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Kinderspielplatz

© dpa

Kinderlärm: Krach um junge Ruhestörer

Die Klagen über lärmende Kinder nehmen zu. Nachbarn beschweren sich über Spielplätze und Klavierstunden. Haben Minderjährige ein Recht auf lautes Spielen und Musizieren? Ein Pro & Contra.

Neue Spielplätze werden rasch wieder abgebaut, kaum beschweren sich einige Nachbarn über dortigen Kinderlärm. In Charlottenburg wehrt sich eine Kita vor Gericht gegen Anwohner, denen der tobende Nachwuchs zu laut ist. Und in Spandau muss ein Vater, wie berichtet, 50 Euro Bußgeld wegen Lärmbelästigung zahlen, weil seine 16-jährige Tochter sonntags Klavier übte: Berliner Kinderschutzverbände und Familienpolitiker beklagen, dass solche Streitigkeiten stark zunehmen. Zugleich machen sie sich für mehr Toleranz gegenüber Kindern und Jugendlichen stark und wollen diese liberalere Haltung besser gesetzlich festschreiben. Doch damit provozieren sie Widerspruch: Kinder müssten stattdessen mehr Rücksichtnahme und Kompromissbereitschaft lernen, meint die Gegenseite.

Nach den Erfahrungen des Kinderhilfswerks haben besonders private Siedlungsgesellschaften in Berlin als Vermieter „wenig Rückgrat“, wenn sich Mieter über Spielplatzlärm beklagen. „Kleinere Plätze verschwinden dann ganz schnell“, sagt Hilfswerk-Sprecher Holger Hofmann – obwohl nach der Bauordnung für jedes neue Gebäude mit mehr als drei Wohnungen ein Spielplatz angelegt werden muss. Bolzplätze würden hingegen seltener dichtgemacht. Häufig ende der Zank ums Kicken mit einem gerichtlichen Urteilsspruch, der Fußballspielen nur noch zu bestimmten Zeiten zulässt.

Die heftigste Debatte im Streit um die jungen „Ruhestörer“ hat aber das Urteil des Amtsgerichtes Tiergarten zum sonntäglichen Pianospiel ausgelöst. Ein Nachbar hatte sich über die Übungen der 16-Jährigen beschwert, das Umweltamt meinte, dass er recht habe, und setzte das Bußgeld durch. Das Klavierspiel sei „erheblich störend“, befand der Richter mit Bezug auf das Landesimmissionsschutzgesetz. Denn laut Gesetz ist Musizieren zwar tagsüber erlaubt, es folgt aber die Einschränkung: es sei denn, jemand fühlt sich „in seiner Ruhe erheblich gestört“. Damit ist „die Rechtslage interpretationsabhängig“, rügt der Mieterverein. Die SPD im Abgeordnetenhaus erwägt nun, im Gesetz mehr Toleranz gegenüber Kindern festzuschreiben. Bislang wird zwischen Kinder- und Gewerbelärm nicht unterschieden.

Einen entsprechenden Gesetzeszusatz fordern auch der Tonkünstlerverband und der Landesmusikrat als Dachverband aller Musikorganisationen. „Musizierende Kinder sind ein Glücksfall für unsere Gesellschaft“, sagt Musikratspräsident Christian Höppner. Das Urteil sei eine „perfide Umkehrung von Musik in Lärm“. Junge Musiker hätten oft nur am Wochenende Zeit zum Üben. Die Umweltsprecherin der Grünen, Felicitas Kubala, hält hingegen Berlins Lärmschutzparagrafen für ausreichend. Der Senat solle besser eine „Respekt-Kampagne“ starten, sagt sie – unter dem Motto: „Sei leise, sei rücksichtsvoll, sei Berlin!“

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