe widmen, die den Opfern des DDR-Staatssicherheitsdienstes verpflichtet ist: der Auseinandersetzung mit den Formen und Folgen politischer Verfolgung.“

Die klare Positionierung des Gerichtes sei zudem ein „wichtiges und ermutigendes Signal an alle Menschen, sich gegen Machtmissbrauch und sexuelle Belästigung im Arbeitsverhältnis zu Wort zu melden“. Es gebe den Frauen recht, die sich gegen das unangemessene Verhalten Frauendorfers gemeinsam gewehrt haben.

Hubertus Knabe habe strukturellen Sexismus in Hohenschönhausen zugelassen

Insgesamt waren dem ehemaligen Vizedirektor sexuelle Übergriffe und Belästigungen im Zeitraum von 2011 bis zu seiner Kündigung 2018 vorgeworfen worden, betroffen sein sollen Volontärinnen, Praktikantinnen und Frauen, die ihr freiwilliges soziales Jahr in der Gedenkstätte absolvierten.

In einem Brief an Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) schilderten sechs Frauen im Juni 2018 eine von Frauendorfer ausgehende „enge, fast intime körperliche Nähe“, „Berührung wie Streichen über die Arme, enge Umarmungen bei Mitarbeiterinnen, unsachliches Lob, das Äußerlichkeiten (Figur, Schönheit) betont“.

Und er soll ihnen von seinen Besuchen im Bordell oder im Swingerclub berichtet haben. Der Stiftungsrat unter Vorsitz von Lederer hatte im September 2018 entschieden, Frauendorfer und Knabe zu kündigen. Knabe sei nicht entschlossen genug gegen seinen Vize vorgegangen und habe strukturellen Sexismus zugelassen, Machtmissbrauch und sexuelle Belästigung toleriert. Inzwischen gibt es mit Helge Heidemeyer einen neuen Direktor, der an der Gedenkstätte einen Kulturwandel herbei führen soll.

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