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Die Beamten waren an dem Abend wegen Hausfriedensbruchs in Niederschöneweide alarmiert worden.

© IMAGO / U. J. Alexander

Obdachloser nach Pfefferspray-Einsatz gestorben: Körperverletzung mit Todesfolge – Ermittlungen gegen zwei Berliner Polizisten

Der 39-jährige Obdachlose war nach einem Polizeieinsatz im April gestorben. Die Ermittlungen sollen nun zeigen, ob die Beamten Schuld an seinem Tod tragen.

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat ein Ermittlungsverfahren gegen eine Polizistin und einen Polizisten wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge eingeleitet. Das teilte die Behörde am Dienstag mit. Es geht um einen betrunkenen Obdachdachlosen, gegen den die Beamten am 20. April mit Pfefferspray vorgegangen waren.

Der 39-jährige Marcel K. musste bereits kurz nach dem Einsatz reanimiert werden. Eine Woche später starb er im Krankenhaus. In linken Kreisen wird der Tod den Beamten angelastet, für 2. Juli wird für eine Demonstration mobilisiert. Doch geklärt ist die Sache noch nicht. Eine Mordkommission des Landeskriminalamtes (LKA) hat den Fall übernommen.

Die Beamten waren an dem Abend wegen Hausfriedensbruchs in Niederschöneweide alarmiert worden. In der Brückenstraßen trafen sie in einem Treppenhaus drei Obdachlose an, nach Angaben der Polizei forderten sie die Männer auf, das Haus zu verlassen. Zwei der Obdachlosen seien dann gegangen, der dritte Mann, also Marcel K., soll die Polizisten mit einer Glasflasche beworfen, nach ihnen getreten und geschlagen haben.

Aus dem Umfeld des Mannes und linker Aktivisten hieß es, dass K. seit Monaten an einer offenen Beinverletzung gelitten haben soll. Einer der Polizisten soll an diesem Bein gezogen haben. Das könnte, so lässt sich aus den verschiedenen Darstellungen schließen, der Auslöser für K.s Reaktion gewesen sein.

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Weil die Polizisten nach Darstellung der Polizei angegriffen worden sein sollen, hätten diese dann Pfefferspray gegen K. eingesetzt, hieß es. Dann sei es ihnen gelungen, den Mann zu fixieren, der weiter Widerstand geleistet haben soll. Plötzlich soll K. dann unter Atemnot gelitten und das Bewusstsein verloren haben. Die Beamten sollen ihn dann reanimiert, stabilisiert und einen Rettungswagen herbeigerufen haben.

Vorgehen der Polizisten könnte als rechtmäßig eingestuft werden

K. wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo er am 27. April starb. Die Beamtin und der Beamte mussten nach dem Einsatz vom Dienst abtreten, sie erlitten nach Angaben der Behörde durch das Pfefferspray selbst Augen- und Atemwegsreizungen, der Polizist hatte zudem „durch die Widerstandshandlungen noch Schmerzen am Nacken und an einem Handgelenk“.

Nachdem K. verstorben war, hat die Polizei ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet. Dabei ging es um die Todesursache und die Frage, ob das Vorgehen der Polizisten „ursächlich gewesen sein könnte“ für den Tod, wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag erklärte. Die Polizisten waren in der Direktion 3 im Osten der Stadt tätig, das Verfahren übernahm mit der Direktion 4 eine andere örtliche Direktion.

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Auf Antrag von Polizei und Staatsanwaltschaft hat das Amtsgericht Tiergarten Anfang Mai die Obduktion der Leiche von K. angeordnet. Am 3. Juni wurden die Ermittlungen gegen die beiden Beamten eingeleitet. Das Verfahren sei noch ganz am Anfang, hieß es von der Staatsanwaltschaft nun. Es gebe nach der Obduktion bislang keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass das Vorgehen der Beamten Grund für den Tod von K. gewesen sei. Es könne jedoch auch nicht ausgeschlossen werden, dass es die Ursache war.

Selbst wenn es so gewesen sein sollte, könnte das Vorgehen der Polizisten als rechtmäßig eingestuft werden – wegen des mutmaßlichen Angriffs, den sie abwehren mussten. Ob K. die Schmerzen an seinem Bein kommuniziert hat, blieb vorerst unklar. Obendrein litt er unter mehreren Erkrankungen. Ermittlern zufolge ist nicht von einer Vorsatztat der Beamten auszugehen. Vielmehr dienten die Ermittlungen, die auch zur Entlastung der Beamten führen könnten, dem transparenten Vorgehen. Die Beamten sind weiter im Dienst.

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