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Exportschlager Medizin: Die Erzeugnisse aus dem pharmazeutischen Bereich sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Berlin.

© imago/photothek

Krieg, Lieferengpässe, Inflation: Berlins Exporte nach Corona-Einbruch erholt – aber 2022 ausgebremst

Die Berliner Exporte sind nach dem ersten Einbruch in der Coronakrise um neun Prozent gestiegen. Doch mehrere Entwicklungen bergen Risiken im laufenden Jahr.

Berlin hat im vergangenen Jahr wieder mehr Güter ausgeführt als nach dem Einbruch in der ersten Phase der Coronavirus-Pandemie. Der Aufschwung fiel mit 9,2 Prozent etwas geringer als in Gesamtdeutschland (plus 14 Prozent) aus.

Allerdings war der Einbruch im ersten Krisenjahr 2020 in der Hauptstadt auch deutlich geringer (minus 4,9 Prozent zu minus 9,1 Prozent in Gesamtdeutschland), denn der besonders betroffene Automobilsektor spielt in der Hauptstadt eine geringere Rolle als in anderen Regionen. Dies teilte die landeseigene Investitionsbank Berlin (IBB) am Mittwoch mit.

Der Handel mit den USA, dem wichtigsten Berliner Handelspartner, verringerte sich im Jahr 2021 um 1,6 Prozent auf knapp 1,4 Milliarden Euro. Das entsprach einem Rückgang von 22 Millionen Euro. China nahm nach einem kurzen coronabedingten Abstieg wieder den zweiten Rang der wichtigsten Berliner Exportländer ein, den das Land seit 2017 innehatte. Nur 2020 war es hinter Frankreich auf Platz drei abgerutscht. Die Ausfuhren nach China stiegen nun um 18,7 Prozent (193 Millionen Euro) auf ein Exportvolumen von 1,2 Milliarden Euro.

Mit einem Volumen von insgesamt 15,8 Milliarden Euro übertrafen die Berliner Exporte im Jahr 2021 sogar schon wieder das Vorkrisenniveau des Jahres 2019, als die Wirtschaft der Hauptstadt Güter über 15,2 Milliarden Euro in andere Länder lieferte. Zum Ende des vergangenen Jahres bremsten jedoch Engpässe - insbesondere bei spezifischen Vorleistungsgütern wie Halbleitern - den Aufschwung im produzierenden Gewerbe in Berlin.

Die wichtigsten Ausfuhrgüter insgesamt waren pharmazeutische Erzeugnisse. Ihr Anteil an den Berliner Exporten betrug 21 Prozent. Im Jahr 2021 stiegen die Ausfuhren in diesem Bereich um 18,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, also plus 512 Millionen Euro auf insgesamt 3,3 Milliarden Euro.

Russland befindet sich beim Export auf Rang elf der wichtigsten Länder

Mit dem Ukraine-Krieg gefährdet nun eine neue Krise den Handel. Die direkten Verflechtungen der Berliner Exportwirtschaft mit den beteiligten Ländern sind jedoch begrenzt. Russland befindet sich mit einem Volumen von 385 Millionen Euro auf dem elften Rang der wichtigsten Abnehmer. Die Berliner Ausfuhren dorthin dürften infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine und der vom Westen verhängten Sanktionen deutlich einbrechen, hieß es bei der IBB.

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Das wichtigste Berliner Exportgut nach Russland sind mit 130 Millionen Euro pharmazeutische Erzeugnisse. Diese machen zwar ein Drittel der gesamten Berliner Ausfuhren nach Russland aus, gemessen an den gesamten pharmazeutischen Exporten aus Berlin sind es aber nur vier Prozent. Danach folgen Exporte von Kraftmaschinen mit 35 Millionen Euro beziehungsweise 4,6 Prozent der gesamten Kraftmaschinen-Exporte Berlins.

Die Ukraine macht nur 0,6 Prozent der Berliner Exporte aus

Die Ukraine lag im Jahr 2021 mit einem Exportvolumen von 87 Millionen Euro (0,6 Prozent der gesamten Berliner Exporte) auf dem 36. Platz der wichtigsten Berliner Handelspartner.

Im Vergleich zu 2020 stiegen die Ausfuhren in die Ukraine um 13,7 Prozent. Wichtigste Exportgüter waren auch hier pharmazeutische Erzeugnisse mit 34 Millionen Euro - das entspricht 1,1 Prozent Anteil der Berliner Exporte dieser Kategorie.

Was die Importe angeht, lag Russland mit einem Volumen von 59 Millionen Euro auf Platz 32 der wichtigsten Importländer der Hauptstadt. Russische Importe machen lediglich 0,4 Prozent der gesamten Berliner Importe aus.

Erdöl und Erdgas sind die wichtigsten Importe aus Russland

Größer ist die Abhängigkeit beim Import. Die wichtigsten Berliner Einfuhrgüter aus Russland sind laut IBB Erdöl und Erdgase (neun Millionen Euro), die auf dem Papier jedoch nur 3,6 Prozent der gesamten Berliner Importe von Erdöl und -gas ausmachen.

Dahinter steckt ein statistisches Problem: Importe und Lieferungen über die Bundesländergrenze hinweg werden aber in der Statistik nicht erfasst, sodass ein Großteil der Erdöl und Gasimporte aus Russland in der Statistik nicht verzeichnet sind - sie gelangen über Brandenburg nach Berlin.

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Tatsächlich kommt das meiste Benzin an den Tankstellen der Hauptstadt aus Raffinerien, die russisches Öl verarbeiten. Auch beim Heizen wird in großen Teilen russisches Gas verwendet. Rund 90 Prozent des gesamten Benzin-, Diesel-, Kerosin- und Heizölbedarfs im deutschen Nordosten wird von dem Unternehmen PCK gedeckt, dessen Raffinerie sich in der brandenburgischen Kleinstadt Schwedt befindet.

Bei den Importen aus der Ukraine betrug das Volumen 15 Millionen Euro - das entspricht 0,1 Prozent aller Importe und Platz 51 der Berliner Importpartner. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Einfuhren 2021 um 2,4 Prozent. Wichtigste Importgüter: Möbel (zwei Millionen Euro), Sportgeräte (zwei Millionen Euro) und Bekleidung aus Seide oder Chemiefasern (eine Million Euro).

Der Export wird durch die aktuellen Bedingungen in diesem Jahr gebremst

Gebremst werde allerdings der Export in diesem Jahr nach Ansicht der IBB-Volkswirte von "weltweit steigenden Preisen bei Energie und Rohstoffen, weiterhin gestörten Lieferketten sowie fehlenden Vorleistungsgütern".

Sie rechnen unter den aktuellen Bedingungen damit, dass der Berliner Export auf das Jahr 2022 hochgerechnet um drei Prozent steigen könnte - je nach Krisenverlauf.

"Die hochspezialisierte Berliner Industrie mit ihren traditionellen Schwerpunkten auf Pharmazie und Medizintechnik sowie Geräten zur Elektrizitätsherstellung hat sich insgesamt in der Coronakrise als äußerst resilient bewiesen. Diese Widerstandskraft bleibt gefragt, zumal die eine Krise gerade übergangslos durch die nächste abgelöst wird", teilte Hinrich Holm, Vorsitzender des IBB-Vorstands, mit.

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