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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke mit PCK-Geschäftsführer Ralf Schairer.

© REUTERS/Michele Tantussi

Konfrontationskurs wegen Raffinerie in Schwedt: Brandenburgs Ministerpräsident stellt Importstopp für russisches Öl infrage

Der Bund solle als Gesellschafter der Raffinerie einspringen, fordert Dietmar Woidke. Zudem will er eine Garantie, dass es nicht zu Versorgungsengpässen kommt.

Brandenburgs Regierung stellt den von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigten Importstopp für russisches Öl aus der Pipeline „Druschba“ infrage, falls vorher der Weiterbetrieb der PCK-Raffinerie in Schwedt nicht gesichert wird und Versorgungsengpässe mit Treibstoff drohen. Das sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Donnerstag nach einem Krisentreffen mit Verantwortlichen aus der Region und dem PCK Schwedt vor Ort.

„Wir haben nicht mehr viel Zeit“, warnte Woidke. Er warf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor, bisher zu wenig zu tun, um drohende Negativfolgen abzuwenden. Woidke forderte den Bund auf, übergangsweise selbst als Gesellschafter der Raffinerie Schwedt einzuspringen, deren Haupteigner noch der russische Staatskonzern Rosneft ist. Die ungeklärte Gesellschafterfrage sei „ein Bremsklotz“, um die Probleme zu lösen.

„Ich erwarte eine Garantie der Bundesregierung, dass es keine Versorgungsengpässe, keine Versorgungsunsicherheiten für unsere Region, für Brandenburg, aber auch für die anderen Länder in Deutschland gibt“, sagte Woidke. Wenn dies nicht rechtzeitig gesichert werde, „dann muss darüber nachgedacht werden, ob das Embargo einen Sinn ergibt, ob es durchgesetzt werden kann.“ Und: „Ich stehe in Verantwortung für dieses Land. Ich habe einen Amtseid geschworen.“

Zuvor hatten Woidke und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD)  knapp zwei Stunden mit PCK-Manager Ralf Schairer, Betriebsratschefin Simone Schadow, Uckermark-Landrätin Karina Dörk (CDU) und der Schwedter Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe (SPD) beraten, wie es knapp ein halbes Jahr vor dem von der Bundesregierung ankündigten Importstopp für Pipeline-Öl aus Russland um die Vorkehrungen steht. Mit dieser Entscheidung geht die Bundesregierung über das EU-Embargo hinaus, dass Pipeline-Öl ausgenommen hatte.

Das Fazit fiel ernüchternd aus. Und deshalb schlägt die Woidke-Regierung Alarm. Zwar hatte Habeck bei seinem Besuch vor einem Monat der Belegschaft eine gesicherte Zukunft des PCK zugesagt und danach auch eine Task Force eingesetzt, geleitet vom parlamentarischen Staatssekretär Michael Kellner (Grüne). Doch die Task Force hat bisher nur einmal getagt, die nächste Sitzung ist für Anfang Juli angesetzt. „Und die erste Sitzung ließ es an Struktur deutlich vermissen“, sagte Woidke. Er forderte Habeck auf, selbst den Vorsitz zu übernehmen.

15 ungeklärte Fragen an Habeck

In den vergangenen Wochen sei viel zu wenig passiert, kritisierte Steinbach. „Es ist bedauerlich, dass wir Zeit verloren haben, weil nicht konsequent gearbeitet worden ist.“ Um alle Probleme rechtzeitig zu lösen, müsse die Task Force auf Arbeitsebene wöchentlich tagen.

Am Dienstag hatten Steinbach und Finanzministerin Katrin Lange (beide SPD) einen Brief an Habeck mit 15 noch ungeklärten Fragen abgeschickt. Die Stimmung unter den 1200 PCK-Beschäftigten habe sich weiter verschlechtert, sagte Betriebsratschefin Schadow. „Die Belegschaft ist sehr aufgewühlt, stellenweise depressiv“, sagte sie. „Alle sorgen sich, wie es mit Ihrem Arbeitsplatz weitergeht. Warum muss dieser Betrieb kaputtgemacht werden? Wir verstehen das nicht.“ Sie habe das vorige Woche auch dem Bundeskanzler geschrieben, Zusagen gefordert.

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Zugleich bereitet das PCK-Management mit Hochdruck den Tag X vor, ab dem nach 60 Jahren erstmals nicht mehr russisches Öl aus der Pipeline verarbeitet wird. Stattdessen soll vor allem Tanker-Öl, das am Seehafen Rostock ankommt, über eine vorhandene Leitung nach Schwedt geführt werden. Wie groß ist das Risiko, dass Putin, wenn sowieso bald Schluss sein soll, vorher den Öl-Hahn nach Schwedt zudreht?

„Ich habe keine Glaskugel, wie die russische Regierung reagiert“, antwortete PCK-Geschäftsführer Ralf Schairer. „Wir haben die Alternativversorgung über Rostock geprüft und vorbereitet, so dass wir mit einer Vorlaufzeit von zwei Monaten in der Lage wären, das zu kompensieren.“ Man müsse also nicht davon ausgehen, dass es bei einer solchen vorherigen Ankündigung „zu einer Versorgungsunterbrechung kommt.“ Allerdings wäre die Raffinerie dann nur zu 50 Prozent ausgelastet. Das reiche, so Woidke, für einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb nicht aus.

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