zum Hauptinhalt
Bei den Wahlen zum Bundestag und zum Berliner Abgeordnetenhaus am 26. September 2021 waren zahlreiche Pannen und organisatorische Probleme aufgetreten.

© Foto: dpa/Kay Nietfeld

Update

Landeswahlleiterin als „Königin ohne Land“: Kommission legt Bericht zur Berliner Chaos-Wahl vor

Fehlende Stimmzettel, überforderte Helfer: Der Superwahltag 2021 lief gründlich schief. Wie es besser laufen kann, zeigen die Vorschläge einer Expertengruppe.

Eine vom Berliner Senat beauftragte unabhängige Expertenkommission zu den Wahlpannen im Vorjahr empfiehlt strukturelle Veränderungen bei der Organisation von Wahlen. Das geht aus einem Bericht der Wahlkommission hervor, der dem Tagesspiegel vorliegt. 

Aus Sicht des Gremiums sollte geprüft werden, ob die Landeswahlleitung ein Weisungsrecht gegenüber den Bezirkswahlämtern bekommt. 

Derzeit sei die Landeswahlleiterin „eine Königin ohne Land“, heißt es in dem Bericht der Kommission, der am Mittwoch offiziell vorgestellt werden soll

Sie habe keine Instrumente, Wahlen in Berlin gesamtstädtisch zu steuern. Zukünftig sollte sie anstatt sechs Monate ein Jahr im Voraus berufen werden und ihr sollte ein Landeswahlamt zur Seite gestellt werden. Auch bedürfe die Stelle mehr Personal. 

Neben einer institutionellen Stärkung sollte die Leitung außerdem „eine starke Persönlichkeit mit Durchsetzungsstärke auch gegenüber höheren Ebenen“ haben, „was bei der Auswahl vor Bestellung mitberücksichtigt werden sollte“.

Ausstattung und Vorbereitung der Wahllokale

Ein zentrales Problem sei darüber hinaus laut Kommission die Ausstattung und Vorbereitung der Wahllokale. Die Landeswahlordnung müsse aus Sicht des Expertengremiums so geändert werden, dass die Wahllokale vor Beginn des Wahltags vollständig mit der notwendigen Anzahl an Stimmzetteln ausgestattet sind. 

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Nötig seien auch einheitliche Standards für eine höhere Anzahl von Wahlkabinen in allen Bezirken, die „gesamtstädtisch“ Anwendung finden sollen – dazu würde auch eine bessere Schulung von Wahlvorständen gehören. Zudem fehle es an finanzieller Planungssicherheit für die Bezirksämter.

Die Arbeitsgruppe kritisierte außerdem, dass die besonderen Voraussetzungen bei der Stimmabgabe durch die gleichzeitige Bundestagswahl, die Corona-Pandemie sowie dem Berliner Marathon, der am gleichen Tag stattfand, zu wenig beachtet wurden. Im Bezug auf den Marathon konstatiert das Gremium: „Großereignisse dieser Art und Wahlen sollten nicht am gleichen Tag stattfinden.“

"Folge vermeidbarer Fehler"

In der Gesamtschau kommt die Kommission zu dem Schluss: „Die aufgetretenen Probleme am Wahltag waren rückblickend die Folge vermeidbarer Fehler einer zu wenig vorausschauenden Planung und Vorbereitung der Berliner Wahlen.“

Bei den parallel stattfindenden Wahlen zum Bundestag und zum Berliner Abgeordnetenhaus am 26. September 2021 waren zahlreiche Pannen und organisatorische Probleme aufgetreten. Dazu zählten falsche oder fehlende Stimmzettel, die zeitweise Schließung von Wahllokalen und teils stundenlange Wartezeiten. Zudem hatten Wahllokale teils noch weit nach 18.00 Uhr geöffnet.

[Behalten Sie den Überblick: Jeden Morgen ab 6 Uhr berichten Chefredakteur Lorenz Maroldt und sein Team im Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint über Berlins wichtigste Nachrichten. Kostenlos und kompakt: checkpoint.tagesspiegel.de]

Wegen der massiven Probleme steht eine teilweise oder komplette Wiederholung der Wahlen im Raum. Im Falle der Wahl zum Abgeordnetenhaus befindet darüber der Berliner Verfassungsgerichtshof, im Falle der Bundestagswahl der Bundestag.

Die Expertenkommission mit rund 20 Fachleuten aus mehreren Bundesländern hatte die Aufgabe, die Vorgänge am Wahltag zu analysieren und Vorschläge erarbeiten, damit sich Derartiges nicht wiederholt. (mit dpa)

Daniel Böldt

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false