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Viele an einem Tisch: Die Berliner Verwaltung soll diverser werden. (Symbolbild)

© Getty Images

Kritik an Berlins Senatorin für Integration: Migrationsrat fordert Quotenregelung für von Rassismus Betroffene

Die Kritik an Senatorin Elke Breitenbach wächst: Dem Berliner Migrationsrat geht der Gesetzentwurf der Linken für eine Migrantenquote nicht weit genug.

Die von Senatorin Elke Breitenbach vorgeschlagene Novelle des Partizipations- und Integrationsgesetzes stößt beim Koalitionspartner SPD und der Opposition auf Protest.

Die AfD kündigte bei Verabschiedung eine Verfassungsklage an, die CDU-Fraktion brachte diese Woche einen scharf formulierten Antrag ein, in dem sie eine Migrantenquote für den öffentlichen Dienst „unnötig, unsinnig, schädlich, verfassungswidrig“ nannte und Breitenbach „krude Vorstellungen“ vorwarf.

Doch auch Interessenverbände sind unzufrieden mit den Plänen der Senatorin. Der Berliner Migrationsrat etwa – ein Dachverband von mehr als 70 Selbstorganisationen aus migrantischen, jüdischen, Schwarzen, Sinti und Roma und weiteren Communitys – wünscht sich eine noch viel weitergehende Fassung des Partizipations- und Integrationsgesetzes.

Der Verband kritisiert die Verwendung des Wortes „Migrationshintergrund“ im Gesetzestext: Es trifft nach der Definition nur auf jeden zu, der oder die selbst oder bei dem ein Elternteil die deutsche Staatsbürgerschaft nicht durch Geburt besitzt.

Damit, glaubt Geschäftsführer Koray Yilmaz-Günay, verfehle das Gesetz sein Ziel, strukturellen Rassismus in der Verwaltung abzubauen. „Für die Nachkommen von Gastarbeitern in dritter oder vierter Generation gilt das nicht mehr“, sagte Yilmaz-Günay dem Tagesspiegel. „Sie erfahren aber trotzdem Diskriminierung.“

„Das Problem heißt Rassismus“ – aber darf man das sagen?

Auch Schwarze, Sintize und Rominja sowie jüdische Menschen, deren Familien „zum Teil seit der Zeit des Römischen Reichs auf dem Gebiet des heutigen Deutschland leben“, würden vom Merkmal „Migrationshintergrund“ nicht erfasst.

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Ein weiteres Problem aus Sicht des Verbands: „Migrationshintergrund“ kann viel heißen. Eine Behörde, in der von 100 Mitarbeitern 35 aus Dänemark, Niederlande oder Frankreich stammen, könnte ihre Quote erfüllen, ohne etwas gegen die strukturelle Benachteiligung von nichtweißen Menschen getan zu haben.

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Yilmaz-Günay ist frustriert: „Das Problem heißt Rassismus, aber um darüber zu reden, müssen in Deutschland immer verklausulierte Ersatzwörter gefunden werden – interkulturell, interreligiös, Vordergrund, Hintergrund.“

Verband fordert mehr Mut von Breitenbach

Eine Quotenregelung wäre bundesweit wegweisend, sagt Yilmaz-Günay. Deshalb wünscht sich der Migrationsrat mutigere Formulierungen von Breitenbach und der Integrationsbeauftragten Katarina Niewiedzial. „Schaffen Sie eine Quotenregelung, die allen rassismusbetroffenen Menschen Chancengerechtigkeit in Einstellungsverfahren wie auch Beförderungsverfahren ermöglicht.“

In der Senatsverwaltung kennt man die Forderungen und versteht sie auch: „Die Bewertung, ob Menschen von Rassismus betroffen sind, beruht auf einer Selbsteinschätzung, die ich nicht in Frage stelle“, entgegnet Breitenbach. Auf Grundlage dieser Einschätzung jemanden bevorzugt einzustellen sei rechtlich aber nicht möglich.

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