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Stadtgrün oder Bebauung? Die Parks Range, ein ehemaliger Truppenübungsplatz in Lichterfelde, ist nicht das einzige Konfliktfeld.

© imago/Joko

Nächstes rot-rot-grünes Projekt vor dem Aus: Koalition scheitert mit Erklärung zum Schutz des Berliner Stadtgrüns

Kurz vor der Wahl streiten vor allem SPD und Grüne heftig um jedes Vorhaben. Nach dem Mobilitätsgesetz steht nun auch die „Charta Stadtgrün“ vor dem Aus.

Mit der „Charta Stadtgrün“ steht ein weiteres rot-rot-grünes Prestige-Projekt erstmal vor dem Aus. Schon am Mittwoch nahm die SPD das Regelwerk von der Tagesordnung des Hauptausschusses. Es geht in der Selbstverpflichtung, die der Senat bereits im Frühjahr 2020 beschlossen hatte, vor allem darum, bestehende Grün- und Brachflächen gegen Versiegelung zu schützen und bei neuen Stadtquartieren Parks und Gärten mitzudenken.

Grünflächen sollten, so der ursprüngliche Entwurf, grundsätzlich nicht mehr bebaut werden. Das wäre zwar nicht gesetzlich festgeschrieben, aber eine Selbstverpflichtung. Von Seiten der Grünen hieß es, dass die Sozialdemokraten nun aber auch ein drittes Kompromissangebot abgelehnt hätten. Zuvor hatten im Umweltausschuss auch die Fraktionen von FDP und CDU dem Antrag der Koalition zugestimmt.

Der Konflikt dreht sich im Kern darum, ob Grünflächen grundsätzlich erhalten werden sollen – außer in Ausnahmefällen – oder ob Grünflächen nur erhalten werden, wenn keine anderen öffentlichen Interessen dagegen stehen. Letzteres will die SPD.

Sie sieht einen grundsätzlichen Vorrang für Grün- und Brachflächen auch aus juristischen Gründen kritisch: Nach Bundesrecht müssten alle öffentlichen Anliegen gegeneinander aufgewogen werden, einen grundsätzlichen Vorrang für Grünflächen dürfe es nicht geben. Deshalb, so die Darstellung der SPD, habe man vorgeschlagen, den Vorrang für Grün unter die Bedingung zu stellen, dass diesem nicht "andere öffentliche Interessen gegenüberstehen".

Unter den SPD-Verhandlern wird vor allem kritisch gesehen, dass auch bisherige Brachflächen von der "Charta Stadtgrün" miteinbezogen werden. Sie fürchten, dass das Bauen auf solchen Flächen künftig kaum noch möglich sei, wenn es einen generellen Grün-Vorrang in der Stadt gebe. Im Übrigen habe auch die SPD bereits Kompromissvorschläge unterbreitet.

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Die Grünen fürchten dagegen erneut eine Entkernung des eigentlichen Anliegens der von der grünen Umweltsenatorin erarbeiteten Charta – wie sie es den Sozialdemokraten auch schon beim Scheitern des Mobilitätsgesetzes Mitte der Woche vorgeworfen hatten. Da es immer "anderer öffentliche Interessen" gebe, würde die SPD-Formulierung – wie bisher – zu einem Vorrang für das Bauen führen, ist die Haltung der Grünen.

Silke Gebel, Co-Fraktionsvorsitzende der Grüne, sagte dem Tagesspiegel: „Die SPD redet zwar gerne von Stadtgrün, Kleingärten und Klimaschutz. Aber immer wenn's konkret wird, legt sie eine Vollbremsung hin.“ Unter SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey werde „das Blaue vom Himmel versprochen, statt das Grüne in Berlin effektiv zu schützen“, sagte Gebel. Giffey und die SPD blinkten "in Richtung schwarz-gelb".

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Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Torsten Schneider, sagte dem Tagesspiegel: "Die Grünen weigern sich, ein Kleingartenschutzgesetz zu beschließen, halten Bürgerbeteiligung zur Umgestaltung ihrer Kieze für gefährlich und lehnen sie ab, stellen sich gegen die Wirtschaft, den Handel und die Gewerbetreibenden, wollen ohne Angabe von Gründen 50 Prozent aller Parkplätze in Berlin abreißen und üppige Gebühren dafür verlangen, dass die Berlinerinnen und Berliner in ihre eigene Stadt fahren."

Schneider sagte bezogen auf die Vorstellungen der Grünen zur "Charta Stadtgrün": So könne man künftig "weder Schulen, noch Kinderspielplätze oder auch nur Radwege, geschweige denn Wohnungen bauen". Die Berliner, so Schneider weiter, sollten sich überlegen, ob sie so regiert werden wollten.

Die scharfen Worte aus beiden Parteien stehen am Ende einer Woche des Scheiterns gemeinsamer Projekte. Schon am Dienstag waren die Verhandlungen um das neue Mobilitätsgesetz gescheitert. Auch hier wurden sich SPD und Grüne nicht einig und werfen sich seitdem gegenseitig Blockadehaltung vor.

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